Wenn man die Liste der Mängel liest, mag man kaum glauben, dass im einstigen "Delphi" in der Heiligkreuzstraße am heutigen Dienstag das indische Restaurant "Ganesha" eröffnet. Defekter Dachstuhl, durchgebrochene Geschossdecken, nicht mehr tragfähige Fachwerkwände, abgesackte Kellerdecken, durchwurzelte Abwässerkanäle... Und doch hatte der Bayreuther Gastronom Gurjeet Singh die Herausforderung angenommen, das marode Einzeldenkmal zu sanieren und darin nach Jahren des Leerstands - und des stetigen Verfalls - wieder ein Restaurant einzurichten.
Drei indische Restaurants gleichen Namens betreibt Gurjeet Singh bereits in Bayreuth, Kulmbach und Frankfurt. Er hatte gehört, dass Coburg für Gastronomen wirtschaftlich attraktiv sei, und er hörte auch vom ehemaligen "Delphi". Hat ihm der schlimme Zustand des Hauses denn keine Angst gemacht? Gurjeet Singh schmunzelt. "Herr Lederer sagte, das bringen wir hin." - "...und der Herr Lederer schlug die Hände überm Kopf zusammen", ergänzt der Architekt lachend.
Für Oliver Lederer war der Umbau des einstigen "Delphi" in ein indisches Restaurant nicht weniger ein Abenteuer als für den künftigen Wirt Gurjeet Singh. "Sprachbarrieren und eine andere Mentalität in den Griff zu bekommen, war oft nicht so ganz einfach", erzählt der Architekt augenzwinkernd und sucht nach einer möglichst eleganten Formulierung: Das hochwertige und so weit wie möglich indische Ambiente mit den deutschen Bauvorschriften in Einklang zu bringen, habe ein hohes Maß an bautechnischem Wissen und Durchsetzungsvermögen erfordert.


Absprache mit Denkmalschutz

Das Haus Heiligkreuzstraße 8 ist vor fast genau 200 Jahren gebaut worden. Der Braumeister Johann Wilhelm Wiener hatte es 1819/20 zunächst als Fachwerk-Wohnhaus mit Hinterhaus bauen lassen. Im Laufe der Jahrhunderte kamen Anbauten dazu und wieder weg. Heute ist es ein Einzeldenkmal und dementsprechend musste alles mit dem Denkmalschutz abgesprochen werden, sagt Lederer.
Auch die oberen Etagen sollen nach und nach hergerichtet und Wohnraum geschaffen werden. Dass auch im Dachgeschoss Wohnungen entstehen sollen, sah der Denkmalschutz nicht gerade mit Begeisterung - wegen der schmalen Dachfenster. "Wir haben dann Sondergrößen kreiert, das ganze mit dem Denkmalschutz und dem Brandschutz besprochen, dann ging es", sagt Lederer.
Die Fassade des Hauses solle wieder ihrem historischen Bild angepasst werden, erklärt der Architekt. Dazu werde voraussichtlich die Gemeinschaft Stadtbild einen Förderbetrag beisteuern.
Die vorige Eigentümerin des Hauses habe die Sanierung nicht finanzieren können, deshalb habe sie das Haus verkauft. Bevor es losgehen konnte, bot sich Architekten und Handwerkern ein besorgniserregendes Bild: "Das Gewölbe hatte schon nachgegeben", erinnert sich Lederer. Die Steine sackten einfach nach unten ab. "Wir mussten den Boden im Erdgeschoss komplett rausnehmen."


Viele Überraschungen

Im Verlauf der etwa sechsmonatigen Bauarbeiten stießen die Handwerker immer wieder auf neue Überraschungen. Mal schlugen sie den Putz ab und fanden dahinter leere Fachungen. Ein anderes Mal entfernten sie eine abgehängte Decke und durften sich dann wundern, warum in der Zimmerdecke oben drüber ein Türblatt angebracht worden war. Irgendwann im Laufe der Zeit sei auf diese Weise ein Loch in der Decke verschlossen worden, erklärt der Architekt.


Umzug nach Coburg geplant

Einen derartigen Aufwand hatten die Beteiligten vorher nicht erwartet. "Aber es musste ja weitergehen", sagt Lederer. Große Unterstützung leisteten Gurjeet Singhs Familie und Freunde - finanziell und ideell.
Nun ist das Erdgeschoss fertig und das Restaurant kann eröffnet werden. 95 Plätze bietet es insgesamt.
Der Gast sitzt auf hellen Polsterbänken oder grünen und roten Sesseln. Selbstverständlich dürfen farbenfrohe Elemente nicht fehlen, wie die mit Pailletten verzierten Schirme, bunte Tapeten, die Figur des elefantenköpfigen Gottes Ganesha, der dem Restaurant seinen Namen gibt, oder die LED-Beleuchtung, die die Räume in farbiges Licht taucht. Der Clou der Einrichtung ist aber die Front eines Lastwagens, die über einem der Tische hängt. Stilecht, aus Indien importiert, wie Gurjeet Singht schmunzelnd erzählt. Sogar die Scheinwerfer lassen sich einschalten.
Während der Bauzeit ist der indische Wirt jeden Tag von Bayreuth nach Coburg gefahren. Das habe er selten von Bauherren erlebt, sagt Lederer anerkennend. Um sich intensiv um sein neustes Restaurant kümmern zu können, will Gurjeet Singh demnächst auch nach Coburg ziehen. "Für ein bis zwei Jahre." Bis das komplette Haus fertig ist.
Eines ist dem Neuzugang in Coburgs Gastro-Szene besonders wichtig: "Wir kochen hier richtig indische Küche, keine pakistanische. Wir sind eine Marke."