Zum Artikel "Der De-Maskierer" vom 24.10.: Mich wundert sehr, dass Sie an so prominenter Stelle auf der Seite 2 der Wochenendausgabe über eine ganze Seite hinweg relativ undifferenziert und unwidersprochen diesem Arzt von zumindest für dieses Thema fragwürdiger Qualifikation Raum gegeben haben, seine zumindest im Artikel unfundierte Meinung zu einem sehr wichtigen Thema, der Maskenpflicht, auszubreiten. Was qualifiziert den Facharzt für Anästhesie, Naturheilverfahren und Akupunktur, der seit mehr als zwei Jahrzehnten eine Praxis für Traditionelle Chinesische Medizin betreibt, zu dem derzeit wichtigsten infektiologischen und epidemiologischen Thema, SARS-CoV-2 und Covid-19, Stellung zu beziehen? Sein Sich-schlau-machen in "unzähligen Stunden", "an Feierabenden und an freien Wochenenden"? Unsubstantiierte Behauptungen wie "Die Masken schaden mehr, als sie nutzen"; Schülern könne man aus gesundheitlichen Gründen nicht zumuten, im Unterricht eine Maske zu tragen; "alternative Schutzmaßnahmen" wie naturheilkundliche Produkte würden das Immunsystem stärken, "nachweislich stärken"? Wie Herr Urmetzer in 20-minütigen Gesprächen die Schwere von "Herz-Kreislauf-Problemen, Lungenproblemen, Angst- und Panikstörungen, Migräne, Kopfschmerzen und Schwindelgefühlen" diagnostizieren kann, die das Masketragen unzumutbar, die Gefährdung anderer aber scheinbar durchaus zumutbar machen, ist erstaunlich. Durch seine persönliche Skepsis gegenüber dem Nutzen des Masketragens demaskiert Urmetzer selbst seine Motivation für das Ausstellen von Attesten für Maskenbefreiung. Schwer vorstellbar ist, wie jemand die genannten, teilweise schwierig zu verifizierenden Diagnosen nicht erfüllen könnte.

Ich hätte mir einen kritischeren, tiefgründigeren Umgang mit diesem heiklen Thema gewünscht. Christoph Hägeles Anflug von Distanzierung, wie beispielsweise von Wolfgang Urmetzer benutzte Begriffe in Anführungszeichen setzen, reicht dafür meines Erachtens nicht.

Wer meint, aus persönlichen, gesundheitlichen Gründen auf das Tragen der Maske im öffentlichen Raum verzichten zu müssen, sollte konsequenterweise diesen öffentlichen Raum meiden, statt andere ohne Maske zu gefährden. Die subjektive Selbsteinschätzung, mit 100 km/h sicher durch Ortschaften fahren zu können, reicht auch mit einem Rennfahrerdiplom nicht für einen Freibrief zur Überschreitung der 50 km/h-Geschwindigkeitsbegrenzung.

Jürgen Dressel

Bamberg