Lost Places sind verlassene Orte, die verfallen und von der Natur zurückerobert werden. Von Krankenhäusern über Hotels bis hin zu Freizeitparks gibt es in Deutschland viele verschiedene Lost Places. Auch in Mittelfranken gibt es einiges zu entdecken, diese Orte stellen wir dir im Folgenden vor.

Bahnhof Märzfeld in Nürnberg

Diesen verlassenen Ort solltest du in jedem Fall mit viel Respekt betreten. Der Bahnhof Märzfeld wurde während des Nationalsozialismus erbaut und diente unter anderem der Deportation von jüdischen Menschen. Die größten Transporte verließen den Bahnhof mit je 1000 Menschen. Es ist also ein Ort, der historisch besonders aufgeladen ist. Gedenktafeln erinnern heute an diese Vergangenheit. Eigentlich war der Bahnhof dazu gedacht, Menschen zu den Aufmärschen auf dem damals errichteten Märzfeld zu befördern.

Ebenso sollten Besucher an das naheliegende Reichsparteitagsgelände herangeführt werden. Das Empfangsgebäude wurde jedoch nie vollendet, da während des Baus der Krieg ausbrach. Es gab viele verschiedene Vorschläge, das Gebäude in eine Erinnerungsstätte umzuwandeln, was allerdings nie geschah. Seitdem liegt der alte Bahnhof brach und umfasst viele Unterführungen und Tunnel, die immer wieder gern genutzte Fotomotive sind. 

Zum 150-jährigen Bestehen der Eisenbahn wurde der Bahnhof 1985 noch einmal reaktiviert und war Schauplatz einer großen Fahrzeugparade der Deutschen Bundesbahn. Der alte Bahnhof liegt in der Nähe des Messegeländes und der Langwasser-Süd-U-Bahn-Station in Nürnberg. Von dort aus kannst du den Bahnhof in deine Karten-App eingeben und zu Fuß weitergehen.

Glasschleife in Münchshofen

Im Landkreis Schwandorf findest du ein ehemaliges Polier- und Glasschleifwerk, das im 19. Jahrhundert errichtet wurde. Bearbeitet und poliert wurden hier unter anderem Fenster und Spiegel. Da viele Fabriken damals noch keinen Strom nutzen konnten, haben hier große Wasserkrafträder die Maschinen angetrieben. Die Fabrik erstreckt sich über zwei Stockwerke und ein Großteil des Inventars ist noch in seiner Ursprünglichkeit erhalten. 

Die Fabrik liegt direkt an der Naab und ist in einem guten Zustand. Nach einer kleinen Sanierung 2003 können Besucher*innen die Fabrik im Rahmen einer Führung entdecken. Hier findest du nicht nur eine klassische Lost-Place-Atmosphäre, sondern kannst dir gleichzeitig anschauen, wie viele Jahrhunderte Glas hergestellt wurde. Gleichzeitig lernst du die damaligen Arbeitsbedingungen kennen.

Feste Öffnungszeiten gibt es keine, stattdessen kannst dich telefonisch für Führungen anmelden. Auch wenn sich das Ganze auf den ersten Blick etwas unspektakulär anhört, ist dieser Ort vor allem für Fotograf*innen ein echtes Highlight. Das Gebäude ist übrigens nicht besenrein und gereinigt: Der ursprüngliche Charme wurde auch nach der Sanierung erhalten, sodass es weiterhin ein echter Lost Place ist.

Ruine der St.-Katharinen-Kapelle bei Hechlingen

Die alte Kapelle, beziehungsweise das, was noch davon übrig geblieben ist, liegt auf dem höchsten Punkt des Kapellenbergs. Einst war die Ruine, die bereits mehr als 500 Jahre alt ist, ein stark frequentierten Ort. Dieser Ort war lange Zeit über ein beliebtes Ausflugsziel für Wallfahrer. Lange Zeit über blieb die Kapelle quasi unversehrt und zeichnete sich vor allem durch die gotische Wandgestaltung aus. Nachdem im 18. Jahrhundert eine bereits geplante Renovierung nicht stattgefunden hatte, verfiel die Kapelle zunehmend und Bürger*innen aus den umliegenden Dörfern trugen Baumaterial zu Eigenverwendung ab.

Erst Ende des 18. Jahrhunderts wurden die verbliebenen Reste der Kapelle konserviert. Seit 1903 steht die Kapelle unter Denkmalschutz und 1999 wurde nördlich der Ruine ein hölzerner Glockenturm errichtet. Jedes Jahr findet an der Kapellenruine das Kapplfest statt, was du ideal mit einem Ausflug zu diesem Lost Place verbinden kannst.

Von der Kapelle aus hast du einen tollen Blick über Hechlingen, bis in den Hahnenkamm hinein. Der Weg zur Kapelle führt über den Hohlweg, der gerade in der Dunkelheit ein wenig unheimlich erscheint. Mit dem Auto kannst du lediglich bis Hechlingen fahren, von dort aus kannst du dich dann mit deiner Karten-App orientieren oder den lokalen Schildern zur Kapelle folgen.

Unterirdisches Hilfskrankenhaus in Gunzenhausen

Das unterirdische Krankenhaus wurde einst erbaut, um Menschen vor einem drohenden Atomkrieg zu schützen. Noch heute wirkt das Krankenhaus im Bunker sehr beklemmend, und niemand weiß, ob die Menschen damals das Tageslicht je wieder gesehen hätte, wenn der Worst Case eingetreten wäre.

Die Furcht vor dem Kalten Krieg lässt sich hier noch heute nachfühlen. Der Kalte Krieg war mehr als 40 Jahre lang eine allgegenwärtige Bedrohung. Die Welt war geteilt und die Spannungen zwischen West und Ost verstärkten sich. Genau dieser Konflikt lässt sich hier spüren. Der Komplex bestehend ehemals aus drei verschiedenen Anlagen. Dazu zählt das Bunkerkrankenhaus unter der heutigen Berufsschule in der Bismarckstraße und zwei Varianten in der direkten Umgebung. Bei einem Atomkrieg wären dort Patient*innen aus Ansbach, Fürth und Nürnberg versorgt worden.

In den drei Gebäudetrakten hätten insgesamt etwa 1.400 Betten zur Verfügung gestanden. Gunzenhausen kannst du relativ gut mit dem Auto erreichen und für das Hilfskrankenhaus lassen sich sogar Führungen buchen. Du musst den Ort also nicht auf eigene Faust betreten. Die Führungen werden von der Touristeninformation der Stadt durchgeführt und können im Vorfeld gebucht werden.

Regeln für die Entdeckung von Lost Places

Lost Places zu besuchen, hat einen aufregenden und spannenden Reiz. Allerdings solltest du immer darauf achten, dass du Hausfriedensbruch begehst, wenn du verschlossene Räumlichkeiten betrittst oder Orte aufsuchst, die eigentlich gesperrt sind. Nicht immer sind die Gebäude frei zu betreten.

Meistens haben die Bauwerke private Eigentümer*innen, die den Zutritt zum Grundstück regulieren dürfen. Du kannst aber auch vorher nachfragen, ob eine Besichtigung möglich ist. Alle hier aufgeführten Orte darfst du besuchen, allerdings ist teilweise eine vorherige Anmeldung oder Führung notwendig. 

Darüber hinaus solltest du selbstverständlich nichts kaputt machen, denn der Verfall der Gebäude gehört mit zum Reiz, einen Lost Place zu besuchen. Auch mitnehmen solltest du nichts. Hinterlasse den Lost Place genau so, wie du ihn vorgefunden hast.

Fazit

Entdecke in Mittelfranken Orte aus der Zeit des Nationalsozialismus, das alte Volksbad, die Ruine einer Kapelle mit toller Aussicht oder Locations aus der Zeit des Kalten Kriegs. Vereinbare, sofern es möglich ist, Termine für eine Führung, tauche ein in die Welt der Vergangenheit und begib dich auf eine spannende Reise durch die letzten Jahrhunderte. Gleichzeitig lohnt es sich auch immer, dich hinsichtlich der Geschichte dieser Orte im Vorfeld zu informieren. 


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