"Na, ihr zwei Hübschen, was wollt Ihr?" "Einen blauen Center Shock", schallt es Gerhard Weber entgegen. Der 63-Jährige und seine Frau Veronika sind die guten und treuen Seelen im "Fritz-Hornschuch-Bad", dem Mainleuser Freibad. Seit einem Vierteljahrhundert kennen die Kioskbetreiber die Geschmäcker ihrer kleinen und großen Kunden.
Beim Thema Kaugummi macht Gerhard Weber niemand so schnell etwas vor. "Ein blauer Center Shock ist ein saurer Kaugummi", kommt es wie aus der Pistole geschossen. Kaugummis zählen zu den Klassikern eines jeden Verkaufsstandes. "Die gingen auch in Mainleus schon immer weg wie warme Semmeln."


Currywurst mit Pommes

Zum Jubiläum am Dienstagabend hat sich allerhand Prominenz am Kiosk versammelt. Allen voran Bürgermeister Robert Bosch, der die langjährige Treue des Ehepaares würdigt und als Dankeschön zwei Badetücher mit dem Gemeindewappen überreicht. Es wird Kellerbier, Wasser und Weizen getrunken und aus einer reichhaltigen Speisekarte ausgewählt. Die einen lassen sich Currywurst mit Pommes schmecken, die anderen Frikadellen, Schnitzel oder Wiener.
Vor 25 Jahren war das Angebot noch etwas einfacher gestrickt. "Ketchup-, Mohrenkopf- und Senfbrötchen gab es damals neben Pommes und Wiener zu kaufen", erinnert sich Veronika Weber. Heute seien die Besucher anspruchsvoller, was das Essen anbelange, klinkt sich ihr Mann ein. Mit einem nur mit Senf beschmierten Brötchen locke man heutzutage niemanden mehr hinterm Ofen hervor.
Bei den Süßigkeiten hingegen ist alles beim alten geblieben. Das Ehepaar zählt die unverwüstlichen Leckereien auf, die schon Generationen von Freibadbesuchern einen schönen Sommertag versüßt haben: angefangen von Gummibärchen über Kaugummis und Ketten bis hin zu Schlangen und Puffreis.
Ein Kiosk ist nicht nur ein Hort der Gaumenfreuden, sondern auch ein Hort der Kommunikation. Das ist auch 2018 noch so, war aber in den 90er Jahren noch ausgeprägter als heute. Damals befand sich der Verkaufsstand nämlich dort, wo heute die Rutsche steht. Wer zum Biergarten wollte, musste nicht ins Schwimmbad. "Er war ein beliebter Treffpunkt für viele Mainleuser", sagt Gerhard Weber. Weshalb? "Weil es gemütlich war und man günstig einkehren konnte", antwortet der 63-Jährige. Sogar Brotzeiten wurden damals serviert.


"Webera, schenk' an Kaffee ein"

"Webera, schenk' an Kaffee ein" - die sonore Stimme des 2004 verstorbenen Bürgermeisters Werner Grampp ist Veronika Weber noch immer präsent. "Man konnte ihn auf alles ansprechen, er hat immer Wort gehalten und nichts vergessen."
Grampp war einer von vielen netten Menschen, die ihr und ihrem Mann bei ihrer Arbeit im Freibad in den vergangenen 25 Jahren begegnet sind. Beide haben ganze Generationen heranwachsen sehen und den Kontakt mit anderen Mitbürgern genossen. "Die Leute lassen einen teilhaben an ihrem Trennungsschmerz, erzählen über Gott und die Welt und was sich in der Marktgemeinde so alles tut", sagt Veronika Weber.
Bei der Arbeit mit anderen Menschen gehe ihr und ihrem Mann das Herz auf. Die 58-Jährige, die aus einer Gastwirtschaft stammt, träumte schon immer davon, einmal in der Gastronomie Fuß zu fassen. Ein Café wäre für die leidenschaftliche Bäckerin das höchste der Gefühle gewesen.
Doch daraus wurde nichts. In einer Zeitungsanzeige stand zu lesen, dass die Gemeinde Mainleus langfristig die Verkaufsfläche zur Aufstellung eines Kiosks verpachtet. Gemeinsam mit ihrer Freundin Renate Hofmann packte die ehemalige Mitarbeiterin in einer Schuhfabrik die Gelegenheit beim Schopf. Ihre Männer Gerhard und Georg bauten eine Holzhütte, die als erster Kiosk diente.
Inzwischen betreiben die Webers ihren Verkaufsstand alleine, der sich heute unweit des Eingangs befindet. Was machen die beiden eigentlich außerhalb der Badesaison? Sie jobbt im Winter in einer Bäckerei, er ist Außendienstmitarbeiter in der Polstermöbelindustrie, wo es im Sommer etwas ruhiger zugeht. "Reicher wird man von einem Kiosk-Job nicht, aber glücklicher", spricht Veronika Weber ihrem Gatten aus der Seele.