Wie sind Sie zum Schreiben
gekommen?

Dieter Reinwand:Meine dienstliche Tätigkeit war ab 1973 fast immer mit dem Verfassen von dienstlichen Schriftstücken verbunden. In der Funktion als Abteilungsleiter kamen ab 1990 dann steuer- und gebührenrechtliche Gutachten für verschiedene Dienststellen hinzu. Das Schreiben machte mir damals schon Spaß. Ungleich mehr Spaß macht aber das Schreiben über Menschen und ihre Gefühle. Das Einbringen von eigenen Erlebnissen in diese Geschichten erhöht den Reiz noch zusätzlich.

Sie haben mir erzählt, dass die Arbeit an dem Buch eine Art Therapie nach einem Zusammenbruch gewesen sei. Wie kam es dazu?
Meine Leidenszeit begann mit einem Nervenzusammenbruch 2006. Eine Wiederaufnahme der dienstlichen Tätigkeit nach ein paar Jahren endete 2011 in einem Fiasko: Hörsturz, Tinnitus, Erschöpfungszustand, Panik- und Schwindelattacken, unklare Schmerzzustände am ganzen Körper und so weiter. Kurz: Burnout. Das düsterste Kapitel in meinem Leben! Psychologische Betreuung brachte zum Glück eine Besserung. Als einer, der nicht loslassen kann, probierte ich es nach einigen Monaten erneut mit der Arbeit. Da hatte mich der Teufel mit dem Namen "Selbstüberschätzung" geritten. Der erneute Rückschlag beendete schließlich 2013 meine Dienstzeit mit der vorzeitigen Pensionierung.
In der Idee, ein Buch über mein Leben zu schreiben, sah der Psychologe eine mögliche Therapieform und ich machte damit tatsächlich positive Erfahrungen. Ich kann nur jedem raten, der in eine ähnlich schwierige Situation geraten ist, es mit dem Schreiben zu versuchen.

Gibt es den richtigen Ansatz dafür? Muss ja nicht gleich ein Buch zum Veröffentlichen sein. Auf keinen Fall sollte es jedoch eine Klageschrift gegen vermeintlich Mitschuldige an der Entstehung der Krankheit sein. Für diese schwierige Art der Auseinandersetzung mit seiner Seele ist ärztlicher Rat und kein Selbsthilfeversuch dringend erforderlich.
Gefühle, die sich über Jahre aufgestaut haben, ohne Grimm niederzuschreiben, kann befreiend wirken. Wenn dann noch Lachen hinzukommt (vielleicht sogar über sich selbst), dann ist man einen großen Schritt weiter.

Wie geht es Ihnen heute?

Heute bin ich wieder offen für Gespräche. Nur große Menschenansammlungen (wobei ich zu Schweißausbrüchen und Schwindelattacken neige) bringen mein neues Weltbild hin und wieder ins Wanken. Aber den Umständen entsprechend geht es mir heute relativ gut.

An welchen Stellen ist Ihr Buch authentisch und wo haben Sie die schriftstellerische Freiheit genutzt?
Die Geschichte der Familie Tauber ist erfunden. Die geschilderten Anekdoten und Streiche sind aber wirklich passiert.Die größtenteils spaßigen Lausbübereien sollen zeigen, wie die Menschen damals tickten und wie insbesondere die Kinder das Leben er-lebten. "Rau, aber herzlich" waren die damaligen zwischenmenschlichen Beziehungen.
Die "Viererbande" im Buch bestand aus mir und drei Personen aus meinem näheren Umfeld. Wer sich dahinter verbirgt, wissen nur die Betroffenen und das soll auch so bleiben. Um allen rechtlichen Unwägbarkeiten aus dem Wege zu gehen, habe ich alle Namen geändert.

Da spricht der Verwaltungsrat aus dem Autoren, stimmt's?
Ich wollte den Bewohnern unangenehme Nachfragen und Nachforschungen ersparen. Der rechtliche Aspekt des Persönlichkeitsschutzes spielte dabei natürlich auch eine Rolle. In diesem Punkt kann ich meine berufliche Herkunft nicht verleugnen. Die jahrelangen Erfahrungen mit der Bürokratie und den Rechtsvertretern der Bürger haben mich geprägt. Die Beschreibung der Lebensumstände entspricht aber in allen Passagen der damaligen Realität.
Übrigens: Ohrfeigen eines Lehrers habe ich in meiner Schulzeit bis 1962 mehrmals erhalten. Damals war das nichts Außergewöhnliches! Einige Watschen hatte ich mir aber auch tatsächlich verdient. Selbsterkenntnis als der wichtigste Teil der Besserung.

Welche Verbindungen haben Sie heute noch in Ihre Heimat in den Heiligen Ländern?

Ich fahre öfters in meine alte Heimat. Hier wohnt ein großer Teil meiner Verwandtschaft. Die Beziehungen kann ich selbst nach einigen Jahrzehnten als hervorragend bezeichnen.
Auch heute noch gilt: Jeder ist mit jedem per Du. Ein Umstand, der mir besonders gefällt. Fast bei jedem Besuch ergeben sich Gespräche - natürlich meist mit Themen aus der Vergangenheit.
Außerdem: Zum Wandern bieten Neubrunn und seine Umgebung eine hervorragende Kulisse. Dort wandern, in Erinnerungen schwelgen und die Gegend genießen hat mir bei meiner Genesung sehr geholfen.

Haben Sie schon Rückkoppelung aus Neubrunn zu dem Werk?

Nur einzelne Personen wissen davon. Es soll so etwas wie eine Überraschung werden.
Die Fragen stellte Redakteur
Eckehard Kiesewetter