Die Schwimmbäder in Stadt und Landkreis Kulmbach haben inzwischen alle geöffnet. Aber wo wurde eigentlich früher Wassersport betrieben? Es waren auf jeden Fall keine Schwimmer, die mit dem nassen Sport begannen. Der Schwimmverein der Kreisstadt wurde erst im Jahre 1922 als Unterabteilung des "TV Kulmbach von 1861" gegründet. Das Flussbett des Weißen Maines wurde noch im gleichen Jahr ausgebaggert und mit einem Sprungturm und drei Sprungbrettern ausgebaut. Das Freibad in seiner heutigen Grundform entstand erst im Jahre 1934.
Nein, mit alltäglichen Wassersportarten wie Schwimmen, gab sich die feine Kulmbacher Gesellschaft nicht ab. Da hätte man sich ja ausziehen müssen. Die Damen und Herren hatten um die Wende zum 20. Jahrhundert ein idyllisches Plätzchen am Roten Main entdeckt, zwischen Gößmannsreuth und Unterzettlitz. Das war der ideale Platz, um unter sich zu sein und sich dem damals noch in den Kinderschuhen steckenden Bootssport zu widmen.
Der ideale Ruderbogen erstreckte sich von der Einmündung des Erlenbaches hinauf und bis zur Frischenmühle hinunter. Waren es erst noch geräumige Kähne, in denen die Männer ihre Familien über die spiegelnde Wasserfläche bewegten, so dauerte es nicht lange, bis sich auch einige schnittige Sportboote im Roten Main bewegten.
Wolfgang Jungkuntz aus Höferänger war seine kleine Dorfwirtschaft schon lange zu klein. Und gewitzt wie er war, hatte er längst vom bunten Treiben in Oberzettlitz Wind bekommen. Kurzerhand verkaufte er im Jahre 1901 sein bescheidenes Anwesen an seinen Schwiegersohn Johann Passing und erwarb mit dem Verkaufserlös das Gasthaus in Oberzettlitz (heute Gasthaus Räther) für seinen Sohn Johann. Auf Freiersfüßen wandelnd hatte Johann dort seine künftige Frau kennengelernt. Das junge Paar, tüchtig wie es war, betrieb aufgrund der Lage des Gasthauses am Roten Main einen Boostsverleih. Natürlich bot Johann Jungkuntz Erfrischungen an und ließ ab und zu auch seine neueste Errungenschaft, ein Grammophon, zum Einsatz kommen.
Der Rote Main war im Einzugsbereich des Gasthauses nicht sehr tief. Selten wurde der Pegel von 1,20 Meter überschritten. Kein Wunder, dass sich dort schon bald die Buben und Mädchen aus Oberzettlitz und den umliegenden Dörfern als illegale Badegäste einfanden.
Und da er genügend Land am Main zur Verfügung hatte, musste nun auch in Oberzettlitz, das übrigens zur Gemeinde Leuchau gehörte, so eine langsam in Mode gekommene Badeanstalt errichtetet werden. Das war gleich am Anfang der 1920er Jahre. Sie verfügte über eine teils schattige Liegewiese direkt am Wasser, leicht terrassenförmig ansteigend. Über all dem thronte der Trakt mit 32 Umkleidekabinen. Und gemäß den geltenden Vorschriften musste auch ein hauptamtlicher Bademeister den Badebetrieb überwachen. Das ruhige Flusswasser und die idyllische Lage zogen nun insbesondere Badegäste aus der Kreisstadt Kulmbach an. Inzwischen versorgte auch ein Kiosk die hungrigen Wassersportler.
Leider gab es im Freibad auch einen Todesfall zu beklagen. Außerhalb des ausgewiesenen Badegebietes, am sogenannten Steinfelsen, hatte ein Bauunternehmer Kies geschöpft und dadurch eine Wassertiefe von 1,80 Metern verursacht. Ein zwölfjähriges Mädchen aus Leuchau unterschätzte diese Untiefe, geriet in Panik und ertrank.
Im Jahr 1926 übernahm Sohn Fritz das Gasthaus. Nach seinem Tode war 1938 seine Frau Barbara die Besitzerin. Sie führte die Wirtschaft zusammen mit ihrer Schwester. Gab es am Anfang des Badebetriebes nur belegte Brote, so gelangten nun die Klöße der beiden Schwestern zur Berühmtheit. Inzwischen gab es auch eine Kegelbahn, ein Gartenhaus und Tanzmusik an lauen Sommerabenden.
Das Ende des Freibades kam im Jahre 1965. Die Verschmutzung des Roten Mains war unerträglich geworden. Kritiker machten dafür die Spinnereiabwässer aus Bayreuth, wie auch die der Tierkörperverwertungsanstalt Leuchau verantwortlich. Heute stehen nur noch die Toilettenruinen aus Backsteinen.
Das Gasthaus Räther in Oberzettlitz wird heute in der dritten Generation geführt und zwar von Fritz Räthers Neffen Oliver Sesselmann.