Was sich am 28.Oktober 2014 in seinem Geschäft in Haßfurt abspielte, wird der Juwelier zeitlebens nicht vergessen. Gegen 17 Uhr kam ein junger Mann herein, hielt ihm eine Pistole vor die Nase und verlangte Geld. Für diesen Raubüberfall musste sich ein 24-Jähriger aus Naunhof in Sachsen verantworten. Weil er sich bislang strafrechtlich noch nichts hatte zuschulden kommen lassen, kam er mit einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren davon - auf Bewährung.

Die von Staatsanwalt Ralf Hofmann verlesene Anklageschrift nannte weitere Details: So handelte es sich bei der Schusswaffe um eine Softair-Pistole. Diese Druckluftwaffe wird normalerweise bei Geländespielen eingesetzt und verursacht keine lebensgefährlichen Verletzungen. Zumindest einige Modelle sind aber täuschend echt nachgebaute Repliken von echten Knarren.

Als der Räuber im Laden war, richtete er aus etwa 50 Zentimetern die Pistole auf den Kopf des Geschäftsmannes, in der anderen Hand hielt er einen geöffneten Rucksack und forderte den Ladenbesitzer auf: "Los, tu das Geld rein!" Der ließ sich jedoch nicht einschüchtern und entgegnete beherzt: "Soll das ein Witz sein? Ich geb dir nichts."

Flucht nach Gegenwehr

Daraufhin kam der 24-Jährige um eine Säule herum auf den Juwelier zu. In diesem Moment griff sich der Überfallene einen Bürostuhl und bedrängte damit seinen Widersacher. Von der Gegenwehr offensichtlich überrascht, nahm der Täter Reißaus. Schon eine Viertelstunde später nahm ihn die Polizei aufgrund der Personenbeschreibung in der Kreisstadt fest. Zuerst leugnete er, aber am nächsten Morgen gab er alles kleinlaut zu.

Der Angeklagte mit der eher schmächtigen Statur stammt aus dem Landkreis Leipzig. Dort hatte er sein Abitur gemacht und befand sich bis zum Sommer letzten Jahres in einer Ausbildung als Segelmacher. Kurz vor der Abschlussprüfung, erzählte er auf Nachfrage des Schöffengerichts, wurde ihm der Stress in der Lehre zuviel. "Ich hatte einfach die Schnauze voll."

Knall auf Fall schmiss er alles hin. Nach dem Motto "Ich bin dann mal weg" tingelte er als Obdachloser durch Sachsen, Bayern, Österreich und die Schweiz. An jenem besagten Tag Ende Oktober kam er gerade auf Schusters Rappen von Schweinfurt. Es war dunkel und kalt und er hatte so gut wie kein Geld mehr in der Tasche. Wenn es mit dem Überfall geklappt hätte, erläuterte der Beschuldigte, habe er vorgehabt, mit dem Zug nach Schweinfurt zurückzufahren und dort in der Jugendherberge zu übernachten.

Seine damalige finanzielle Notlage konnten zwar alle Juristen im Gericht nachvollziehen, trotzdem bleibt seine Handlung unentschuldbar. Warum, fragte die Vorsitzende Richterin Ilona Conver nach, habe er keine Privatpersonen oder den Pfarrer angesprochen, warum habe er seine Eltern nicht angerufen, warum sei er nicht zur Polizei gegangen? Sogar Betteln wäre eine bessere Alternative gewesen. Um das zu erklären, beschrieb der Verteidiger Thomas Gärtner das Naturell seines Mandanten: Schüchtern, zurückhaltend, introvertiert sei jener.

Dilettantische Tatausführung

In seinem Plädoyer hob der Rechtsanwalt hervor, dass der Sachse keinerlei Vorstrafen hat. Zudem sei die Tatausführung mit der "Spielzeugpistole" äußerst dilettantisch gewesen. Obwohl der Räuber damals eine Sturmhaube gegen die Kälte bei sich trug, inszenierte er den Überfall völlig unmaskiert. Er hielt eine Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren für schuldangemessen. Der Vertreter der Anklage forderte zwei Jahre.

Diesem Antrag entsprach das noch nicht rechtskräftige Urteil des Schöffengerichts. Weinend verfolgte die Mutter des Verurteilten die Urteilsbegründung. Strafrichterin Conver sprach von einer erheblichen kriminellen Energie, die der Mann an den Tag gelegt habe. Nur die Tatsache, dass er bislang eine weiße Weste habe und aufgrund der günstigen Sozialprognose bleibe ihm das Gefängnis erspart - falls die auf drei Jahre angesetzte Bewährung nicht widerrufen wird. Weitere Auflagen: Dem Abiturienten wird ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt, er muss 80 Sozialstunden ableisten und dem Juwelier, der eine ganze Zeit nach der Tat unter Schlaflosigkeit litt, 300 Euro als Wiedergutmachung zahlen.