Eine tiefgreifende Einsicht in die heimatliche Geschichte besitzt Kreisheimatpfleger Günter Lipp. In dem folgenden heimatkundlichen Beitrag befasst er sich mit Pfaffendorf und Breitenbach.

Bei dem Wort "Wüstung" denken viele zurück an ihren Geschichtsunterricht. Da war mal was mit verfallenen Dörfern, mit Krieg und Seuchen und so. Da gab es dann Sagen und Friedrich Rückert schrieb Gedichte darüber. Wie Paul Sörgel festgestellt hat, sind über die Haßberge tatsächlich schon fünf "Wüstungswellen" hinweggegangen, sind viele Dörfer "wüst gefallen", wie man sagt. Aber das war früher, das liegt alles weit zurück - denkt man.

Doch das täuscht. Die Technische Universität Dresden macht gerade eine Untersuchung über das Wüstfallen von Dörfern in Deutschland in unserer Zeit. Auch wir können da schon Beispiele liefern: Lützelebern, 1151 erstmals urkundlich erwähnt und ein früher Außenposten der Stadt Ebern, ist 2015 eingeebnet worden. Und dann ist da ganz aktuell Breitenbach.

Auf die Frage, wo denn der Weiler liegt, ziehen viele die Stirn in Falten. Um langes Nachdenken zu ersparen: Breitenbach liegt südöstlich von Saarhof, nordwestlich von Altenstein und nordöstlich von Pfaffendorf, also im Gemeindebereich von Maroldsweisach.

Es liegt abgelegen. Nur über Flurwege kann man es von Saarhof oder Pfaffendorf her erreichen. Dann steht man vor verfallenen Gebäuden mit eingeworfenen Fenstern, ausgerissenen Türen, abgerutschten Ziegeln. Aber das Gras dazwischen ist grob gemäht.

Woher stammt der Name?

Breitenbach heißt im Volksmund noch heute nur "Be(e)ch" oder auch "Beesch". Der Pfarrweisacher Oberlehrer Karl Krimm, hat in dieser Bezeichnung den rheinischen Dialekt der alten Franken vermutet.

In der Theorie der Namenskunde ist man sich heute einig, dass mit "Breite" die Hanglage unterhalb des "Becher Hölzchens", unterhalb der Pfarrfelder von Altenstein gemeint ist.

In diesem Tälchen fließt eben kein "breiter Bach". Hier waren nach Auskunft von Wolfram von Rotenhan aber Teiche, aus denen die Herren von Altenstein Fische an den Bischof nach Würzburg zu liefern hatten.

Wann Breitenbach erstmals genannt wurde, ist schwierig zu sagen, denn der Ortsname Breitbach oder Preppach ist bei uns ja recht häufig zu finden.

Es fällt schwer, ihn bei alten Texten genau zuzuordnen. Bei Breitenbach kann es leicht zu einer Verwechslung mit dem nahen Hafen-Preppach kommen. Höchstwahrscheinlich ist es das alte "Oberbreitbach".

Wolfram Berninger lässt seine Geschichte 1151 mit den edelfreien Brüdern Rumold und Gerung beginnen. In der bekannten Teilungsurkunde der Pfarrei Pfarrweisach von 1232 ist der Ort als "Breitenbegge" eindeutig zwischen "Phaffendorf" und "Totenwissa" aufgelistet.

Breitenbach erlebte unter wechselnden Herrschaften ein stetes Auf und Ab. Dabei war es

ein eigenes Amt, war Sitz eines Vogts der Herren von Altenstein.

Wechsel in der Führung

Zum "Breitenbacher Ämtlein", wie es in der Umgebung genannt wurde, gehörten 1619 Totenweisach, Geroldswind, Gückelhirn, Wüstenbirkach und Pfaffendorf.

Im Historischen Atlas von Ebern gibt Isolde Maierhöfer an, dass die Altenstein zwischen 1619 (oder 1636) das Amt Breitenbach für den hohen Betrag von 16 000 oder 32 000 Gulden (die Angaben sind verschieden) an das Hochstift Würzburg verkauften. Sie waren schon damals stetig in Geldnöten.

Bald wechselten die Herren wieder. Es kamen die Grafen Goetzen (1656), ein Vogt Peter Maußhammer (1672), die Herren von Greifenclau (1710) und die Universität Würzburg (um 1800). Da lebten in Breitenbach noch 18 Einwohner in sechs Häusern.

1868 erwarb Julius von Rotenhan die 45 Hektar von Breitenbach bei einer Zwangsversteigerung für 14 050 Gulden. Bei dieser Gelegenheit kaufte die Familie auch gleich das nahe Gut Saarhof. Dieser Familie, genauer Ulrich von Rotenhan, gehört Breitenbach noch heute.

Breitenbach war in den folgenden Jahrzehnten ein verfallender Ökonomiehof mit Ställen, Scheunen, einem Schafhaus, einem zentralen Brunnen, einem Backofen und es wurde gebraut. Doch der Hof litt immer unter dem örtlichen Klima und dem schlechten Boden. In der ehemaligen Vogtei wohnten schließlich nur noch Taglöhner.

Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm Breitenbach noch einmal einen kurzen Aufschwung. Damals war Wohnraum gesucht, besonders für Flüchtlinge und Heimatvertriebene. Heute fallen da den Älteren vor allem die Familien Schanz, Streng oder Wacker ein. 1961 zählte man hier noch ein Wohnhaus und zehn Einwohner.

Arnold Deininger soll Mitte der 80er Jahre der letzte gewesen sein, der Breitenbach gepachtet hat. Von da an blieben die Anwesen sich selbst und den Vandalen überlassen. Die Schafe wurden verkauft, die Scheunen wurden geräumt, die Stromleitung abgebaut und der Brunnen verschlagen.

Heute ist Breitenbach verlassen. Wer es erkunden will benutzt am besten den "Breitenbacher Weg" der am Nordrand von Pfaffendorf von der B 279 abzweigt, und wandert dann auf dem Ameisen-Weg nach Osten.

Es geht hier vorbei an "Vaters Ruh", am Gedenkstein für Theodor von Rotenhan (1908 - 1944). Man wird hier von verwahrlosten, aber eindrucksvollen Obstbaumalleen begleitet. Die letzten 150 Meter legt man auf dem Schmetterlings-Weg zurück, der ist schon identisch mit dem "Altensteiner Kirchenweg", den der Neumüller Johannes Miener jeden Sonntag ging.

Der sichtbare Verfall

Die Gebäude zeigen alle Zeichen des Verfalls. Kein Wappen, keine Jahreszahl sind zu finden. Die Fenster des Vogthauses sind provisorisch mit Holzrahmen und Plastikplanen gesichert, jene im Stall eingeschlagen.

Im "Hof" erkennt man den abgedeckten Brunnen und die Stümpfe zweier einst mächtiger Bäume. Das Anwesen war ursprünglich wesentlich größer. Seine Gebäude bildeten offenbar einen schützenden Ring. Einzelne Bauten, wie das Brauhaus, das über dem hinteren Keller stand, sind bereits eingelegt.

Der Keller der Vogtei mit seinem riesigen Gewölbe hat keine Türflügel mehr. Einst bewahrten die Grundherren hier den Zentwein auf, jetzt leben hier seltene Fledermausarten, die jährlich gezählt werden.

Noch erzählt man sich Anekdoten über das alte Breitenbach. Beispielsweise jene, dass ein Bewohner nach Altenstein zog. Kurz darauf stellte er fest, "dass es dort ja keine Unterhaltung gibt". Offenbar hatte er in Bech mehr Ansprache gehabt.

Wenn sich mit dem Anwesen nichts Grundsätzliches ändert, werden sich mit der Zeit statt Anekdoten Sagen bilden und schließlich kommt dann ein Dichter und macht ein Gedicht darüber. Am Ende - und das ist der Höhepunkt - wird aus der "Wüstung Breitenbach" eine Unterrichtsstunde mit Heimatbezug. Und vielleicht mit einem Wandertag! red