Er macht einen Hupfer auf dem Standbein und geht dann zwei Schritte. Was heißt geht? Er schreitet! "Contre temps" - gegen die Zeit - heißen die eleganten Sprünge, bei denen selbst Peter Hoffmann ein wenig aus der Puste gerät. Doch er zelebriert die hohe Schule des historischen Tanzes mit so viel Pläsier und Grandezza als wär's eine Leichtigkeit. Plötzlich verwandelt sich der kahle Übungsraum in einen Palazzo, der Trainer in einen Marquis mit Perücke und Kniebundhosen.
Kurse in Fürth und in Bamberg
An diesem Wochenende wird die Fantasie Wirklichkeit, denn Peter Hoffmann wirft sich zu den Ansbacher Rokoko-Festspielen tatsächlich in die große Gala. Im Hofgarten lädt er die Gäste am Sonntag, 6. Juli, stilecht zum Mitmachen ein und zeigt einfache Schrittfolgen. Jeden Monat bietet der 49-jährige Tanzmeister solche Gelegenheiten, die er natürlich nicht Schnupperstunden, sondern "Historischer Tanzboden" nennt. Noblesse oblige. Wer tiefer einsteigen will, kann bei ihm anschließend Kurse in Fürth (Humbser Palais) und in Bamberg (im Rahmen des Unisports) besuchen.
Es ist eine geheimnisvolle Welt, der sich Peter Hoffmann mit Haut und Haaren verschrieben hat. Eingestiegen ist er vor 30 Jahren aus Neugier, denn der Vater - ein musikbegeisterter Chemieprofessor, der Krummhorn und Gambe spielen konnte - hatte die historischen Tänze für sich entdeckt. "Ich wollte wissen, was ihn daran so fasziniert, und ging einfach mal mit", erinnert sich der Junior und verschweigt nicht, dass in diesem Kreis die Frauen dominieren und er sich gerne umschwärmen ließ (und lässt). Vater und Sohn wurden bei der Schlosstanzgruppe Wiesenthau aktiv, deren Leitung Peter Hoffmann schließlich übernahm, nachdem er sich bei namhaften Tanzlehrern weitergebildet hatte. 1994 wurde dem Ensemble der Kulturförderpreis des Landkreises Forchheim zugesprochen.
Kommunikations- und Grafikdesigner
Mit der Tanzgruppe, aber auch solo war Peter Hoffmann im In- und Ausland unterwegs. Er kam ins Fernsehen und machte Furore beim Karneval in Venedig, beriet Filmteams (u. a. für den 2013 in Bamberg gedrehten ZDF-Film "Die Seelen im Feuer") und arbeitete mit Volks- und Musikschulen zusammen. Immer weiter drang der Kommunikations- und Grafikdesigner in die Materie ein, forschte selbst in den Archiven, sichtete zeitgenössische Beschreibungen und kreierte daraus moderne Übungshefte.
"Tanzmeister waren in früheren Epochen mächtige Männer bei Hofe. Sie gaben nicht nur Tanz-, sondern auch Anstands- und Fechtunterricht", erläutert Peter Hoffmann. Es war nämlich Sitte, dass sich die Fürsten tanzend ihren Untertanen präsentierten; dazu wurden sie ab ihrem dritten Lebensjahr entsprechend geschult. Man war der Meinung, wer beim Tanz seinen Körper "beherrschen" könne, schaffe dies auch beim Regieren.
Das Menuett ist der schwierigste Tanz
"Natürlich wurden die Schrittfolgen immer komplizierter", sagt Hoffmann. Piva und Saltarello, die einfachen Schreit-Tänze des Mittelalters, peppte man in der Renaissance durch Drehungen und Kreise auf. Paar- und Prozessionstänze wie Bassa Danza und Pavane wurden populär, bis im Barock der Tanz fast zum Theater mutierte. "Das Menuett ist auch heute noch der schwierigste Tanz und braucht jahrelanges Training", weiß Hoffmann. Als der Sonnenkönig Ludwig XIV. beschloss, "nicht mehr aufzuführen", läutete dies den langsamen Abgesang auf den höfischen Tanz ein. Mit dem Bürgertum kamen schließlich die vergnüglichen Gesellschaftstänze wie Bourrée oder Gigue auf, die sich auch heute noch in den Volkstänzen widerspiegeln.
Das Hobby wurde zum Hauptberuf
Mehr als 100 Tänze aus 400 Jahren hat Peter Hoffmann in seinem Repertoire. Inzwischen wurde für ihn das Hobby zum Hauptberuf - gezwungenermaßen, denn als die Internetblase platzte, verlor er seinen Job als Creative Director und fasste in dem schnelllebigen Geschäft nicht mehr Fuß. Hoffmann absolvierte die einjährige Barocktanzmeisterklasse in Novara und konzentriert sich nunmehr ganz auf seine Lehr- und Forschungstätigkeit, die Organisation von Tanzabenden und Bällen sowie einen Internet-Shop für Noten- und Musikmaterial. Leben kann er davon allerdings noch nicht ganz und arbeitet deshalb zusätzlich in der Mittagsbetreuung an einer Mittelschule.
Die richtige Kleidung
Aus dem Tanzvergnügen ist unterdessen eine richtige Bewegung geworden, bei der sich die Gleichgesinnten entsprechend kleiden wollen. Viele nähen selbst, aber es gibt auch professionelle Schneiderinnen, für deren Kostüme man so viel Geld wie für einen Kleinwagen hinlegen kann. Die Perücken kommen aus der Schweiz oder aus Venedig, die Schuhe aus München. Keiner weiß dann mehr, ob sich hinter der aufgebrezelten Gesellschaft ein Müllmann oder ein Musiker, eine Lehrerin oder eine Angestellte verbergen.
Natürlich wird Peter Hoffmann auch in seinen 50. Geburtstag hineintanzen und veranstaltet dazu im August einen speziellen "Historischen Tanzboden". Er wird wohl bis an sein Lebensende weitermachen - auch wenn die anstrengenden "Sprünge gegen die Zeit" irgendwann vorbei sein werden. "Tanzen ist ungeheuer anstrengend, aber es ist ein wunderbarer Sport", findet Hoffmann und wünscht sich eigentlich nur eines: Dass die auf den steinernen Schlossböden so arg strapazierten Knie intakt bleiben!
Termine
Rokoko-Festspiele Ansbach Im Rahmen der Gartenlust am Sonntag, 6. Juli, lädt Tanzmeister Peter Hoffmann im Hofgarten um 14.10, 15.35 und 17 Uhr zum Mitmachen ein.
Historischer Tanzboden am 9. August (öffentlicher "Geburtstags-Tanzboden") ab 18 Uhr (Eintritt frei) und am 14. September von 14.30 bis 18 Uhr (Eintritt zehn Euro), jeweils im Genossenschaftssaalbau, Matthäus-Herrmann-Platz 2, Nürnberg.
Herbstball am Samstag, 4. Oktober, 18 Uhr, Genossenschaftssaalbau Nürnberg (Eintritt 15 Euro).
Kurse finden statt wöchentlich für Anfänger und Fortgeschrittene in Fürth, Humbser Palais , Helmplatz 1 (Monatsbeitrag 35 Euro) sowie im Rahmen des Hochschulsports der Universität Bamberg wieder ab dem 9. Oktober (Anmeldung vom 1. bis 19. September, 15 Abende, 38 Euro).
Weitere Informationen finden Sie hier.
Kurse in Fürth und in Bamberg
An diesem Wochenende wird die Fantasie Wirklichkeit, denn Peter Hoffmann wirft sich zu den Ansbacher Rokoko-Festspielen tatsächlich in die große Gala. Im Hofgarten lädt er die Gäste am Sonntag, 6. Juli, stilecht zum Mitmachen ein und zeigt einfache Schrittfolgen. Jeden Monat bietet der 49-jährige Tanzmeister solche Gelegenheiten, die er natürlich nicht Schnupperstunden, sondern "Historischer Tanzboden" nennt. Noblesse oblige. Wer tiefer einsteigen will, kann bei ihm anschließend Kurse in Fürth (Humbser Palais) und in Bamberg (im Rahmen des Unisports) besuchen.
Es ist eine geheimnisvolle Welt, der sich Peter Hoffmann mit Haut und Haaren verschrieben hat. Eingestiegen ist er vor 30 Jahren aus Neugier, denn der Vater - ein musikbegeisterter Chemieprofessor, der Krummhorn und Gambe spielen konnte - hatte die historischen Tänze für sich entdeckt. "Ich wollte wissen, was ihn daran so fasziniert, und ging einfach mal mit", erinnert sich der Junior und verschweigt nicht, dass in diesem Kreis die Frauen dominieren und er sich gerne umschwärmen ließ (und lässt). Vater und Sohn wurden bei der Schlosstanzgruppe Wiesenthau aktiv, deren Leitung Peter Hoffmann schließlich übernahm, nachdem er sich bei namhaften Tanzlehrern weitergebildet hatte. 1994 wurde dem Ensemble der Kulturförderpreis des Landkreises Forchheim zugesprochen.
Kommunikations- und Grafikdesigner
Mit der Tanzgruppe, aber auch solo war Peter Hoffmann im In- und Ausland unterwegs. Er kam ins Fernsehen und machte Furore beim Karneval in Venedig, beriet Filmteams (u. a. für den 2013 in Bamberg gedrehten ZDF-Film "Die Seelen im Feuer") und arbeitete mit Volks- und Musikschulen zusammen. Immer weiter drang der Kommunikations- und Grafikdesigner in die Materie ein, forschte selbst in den Archiven, sichtete zeitgenössische Beschreibungen und kreierte daraus moderne Übungshefte.
"Tanzmeister waren in früheren Epochen mächtige Männer bei Hofe. Sie gaben nicht nur Tanz-, sondern auch Anstands- und Fechtunterricht", erläutert Peter Hoffmann. Es war nämlich Sitte, dass sich die Fürsten tanzend ihren Untertanen präsentierten; dazu wurden sie ab ihrem dritten Lebensjahr entsprechend geschult. Man war der Meinung, wer beim Tanz seinen Körper "beherrschen" könne, schaffe dies auch beim Regieren.
Das Menuett ist der schwierigste Tanz
"Natürlich wurden die Schrittfolgen immer komplizierter", sagt Hoffmann. Piva und Saltarello, die einfachen Schreit-Tänze des Mittelalters, peppte man in der Renaissance durch Drehungen und Kreise auf. Paar- und Prozessionstänze wie Bassa Danza und Pavane wurden populär, bis im Barock der Tanz fast zum Theater mutierte. "Das Menuett ist auch heute noch der schwierigste Tanz und braucht jahrelanges Training", weiß Hoffmann. Als der Sonnenkönig Ludwig XIV. beschloss, "nicht mehr aufzuführen", läutete dies den langsamen Abgesang auf den höfischen Tanz ein. Mit dem Bürgertum kamen schließlich die vergnüglichen Gesellschaftstänze wie Bourrée oder Gigue auf, die sich auch heute noch in den Volkstänzen widerspiegeln.
Das Hobby wurde zum Hauptberuf
Mehr als 100 Tänze aus 400 Jahren hat Peter Hoffmann in seinem Repertoire. Inzwischen wurde für ihn das Hobby zum Hauptberuf - gezwungenermaßen, denn als die Internetblase platzte, verlor er seinen Job als Creative Director und fasste in dem schnelllebigen Geschäft nicht mehr Fuß. Hoffmann absolvierte die einjährige Barocktanzmeisterklasse in Novara und konzentriert sich nunmehr ganz auf seine Lehr- und Forschungstätigkeit, die Organisation von Tanzabenden und Bällen sowie einen Internet-Shop für Noten- und Musikmaterial. Leben kann er davon allerdings noch nicht ganz und arbeitet deshalb zusätzlich in der Mittagsbetreuung an einer Mittelschule.
Die richtige Kleidung
Aus dem Tanzvergnügen ist unterdessen eine richtige Bewegung geworden, bei der sich die Gleichgesinnten entsprechend kleiden wollen. Viele nähen selbst, aber es gibt auch professionelle Schneiderinnen, für deren Kostüme man so viel Geld wie für einen Kleinwagen hinlegen kann. Die Perücken kommen aus der Schweiz oder aus Venedig, die Schuhe aus München. Keiner weiß dann mehr, ob sich hinter der aufgebrezelten Gesellschaft ein Müllmann oder ein Musiker, eine Lehrerin oder eine Angestellte verbergen.
Natürlich wird Peter Hoffmann auch in seinen 50. Geburtstag hineintanzen und veranstaltet dazu im August einen speziellen "Historischen Tanzboden". Er wird wohl bis an sein Lebensende weitermachen - auch wenn die anstrengenden "Sprünge gegen die Zeit" irgendwann vorbei sein werden. "Tanzen ist ungeheuer anstrengend, aber es ist ein wunderbarer Sport", findet Hoffmann und wünscht sich eigentlich nur eines: Dass die auf den steinernen Schlossböden so arg strapazierten Knie intakt bleiben!
Termine
Rokoko-Festspiele Ansbach Im Rahmen der Gartenlust am Sonntag, 6. Juli, lädt Tanzmeister Peter Hoffmann im Hofgarten um 14.10, 15.35 und 17 Uhr zum Mitmachen ein.
Historischer Tanzboden am 9. August (öffentlicher "Geburtstags-Tanzboden") ab 18 Uhr (Eintritt frei) und am 14. September von 14.30 bis 18 Uhr (Eintritt zehn Euro), jeweils im Genossenschaftssaalbau, Matthäus-Herrmann-Platz 2, Nürnberg.
Herbstball am Samstag, 4. Oktober, 18 Uhr, Genossenschaftssaalbau Nürnberg (Eintritt 15 Euro).
Kurse finden statt wöchentlich für Anfänger und Fortgeschrittene in Fürth, Humbser Palais , Helmplatz 1 (Monatsbeitrag 35 Euro) sowie im Rahmen des Hochschulsports der Universität Bamberg wieder ab dem 9. Oktober (Anmeldung vom 1. bis 19. September, 15 Abende, 38 Euro).
Weitere Informationen finden Sie hier.