Die Frage "Was ziehe ich heute an?" war für mehrere hundert Schüler des Schulzentrums Haßfurt gestern schnell beantwortet: etwas Blaues musste es auf jeden Fall sein. Denn in Form einer blauen Schleife setzten die Jugendlichen ein Zeichen und wollten auf eine seltene und von der Forschung bisher kaum berücksichtigte Krankheit aufmerksam machen: CFS/ME, das chronische Erschöpfungssyndrom beziehungsweise die myalgische Enzephalomyelitis. Mit dem Symbol und ihren Unterschriften wollen die Schüler einen Vorstoß bei der Bundesregierung unterstützen, dass auf diesem Feld geforscht wird.


Schüler-Mutter erkrankt

"Eine Mutter eines unserer Schüler ist an CFS erkrankt, und so stießen die Schüler auf die Initiative von Mathias Ilka", erklärte Angelika Reinhart vom "Living Room" die Entstehung der Aktion. Die Klasse 9b der Realschule ergriff die Initiative und nahm Kontakt mit Mathias Ilka auf. Sein damals 23-jähriger Sohn Simon ist vor drei Jahren erkrankt.
Anfangs sah alles nach einer harmlosen Erkältung aus, dann brach der junge Mann mehrfach am Arbeitsplatz zusammen. Warum, das blieb zunächst rätselhaft. Keine Untersuchung brachte einen Befund, doch Simons Zustand verschlechterte sich zusehends. Er hatte Schmerzen, landete im Rollstuhl. Am Institut für Medizinische Immunologie an der Berliner Charité kam man seiner Krankheit schließlich auf die Spur. Simon ist mittlerweile ein totaler Pflegefall.


Erschöpfung bei den Betroffenen

Seine Krankheit ist eine systemische Erkrankung mit Störungen des Nervensystems, des Immunsystems und des Hormonsystems. Zugleich verursacht es beeinträchtigende Müdigkeit und Erschöpfung bei den Betroffenen, vor allem bei körperlichen Belastungen. Oft diagnostizieren die Ärzte eine Depression, und Erkrankte werden in Reha oder psychiatrische Zentren eingewiesen. Durch die Aktivitäten dort verschlechtert sich die Krankheit allerdings, weil die Patienten vor allem Ruhe brauchen.
Das kennt auch Peter Kirchner, der ehemalige Bürgermeister von Kirchlauter. Eine Tochter ist an CFS erkrankt, und deshalb war es für ihn eine Ehrensache, mit Enkel Rafael-Peter auf den Schultern an der Schleife teilzunehmen.
Rund 300 000 Erkrankte gibt es in Deutschland - aber keine Therapie, keine Chance auf Heilung, nicht einmal die Anerkennung als organische Erkrankung. Was für die Angehörigen auch noch den Kampf mit Kranken- und Pflegekassen bedeutet.


Unterstützung durch Politiker

Matthias Ilka hat sich zum Ziel gesetzt, 50 000 Unterschriften zu sammeln, um vor dem Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages für die Erforschung von ME/CFS zu kämpfen. Kontakt mit Bundespolitikern hat er bereits aufgenommen. Seit gestern weiß er auch MdB Sabine Dittmar an seiner Seite, die als Medizinerin die Problematik seltener Erkrankungen kennt. Auch MdL Steffen Vogel, Bürgermeister Günther Werner, Elternbeiratsmitglieder der verschiedenen Schulen, Schulleitungen, der Geschäftsführer des Zweckverbandes Schulzentrum Horst Hofmann, viele Lehrkräfte und noch viel mehr Schüler trafen sich gestern mit dem Schulgong auf dem Sportplatz am Dürerweg, um ihre Unterschrift abzugeben.