Der Diplom-Meteorologe Dominik Jung leitet den in Wiesbaden beheimateten Wetterdienst wetter.net.

Frage: Stöhnt ein gewerbsmäßiger Meteorologe inzwischen auch unter der Hitze - oder dominiert das wissenschaftliches Interesse an einem ungewöhnlichen Phänomen?
Dominik Jung: Beides stimmt, obwohl ich mich glücklich schätzen darf, eine Klimaanlage sowohl zu Hause als auch im Büro zu haben. So bleiben mir nur wenige Meter am Tag, die ich durch die Hitze laufen muss. Aber ich gehöre ohnehin zu den Verrückten, die selbst bei 35 Grad noch eine Runde laufen gehen. Natürlich aber überwiegt das professionelle Interesse. Sollte es wirklich 14 Tage Dauerhitze geben, wären das schon historische Dimensionen.


Temperaturen über 30 Grad: Sollte da noch Sport gemacht werden?


Frage: Welche meteorologischen Besonderheiten sind für die derzeitige Hitze und Trockenheit verantwortlich?
Antwort: Ein Hoch sitzt fett über Mitteleuropa und macht den Laden dicht für Tiefs vom Atlantik. Seit Februar haben es keine Tiefs mehr vom Atlantik zu uns geschafft und mal Regen gebracht. Daher diese Dürre. Einzelne Unwetterlagen brachten viel zu punktuell Regen und bereiteten so mehr Schaden als Nutzen. Auch vor der aktuellen Hitze war es immer recht warm, aber nicht so heiß wie jetzt. Das lag daran, dass es damals zwar auch ein Hoch gab, aber die Luft eher aus nordöstlichen Richtungen kam.

Frage: Traditionell gab es in den Sommermonaten der vergangenen Jahre immer wieder auch Regenfälle. Warum bleiben diese heuer aus?
Antwort: Das ist typisch für die Folgen des Klimawandels - zumindest sagen das die Klimaexperten. Den letzten extremen Hitzesommer hatten wir auf der anderen Seite 2003. Das ist jetzt 15 Jahre her. Es war eben statistisch mal wieder fällig. Wir hatten in den vergangenen Sommern oftmals Regenmassen. Die Natur gleicht sich eben immer aus.

Frage: Also was denn jetzt: Statistik oder Klimawandel?
Antwort: Zunächst ist die aktuelle Hitze kein Klima, sondern Wetter. Wetter wird zu Klima, wenn man es über Jahrzehnte beobachtet. Man muss dieses Jahr später einmal im Gesamtkontext sehen.

Frage: Müssten wir uns unabhängig davon nicht dringend Gedanken darüber machen, wie wir Konsum, Produktion und Wohnen den steigenden Temperaturen anpassen?
Antwort: Beim Wetter zumindest machen wir das schon längst. Wir verarbeiten hier täglich Millionen von Mess- und Prognosedaten, unter anderem für Energie und Landwirtschaft, aber auch für die moderne Haussteuerung. Wenn man im Vorfeld schon weiß, wie das Wetter wird, dann hat man einen Wissensvorsprung.

Frage: Kommt Deutschland mit Blick auf Griechenland und selbst Schweden nicht sogar noch glimpflich davon?
Antwort: Es ist die größte Dürre, zumindest in vielen Regionen in Deutschland, seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.

 


Frage: Warum brennen in Deutschland die Wälder bislang nicht?
Antwort: Es brennen schon etliche Wiesen und Felder, auch einzelne Waldstücke, aber nicht im großen Stil. Wir haben bei uns ein gutes Überwachungssystem und gegebenenfalls sicherlich auch eine Bevölkerung, die keinen Müll in die Wälder wirft oder unerlaubt dort grillt. Weggeworfene Flaschen wirken in Wäldern wie Brenngläser. Manchmal werden in den südlichen Ländern Brände ja auch vorsätzlich gelegt. Was weg ist, ist weg und kann dann prima als Bauland genutzt werden.

Frage: Wann erreicht die Hitzewelle ihren Höhepunkt?
Antwort: Ich kann es Ihnen nicht sagen.

Frage: Anders gefragt: Wann haben wir das Gröbste überstanden ?
Antwort: Ich kann derzeit noch nicht das Ende der Hitzewelle sehen. Sie könnte noch zehn bis 14 Tage andauern. Vielleicht länger, kürzer eher nicht. Diese Woche ist es schon sehr heiß - ob es nächste Woche noch heißer wird, müssen wir abwarten.

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