Pauline Lindner

"Bin ich kein Mensch...? Ach, ich vergaß, bin ja ein Jud" - mit Gedichtzeilen von Joachim Esberg, der selbst im Holocaust umkam, umriss Pfarrer Christian Muschler vom Netzwerk für Respekt und Toleranz das grundsätzliche Dilemma jüdischer Mitbürger zu Beginn des 20. Jahrhunderts. "In einem schleichenden Prozess wurden sie immer mehr ausgrenzt", so einer der Schüler der RvT, die sich eingehend mit den Schicksalen der Forchheimer Mitbürger befasst haben (wir berichteten). Oder mit Muschlers Worten: "...wurde ihnen die menschliche Würde abgesprochen".
Diese den Forchheimer Toten zurückzugeben, ist ein Anliegen, weshalb der Stadtrat die Verlegung von Stolpersteinen beschloss. Handwerklich ging es denn auch zu vor den zwei Gebäuden am Paradeplatz und in der Klosterstraße. Ein Bauhofmitarbeiter unterstützte den Ideengeber der Stolpersteine Gunter Demnig beim Lösen des Pflasters und Einsetzen der markanten Quadrate. Um damit der Toten zu gedenken, aber auch Respekt einzufordern für jede und jeden, unabhängig von der Herkunft. Muschler hofft, dass die Stolpersteine die Blicke auf sich lenken.
Zur Stunde der Verlegung war dies gewiss so, waren doch Bürger aller Altersklassen und ganz unterschiedlicher Herkunft gekommen. "Ich freue mich über die jungen Gesichter", wandte sich Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD) vor allem an die Mittelschüler. Deren Vertrauenslehrerin Seyran Reyhan nannte das Motiv des Engagements: "Wir verstummen nicht mehr; als Schule mit Courage setzen wir heute ein Zeichen." In der Form, dass fünf Schüler die Lebensdaten vortrugen. Ihre Gedanken hafteten an den fotografisch festgehaltenen letzten Blicken auf eine Stadt, die den Deportierten jahrzehntelang Heimat war. Sie spürten dem kleinen Glück nach, das sich die junge Familie Braun in den 20er Jahren erhofft hatte. Noch lange wehte der Klang von schmerzlich-brüchigen Klezmerweisen durch die Straße, über die Besucher hinweg und über die Rosen, die Einzelne zum Gedenken neben die vermörtelten Stolpersteine gelegt hatten.