Es gibt Worte dafür: Notstand, Verknappung. Ventilatoren sind Mangelware, denn dieser Sommer hält mehr Hitze vor, als an Kühlung nachgeliefert werden kann. Eine Rundreise zu Elektronikgeräte-Anbietern fördert allerlei Erkenntnisse zutage.
Michael Pinnau ist Abteilungsleiter für "Weiße Ware", so heißen die Geräte, unter die hier auch Ventilatoren fallen. Der Verkäufer beim Media Markt in der Mainau hat alles auf einen Blick, besonders wenn er am Computer steht und der Frage nachgeht, wann hier letztmalig ein Ventilator verkauft wurde. "Am 31. Juli haben wir die letzten Ventilatoren verkauft, am 1. August waren wir ausverkauft." Wie er das sagt, tritt seine Kollegin Lena Jungkunz an ihn heran und erklärt: "Heute hatte ich schon fünf (telefonische) Anfragen." Mit "heute" ist der 6. August gemeint, 10.20 Uhr. Seit 20 Minuten hat der Markt geöffnet und schon gingen fünf Anrufe ein. Dann, 10.26 Uhr, folgen zwei weitere. Diesmal in natura und einmal aus Coburg und einmal aus Michelau kommend.


Auch Coburg ist ausverkauft

Jochen Renner, einer der Anfragenden, versichert: "In Coburg gibt's keine Ventilatoren mehr." Zumindest habe er sich dort schon umgetan. Und auch die Michelauerin Maria Mandel muss enttäuscht werden, auch sie wird jetzt und hier keinen Ventilator mehr erhalten. Welch einen Ventilatoren-Boom diese seit Wochen andauernden Hundstage hervorbrachten, kann Pinnau exakt recherchieren. Ein, zwei Knopfdrücke auf seinem PC und er hat die Ergebnisse: 272 Ventilatoren im Juli verkauft, noch in Bestellung 76. Für nächstes Jahr bedeute das für die Disposition, dass die doppelte Anzahl an Ventilatoren bestellt würde.
Mit dieser Kalkulation kann der stellvertretende Marktleiter des Obi-Baumarkts, Helmut Knecht, nicht dienen. Auch er kämpft mit dem Phänomen, wonach seit dem 1. August alle Ventilatoren ausverkauft seien, doch im Vertrauen auf einen ähnlich heißen Sommer 2019 gleich doppelt so viele schnell rotierenden Flügelräder zu bestellen, behagt ihm nicht. "Was weg ist, ist weg!", bilanziert er für jetzt und stellt in Aussicht: "A bissl was kriegt man teilweise noch über die Lieferanten." Dann führt er einen zum völlig leeren Ventilatorenregal, bestätigt aber, dass er in diesem Sommer "selbst die hochwertigsten Klimaanlagen" schon verkauft habe. Es klingt ein wenig so, als ob manche Menschen, nur um der Hitze zu entgehen, jede Form klimatischer Erleichterung in Betracht zögen.
Und just in diesem Moment passiert etwas Ulkiges. Ein Mann betritt den Laden und erkundigt sich nach einem Ventilator. Ihm wird beschieden, dass keine mehr da sind. Dann entfernt sich der Mann. Nun aber kommen just zwei Ventilatoren rein und eine Verkäuferin schleppt sie durch den Baumarkt hinter sich her, auf der Suche nach dem möglichen Kunden. Nun ist aber der weg. Allein am Samstag, so die Verkäuferin, hätte sie um die 300 Anfragen zu Ventilatoren gehabt. Als zu vermuten steht, dass der Kunde nicht mehr im Haus ist, bleibt sie ruhig und erklärt lächelnd: "Der Nächste wird gleich da sein."
Bei Gisela Mally war noch kaum jemand. Vielleicht, so mutmaßt die Frau, die dem kleinen Laden Electronic Mally vorsteht, weil man angesichts der Konkurrenz nicht mehr mit Mally rechnet. Falsch gerechnet. Zwar hat auch sie keine großen Ventilatoren, aber doch noch Handventilatoren. Aber für ein Zitat ist Gisela Mally auch gut: "Letzte Woche hat ein Pärchen bei mir gefragt, ob ich noch Ventilatoren hätte, denn sie hätten in ganz Lichtenfels keine gekriegt." Weder Hand- noch Standventilatoren, gibt es derzeit in dem Tedi-Markt in der Mainau. Selbst die Handfächer sind vergriffen. Aus Bamberg und Coburg seien schon Menschen gekommen, sich danach zu erkundigen.


Viele telefonische Anfragen

Doch wie man in diesen Tagen hört, seien auch Lichtenfelser schon nach Bamberg und Coburg gefahren, sich dort zu erkundigen. Diese Beobachtung machte man auch im Jawoll-Markt, immerhin der Markt für Sonderposten. Aber an den Posten Ventilator kommt man auch hier nicht mehr. Montag vor einer Woche seien noch 50 reingekommen, die aber waren binnen eines halben Tages wieder weg. Und am Samstag sei es auch telefonisch extrem gewesen, erfährt man von der Marktleitung. Wohl so 30 bis 40 nachfragende Anrufe habe es gegeben.
All das kann so oder so ähnlich auch Silvia Hirschlein vom Expert-Markt versichern. "Es gibt Kunden, die von Coburg bis Bamberg alles abgeklappert haben." Am Samstag habe es sich in "fast jedem eingehenden Telefonat" um Ventilatoren, Klimaanlage gedreht. "Hauptsache um was zum Kühlen", so Hirschlein. Gereizt seien die Kunden nie gewesen. Die Bestellung an Ventilatoren für 2019 wird nicht verdoppelt, aber eine "Mischung aus diesem und den Bestellungen des vergangenen Jahres" hält Hirschlein für möglich.
Bleibt noch das Kaufhaus Weka. Dort hatten an diesem 6. August bis gegen Mittag drei Menschen Glück. "Heute kamen drei Ventilatoren rein - sind schon weg!", bekräftigt Verkäuferin Andrea Hoppe.
Man sehnt das Ende der Hitzewelle herbei.