Die Ganzjahresbeweidung im Naturschutzgebiet „Glender Wiesen“ ist nun offiziell gestartet. Auf den Wiesen standen die Rinder und Pferde schon seit geraumer Zeit. Nun begrüßten André Maslo, Geschäftsführer der Ökologischen Bildungsstätte Oberfranken, und Frank Reißenweber, Vorsitzender des Naturschutzvereins LBV Coburg , die Gäste in Beiersdorf zu einem kurzen Festakt. Es geht bei dem Projekt laut einer Mitteilung des LBV um ein wegweisendes Schutzkonzept für einen der bedeutendsten Biotopkomplexe in ganz Oberfranken: die neue Wilde Weide in den Glender Wiesen am Goldbergsee bei Coburg .
„Die Ökologische Bildungsstätte Oberfranken und der LBV Coburg verwirklichen hier gemeinsam mit der Landwirtsfamilie Roth ein wirklich einzigartiges Vorhaben“, zeigte sich Ehrengast Florian Luderschmid, Regierungspräsident von Oberfranken, erfreut. „Mich beeindruckt besonders, wie viele hier gemeinsam an einem Strang ziehen. Vom Bayerischen Naturschutzfonds über die Oberfrankenstiftung und die Sparkasse Coburg-Lichtenfels bis hin zu regionalen Unternehmen wie SÜC und Kaeser – sie alle unterstützen dieses wichtige Naturschutzprojekt.“
Bedeutsames Schutzgebiet
Auch Ulrike Lorenz, Vorstandsvorsitzende des Bayerischen Naturschutzfonds und damit Hauptfördermittelgeberin, betonte die überregionale Bedeutung des Gebiets: „Die Glender Wiesen sind Brutplatz für einige der seltensten Vogelarten der Region und zugleich Rastgebiet für zahlreiche Wat- und Wasservögel mit europaweiter Bedeutung. Dass es nun gelungen ist, das Gebiet durch eine neue Form der Bewirtschaftung weiter aufzuwerten, ist ein großer Erfolg – und Ergebnis jahrelanger Vorarbeit, insbesondere durch die höhere Naturschutzbehörde.“
Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen die neuen tierischen Bewohner der Glender Wiesen: Hochlandrinder, Wasserbüffel und Exmoor-Ponys beweiden seit diesem Sommer ein 117 Hektar großes Gebiet und leisten damit einen aktiven Beitrag zur Förderung der Artenvielfalt . Neben der beweideten Fläche von 117 Hektar wird außerhalb des Weidezauns noch auf zirka acht Hektar Winterfutter hergestellt. Bernhard Ledermann, Leiter des Grünflächenamts der Stadt Coburg , erläuterte die ökologischen Vorteile der Umstellung von maschineller Mahd auf extensive Beweidung: „Durch das mosaikartige Abfressen entstehen viele kleine Lebensräume. Dung, Trittspuren und Suhlen fördern Insekten wie Schmetterlinge und Zikaden – und schaffen die Grundlage für den Erhalt seltener Vogelarten .“
Bianca und Axel Roth, die als junge Landwirtsfamilie das Projekt aktiv umsetzen, die Weidetiere betreuen und den Zaun instand halten, stellten gemeinsam mit Projektleiter Florian Wagner von der Ökologischen Bildungsstätte die bisherigen Meilensteine vor. Nach rund neun Monaten Laufzeit könne sich die Bilanz sehen lassen: Über sechs Kilometer dreizügiger Elektrozaun, fast anderthalb Kilometer Knotengeflechtzaun, mehrere Kettenvorhänge, wetterfeste Unterstände, eine Fanganlage zur tierärztlichen Kontrolle, ein Stromanschluss sowie zwei eigens konstruierte Weidebrücken, die den Weidetieren ganzjährig den Übergang über den Sulzbach ermöglichen – all das wurde bereits mit Unterstützung regionaler Unternehmen umgesetzt.
„Wir wollten eine Umgebung schaffen, in der die Tiere gut beobachtbar sind, gleichzeitig aber Bodenbrüter vor freilaufenden Hunden geschützt werden“, erklärt Projektleiter Florian Wagner. „ Wildtiere wie Rehe oder Wildschweine können die Zäune problemlos passieren – das haben wir mehrfach beobachtet. Auch die Jägerschaft ist eng eingebunden. So entsteht ein neues Ökosystem, in dem der Mensch einen Schritt zurücktritt und natürlichen Prozessen wieder mehr Raum gibt.“ Die „Wilde Weide“ sei Teil eines innovativen Konzepts, das sich bereits in anderen Regionen bewährt hat. „Wir werden genau beobachten, wie sich die Bestände seltener Pflanzen, Insekten und Vögel entwickeln“, sagte Florian Wagner. „Denn wir beleben hier einen Landschaftstyp wieder, in dem diese Artengruppen einst gemeinsam gelebt und sich entwickelt haben.“
Hoffen auf Brutpaare
Nach dem offiziellen Teil ging es hinaus auf die „Goldweide“, wie Familie Roth ihren neu gegründeten Betrieb nennt. Die Tiere in der offenen Landschaft laden zum Beobachten ein – ein Erlebnis, das auch bei den Fachleuten Eindruck hinterließ. „Jedes Weidetier hat durchschnittlich 2,5 Hektar Fläche zur Verfügung“, erläuterten Bianca und Axel Roth. „Diese niedrige Besatzdichte schützt vorhandene Pflanzen und Tiere und schafft Strukturen, die deren Lebensgrundlage verbessern.“
Für die Familie Roth ist die „Goldweide“ eine Verbindung aus Tradition und Innovation: „Wir kommen aus Milchvieh- und Weidebetrieben – hier können wir unser Wissen mit neuen Ideen verbinden. Wir sind täglich bei den Tieren, kontrollieren ihr Wohlbefinden und lernen ständig dazu.“
Nun warten die Fachleute auf die kommende Brutsaison. Denn die großen Weidetiere, die Nahrung und Schutz versprechen, könnten durchziehende Vögel einladen, auf den Glender Wiesen Brutversuche zu wagen. Für den LBV ist die neue Bewirtschaftung der Glender Wiesen ein Beweis, dass Landwirtschaft, Artenvielfalt und Klimaschutz gemeinsam erfolgreich sein können. red