Die Vorwürfe waren massiv. Doch was wog die Beweislast ? Der Prozess um gefährliche Körperverletzung , Morddrohung und eine Nötigung zog auch ein psychologisches Gutachten zu Rate.

Der 16. Februar 2020 dürfte den Wendepunkt in der Ehe des 36-jährigen Mannes aus dem Raum Redwitz bedeutet haben. Da nämlich, so dessen Frau, habe er sie in den Schwitzkasten genommen, einen Würgegriff an- und sie der Todesgefahr ausgesetzt. Es waren ihre Aussagen, aufgrund derer die Polizei das Verfahren an die Staatsanwaltschaft leitete und es gab weitere.

So soll der Ehemann in Richtung seiner Frau und ihrem neuen Lebensgefährten etwas angekündigt haben. Von „kaltmachen“ und „umbringen“ war laut Staatsanwalt Ingo Knecht-Günther die Rede. Doch das Einzige, was der neue Freund der Ehefrau selbst mitbekam, geschah am 17. Februar 2020, als der Ehemann mit seinem Auto auf einem Lichtenfelser Parkplatz auf ihn zufuhr.

Besonders zu diesem Vorhalt sollte man in der von Richter Matthias Huber geleiteten Sitzung eine Regung des Angeklagten sehen. Der Mann schüttelte den Kopf. Ansonsten saß er reglos, mit Blick nach vorne und mit auf dem Tisch gefalteten Händen da.

Kein Wort des Angeklagten

„Möchten Sie sich dazu äußern?“, so Huber zu Prozessbeginn an den Angeklagten gewandt. Für den aber sprach dessen Verteidiger Till Wagler und der gab die Strategie seiner Verfahrensführung vor: „Er wird sich nicht äußern!“ Somit war der Moment der Zeugenvernehmung gekommen und als solche kam vor allem die jetzige Ex-Frau des Angeklagten in Betracht. Zu jenem 16. Februar befragt, holte sie in ihren Erinnerungen aus: „Das war der Tag, da hatte mein Freund Geburtstag (…) Da hat er (der Ehemann) meine Oberarme mit seinen Beinen fixiert, sich auf mich gesetzt und hat angefangen, mich zu würgen.“ Und weiter: „Ich habe keine Luft mehr bekommen und er hat mir die ganze Zeit in die Augen geschaut – ich hatte Todesangst.“

Der Angeklagte selbst hielt sich mit kommentierenden Blicken zurück. Er schaute reglos vor sich hin und es kam auch zu keinem Blickkontakt zwischen ihm und seiner Ex-Frau.

Wozu es allerdings kam, waren Selfies, also Handy-Fotos, welche die Frau von sich und ihrem Hals anfertigt hatte. Sie glaubte, dass diese Bilder etwas beweisen könnten. Ein auf derlei Expertisen verständiger Rechtsmediziner hielt die Beweiskraft der Fotos zu Würgemalen allerdings für „außerordentlich schütter“.

Auch die Mutter des Angeklagten war aufgerufen, als Zeugin auszusagen. Es war zu erwarten, dass sie von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen würde, doch sie wollte aussagen, denn immerhin war sie Entlastungszeugin. Sie schilderte die Ehe ihres Sohnes als „die harmonischste Ehe, die ich mir vorstellen konnte“ und als „die Traumehe schlechthin“.

„Haben Sie an dem Tag irgendwelche Flecken am Hals gesehen?“, erkundigte sich Till Wagler bei der Frau und die äußerte sich energisch: „Nein, das wäre mir aufgefallen.“ So etwas wie eine Wende im Prozess sollte ein psychologisches Gutachten zur Glaubwürdigkeit der damaligen Ehefrau bringen.

Ein Fazit daraus: „Eine Falschbezichtigungshypothese kann nicht zurückgewiesen werden.“ Laut der Sachverständigen handele es sich bei der 35-Jährigen um eine „histrionische Persönlichkeit“, einen Menschen also, der ein erhöhtes Verlangen nach Aufmerksamkeit besitzt. Da Aussage gegen Aussage stand, die Glaubwürdigkeit des Opfers bzw. vermeintlichen Opfers durch Gutachten und Rechtsmedizin unterminiert war, kam es zu einem Teilfreispruch des einstigen Ehemanns. Die Nötigung , das Zufahren auf den Lebensgefährten seiner Ex-Frau sah das Gericht als erwiesen an. Es ahndete den Vorfall mit 2700 Euro Geldstrafe.