Nach den Missbrauchsvorwürfen in der Bischberger Awo-Kita ist der Kreisverband der Arbeitnehmerwohlfahrt an Dirk Bayer herangetreten. Der ausgewiesene Präventions- und Theaterpädagoge und Coach soll Eltern und Kindern Hilfe sein.
Herr Bayer, Sie haben sicherlich von den Vorwürfen und den mutmaßlichen Fällen sexuellen Missbrauchs in der Awo-Kita in Bischberg gehört, was sagen Sie ganz spontan dazu?
Dirk Bayer: Letzte Woche hat mich deswegen Geschäftsführer Dippold angerufen. Das fand ich gut. Wenn mich jemand anruft, geht es ums Eingemachte. Die Leiterin der Einrichtung am Vogelberg ist übrigens eine der wenigen, die regelmäßig Prävention wollte und sich dafür auch ein Konzept hat erstellen lassen. Vielleicht hat gerade dies dazu beigetragen, dass die Kinder sich eher geäußert haben. Man muss wissen, dass ein Kind etwa sieben Anläufe bei Erwachsenen braucht, bis ihm mal einer glaubt. Deswegen ist die Sensibilisierung von Fachpersonal und Eltern so wichtig. Gute Prävention kann Missbrauch nicht verhindern, aber dafür sorgen, dass er nicht andauert.
Was raten Sie den Eltern von Kindern, die in Awo-Kitas in Bischberg und Hallstadt gehen. Sollen sie ihre Kinder gezielt fragen?
Das würde ich nicht machen. Gerade weil man ohne vorheriges Coaching zu Suggestivfragen in der Art neigt, 'hat der Betreffende dies und das gemacht'. Das wird bei einem möglichen Gerichtsverfahren jeder Verteidiger auseinandernehmen. Andererseits soll man den Kindern auch nicht ausweichen, wenn sie nun fragen. Wichtig ist es, dem Kind zu vermitteln, dass man es und das, was es sagt, ernst nimmt. Dass das Kind ok ist. Auch wenn das, was passiert war, nicht ok ist. Es geht darum, dem Kind gegenüber sensibel zu sein
Zum Thema sexueller Missbrauch bei Kindern, gibt es da Zahlen?
Die gibt es in der Tat. Laut Statistik ist jedes vierte Mädchen und jeder sechste Junge, viele Fälle im Alter unter sieben Jahre und dann ab Beginn der Pubertät, Opfer sexueller Grenzüberschreitung geworden. Wenn ich also Veranstaltungen mache und durchzähle, ist das erschreckend. Missbrauch umfasst unter anderem anfassen, anschauen, Fotos machen, Pornos zeigen und so weiter.
Was konkret bietet die Awo über Sie nun an?
Es geht um Begleitung bei der Aufarbeitung des Geschehenen. Ich werde unter anderem Elternabende halten. Daneben geht es wohl um ein richtig großes Präventionskonzept für Leitung, Mitarbeiter sowie Präventionsveranstaltungen für Eltern und Kinder.
Sie beschäftigen sich schon lange mit dem Thema sexueller Missbrauch und Prävention, was ist Ihre Empfehlung?
Für Grundschulen gibt es seit dem Jahr 2001 das Präventionstheaterstück "Hau ab!", für Kindergärten seit 2006. Das Kiga-Stück wird begleitet von einem Nachbereitungs-Workshop und einem Elternabend, schon über 4000 Mal war es gebucht. Im Anschluss steigt meist die Zahl der Anrufe bei Beratungsstellen. Es ist gut, wenn über die Thematik geredet, bei Zweifeln nachgehakt wird.
Reden, wie nun, nach den aktuellen Vorfällen?
Ja. Dazu braucht es einen geschützten Raum und geschulte Fachleute mit entsprechender Ausbildung wie ich sie habe, oder Psychologen und Notrufmitarbeiter. Es ist wichtig, den Kindern nun eine Chance zur Verarbeitung zu geben, eben im Reden. Wenn alle gehört und wahrgenommen worden sind, dann reicht es aber auch. Die kindliche Psyche ist in der Lage, sich selbst ein Stück weit zu helfen. Dass Narben, Verletzungen bleiben, ist leider nicht auszuschließen.
Das Interview führte Anette Schreiber.
Herr Bayer, Sie haben sicherlich von den Vorwürfen und den mutmaßlichen Fällen sexuellen Missbrauchs in der Awo-Kita in Bischberg gehört, was sagen Sie ganz spontan dazu?
Dirk Bayer: Letzte Woche hat mich deswegen Geschäftsführer Dippold angerufen. Das fand ich gut. Wenn mich jemand anruft, geht es ums Eingemachte. Die Leiterin der Einrichtung am Vogelberg ist übrigens eine der wenigen, die regelmäßig Prävention wollte und sich dafür auch ein Konzept hat erstellen lassen. Vielleicht hat gerade dies dazu beigetragen, dass die Kinder sich eher geäußert haben. Man muss wissen, dass ein Kind etwa sieben Anläufe bei Erwachsenen braucht, bis ihm mal einer glaubt. Deswegen ist die Sensibilisierung von Fachpersonal und Eltern so wichtig. Gute Prävention kann Missbrauch nicht verhindern, aber dafür sorgen, dass er nicht andauert.
Was raten Sie den Eltern von Kindern, die in Awo-Kitas in Bischberg und Hallstadt gehen. Sollen sie ihre Kinder gezielt fragen?
Das würde ich nicht machen. Gerade weil man ohne vorheriges Coaching zu Suggestivfragen in der Art neigt, 'hat der Betreffende dies und das gemacht'. Das wird bei einem möglichen Gerichtsverfahren jeder Verteidiger auseinandernehmen. Andererseits soll man den Kindern auch nicht ausweichen, wenn sie nun fragen. Wichtig ist es, dem Kind zu vermitteln, dass man es und das, was es sagt, ernst nimmt. Dass das Kind ok ist. Auch wenn das, was passiert war, nicht ok ist. Es geht darum, dem Kind gegenüber sensibel zu sein
Zum Thema sexueller Missbrauch bei Kindern, gibt es da Zahlen?
Die gibt es in der Tat. Laut Statistik ist jedes vierte Mädchen und jeder sechste Junge, viele Fälle im Alter unter sieben Jahre und dann ab Beginn der Pubertät, Opfer sexueller Grenzüberschreitung geworden. Wenn ich also Veranstaltungen mache und durchzähle, ist das erschreckend. Missbrauch umfasst unter anderem anfassen, anschauen, Fotos machen, Pornos zeigen und so weiter.
Was konkret bietet die Awo über Sie nun an?
Es geht um Begleitung bei der Aufarbeitung des Geschehenen. Ich werde unter anderem Elternabende halten. Daneben geht es wohl um ein richtig großes Präventionskonzept für Leitung, Mitarbeiter sowie Präventionsveranstaltungen für Eltern und Kinder.
Sie beschäftigen sich schon lange mit dem Thema sexueller Missbrauch und Prävention, was ist Ihre Empfehlung?
Für Grundschulen gibt es seit dem Jahr 2001 das Präventionstheaterstück "Hau ab!", für Kindergärten seit 2006. Das Kiga-Stück wird begleitet von einem Nachbereitungs-Workshop und einem Elternabend, schon über 4000 Mal war es gebucht. Im Anschluss steigt meist die Zahl der Anrufe bei Beratungsstellen. Es ist gut, wenn über die Thematik geredet, bei Zweifeln nachgehakt wird.
Reden, wie nun, nach den aktuellen Vorfällen?
Ja. Dazu braucht es einen geschützten Raum und geschulte Fachleute mit entsprechender Ausbildung wie ich sie habe, oder Psychologen und Notrufmitarbeiter. Es ist wichtig, den Kindern nun eine Chance zur Verarbeitung zu geben, eben im Reden. Wenn alle gehört und wahrgenommen worden sind, dann reicht es aber auch. Die kindliche Psyche ist in der Lage, sich selbst ein Stück weit zu helfen. Dass Narben, Verletzungen bleiben, ist leider nicht auszuschließen.
Das Interview führte Anette Schreiber.