Ob und warum sich Hans Kratzer aus Kleinsendelbach auf den Wischbaum gesetzt hat, weiß niemand. Es wird lediglich vermutet. Dabei war bekannt, dass man sich nicht auf den Holzbalken setzen darf, der vorne und hinten am Ladewagen festgezurrt war, um das aufgeladene Heu zu stabilisieren. Der Wischbaum brach und Hans Kratzer fiel vom Wagen. Hans Kratzer war tot. Ein Marter, eine Sandsäule, wurde zum Gedenken am Unfallort rechts am Ortsausgang von Kleinsendelbach Richtung Neunkirchen in der Wiese aufgestellt. 1749 ist eingemeißelt.
"Die Säule wurde wohl erst erst später aufgestellt", sagt Gertrud Werner. Die Bürgermeisterin von Kleinsendelbach hat die Jahreszahl im Archiv recherchiert. Die Geschichte hinter dem Marter kennt sie von Fritz Regenfus, der viele dieser Geschichten aus dem Ort für sich aufgezeichnet hat. Die Staatsregierung hat nun aufgerufen, solche Geschichten für die Nachwelt zu erhalten. Dazu sollen sich Ehrenamtliche bei den beteiligten Landratsämtern melden, um dann in den Dörfern mit den "alten" Bürgern über solche Geschichten zu reden und aufzuschreiben.


Daten sind bereits gesichert

Der Landkreis Forchheim beteiligt sich bislang nicht daran. "Es gibt schon ein Buch über Wegekreuze und Martern im Landkreis", sagt Pressesprecher Holger Strehl. Das Buch hatte der Heimatpfleger Otto Voigt geschrieben und darin schon alle Geschichten über die Martern und Steinkreuze festgehalten - sofern sie noch bekannt waren.
Nicht mehr bekannt ist die Geschichte, die sich um das Steinkreuz auf der linken Seite am Ortsausgang Richtung Neunkirchen befindet. In unmittelbarer Nähe dazu steht noch ein Steinsockel. "Oben ist ein Loch. Es war wohl ein Kreuz", erzählt Gertrud Werner. Es würde jedenfalls passen, denn einer Sage nach soll es sich dort um drei Steinkreuze gehandelt haben, die für die "drei steinernen Brüderle" oder "drei Sendelbacher Brüder" stehen.
Die Steine sollen sogar einmal versetzt worden sein, was erklären würde, warum ein Steinkreuz fehlt. Mehr ist nicht bekannt oder derjenige, der es noch weiß, hat die Geschichte noch nicht weitererzählt.


Bewahrer

Diese Geschichte und andere wären verloren, würde es nicht Menschen geben, die sie für die Nachwelt in eigenen Aufzeichnungen aufbewahren. Einer, der die Geschichte des Orts ebenfalls festhält, ist Reinhold Geldner. Zusammen mit anderen Männern aus dem Ort hat er die Geschichten aus den früheren Jahrhunderten zusammengetragen. Die Autoren wollen diese Geschichten heuer noch in einem Buch über den Markt Hiltpoltstein herausbringen.
Dann gibt es noch die Geschichten, für die das Wegzeichen durch die Witterung vernichtet wurde. So war eine Martersäule aus Holz in der Hiltpoltsteiner "Frais" aufgestellt. Von Görbitz geradeaus am Feldweg entlang kommt eine Kreuzung. Auf der rechten Seite in einem Feld muss die Marter aus Holz gestanden haben. Dort hatte eine Margareta Mayer aus Görbitz sie als Dank angebracht.
Das sagte sie im Verhör. "Ihr Kind hatte vermutlich Epilepsie und war davon geheilt worden", erklärt Geldner.


Gerichtsverfahren

Er hat sämtliche Aufzeichnungen, auch die vom Verhör. Margareta Mayer war damals (1720) wegen der Marter angezeigt worden. "Margareta Mayer war eine Bäuerin aus Görbitz, ein Weißenoher Untertan. Das Anwesen gehörte zur Herrschaft des Weißenoher Klosters. Der Grund aber lag in der Hiltpoltsteiner Frais, also im Hoheitsgebiet von Hiltpoltsein. Sie wurde wohl angezeigt, weil man auch damit rechnen musste, dass Weißenohe Besitzansprüche stellt", nennt Geldner mögliche Hintergründe.
Eine Entscheidung der Juristen vom Landespflegamt Nürnberg ist nicht bekannt. Wahrscheinlich ließ man die Marter stehen, in der richtigen Annahme, dass das Holz ohnehin durch die Witterung nicht lange hält.
Und dann ist da noch die Geschichte einer Kindsmörderin in Hiltpoltstein, die 1734 am "Galgenbühl" nahe Hiltpoltstein hingerichtet wurde. "Sie war aber nicht die Einzige. Ihr folgten weitere Kindsmörderinnen. Bereits im 17. Jahrhundert ist das Hochgericht dort verbürgt." Auch Selbstmörder seien dort begraben worden, weiß Geldner.


Wieder markieren

Der Flurname "Galgenbühl" ist in Wanderkarten auch heute noch zu finden. Ein Zeichen als Andenken gibt es nicht. Sinnvoll wäre es schon, auf die besondere Geschichte des Orts hinzuweisen, besonders wenn dort ein Wanderweg wäre. In der Erneuerung eines Wegzeichens sieht das Landratsamt keine Probleme, teilt Pressesprecher Strehl dazu mit.