Im Gasthof "Zur Sägemühle" in Hiltpoltstein gibt es seit Samstag (13. Januar 2024) keinen Tropfen Alkohol mehr. Alle alkoholhaltigen Speisen und Getränke wurden demnach von der Karte verbannt.
Wie Kerstin Gößl, die den Gasthof seit Frühjahr 2019 zusammen mit ihrem Mann Vladimir Kloz betreibt, im Gespräch mit inFranken.de erklärt, sei die "Sägemühle" damit der erste Gasthof in ganz Bayern, der Alkohol komplett von der Karte streicht. Ihr zufolge habe man diese Entscheidung aber nicht willkürlich getroffen. Die Maßnahme habe einen ernsten Hintergrund.
Nur noch alkoholfreies Bier: Gasthof in Fränkischer Schweiz legt "alles trocken"
"Mein Mann ist schon seit mehreren Jahren Alkoholiker und am 1. Januar 2024 auf eigenen Wunsch in die Entzugsklinik gegangen", berichtet die Betreiberin der "Sägemühle" gegenüber inFranken.de. In der Gastronomie sei das ihr zufolge jedoch nur "sehr schwer zu kontrollieren". "Wenn immer der Bierbrunnen sprudelt, dann ist das sehr sehr schwierig", so Gößl. Als ihr Mann dann am Donnerstag (11. Januar 2024) wieder aus der Klinik zurückkam, habe man sich deshalb die Frage stellen müssen, wie es in Zukunft weiter gehen soll.
"Wir wollen verhindern, dass er in Versuchung kommt, weil selbst nach der Entgiftung die Rückfallgefahr viel zu hoch ist, wenn überall der Alkohol herumsteht", erklärt sie. Deshalb habe man vor einer grundlegenden Entscheidung gestanden. Wie Gößl erklärt, habe es im Wesentlichen nur zwei Optionen gegeben. "Entweder er macht drei Monate einen Vollentzug und wir machen den Gasthof solange zu - oder wir legen hier alles trocken, stellen alles auf alkoholfrei um und arbeiten weiter", so Gößl. Letzteres sei für die beiden dann die "viel viel attraktivere Variante" gewesen, zumal man in den vergangenen eineinhalb Jahren sowieso schon gemerkt habe, dass immer weniger Alkohol getrunken wird und Gäste vermehrt nach alkoholfreien Alternativen fragen.
Seit Samstag (13. Januar 2024) sind deshalb alle alkoholhaltigen Getränke von der Karte gestrichen. Selbst Torten, wie Schwarzwälder-Kirsch, die eigentlich Alkohol enthalten, werden ab sofort mit alkoholfreien Alternativen zubereitet. Momentan gibt es im Gasthof 11 Sorten alkoholfreies Bier. Das Angebot soll aber in Zukunft noch erweitert werden. "Ich bin total erstaunt darüber, wie viel es da gibt, auch von regionalen Brauereien, da sind wir noch lange nicht am Ende", so Gößl. Zudem gebe es auch verschiedene alkoholfreie Weine, alkoholfreien Gin und Martini. "Das Angebot kann man vielleicht noch in Form von alkoholfreien Cocktails ausbauen, da sind der Phantasie ja quasi keine Grenzen gesetzt".
"Von Reaktionen überwältigt": Gäste freuen sich über alkoholfreien Gasthof
Wie Gößl berichtet, sei die Umstellung auch bei den Gästen "sehr gut" angekommen. "Ich war völlig überwältigt von den Reaktionen, die ich über Facebook, Instagram oder auch per Whatsapp bekommen habe", berichtet sie. "Es waren sogar Gäste da, die extra deshalb gekommen sind, das war schon echt die Krönung", freut sie sich. Und auch ein Anruf sei ihr besonders im Gedächtnis geblieben. "Mich hat ein Mann aus Nürnberg angerufen, der sich regelrecht bei mir bedankt hat", berichtet Gößl. Er selbst sei demnach trockener Alkoholiker. Für ihn sei es deshalb "sehr schwierig in ein normales Lokal zu gehen, weil überall Bier getrunken wird", so die Betreiberin der "Sägemühle". "Vielleicht haben wir da eine weitere Nische gefunden", freut sich Gößl.
Es ist nämlich nicht das erste Mal, dass der Gasthof durch unkonventionelle Abweichungen von der fränkischen Gasthaus-Norm auffällt. Seit der Eröffnung biete man nach eigenen Angaben zusätzlich zur klassischen Wirtshaus-Küche auch "vielfältige vegetarische und vegane Gerichte" an. Zudem habe man die Speisekarte bereits im Herbst 2019 komplett auf gluten- und laktosefreie Gerichte umgestellt. Mit Erfolg. "Die Nachfrage ist ständig gestiegen, weil die Leute gemerkt haben, dass sie sich bei uns darauf verlassen können", berichtet Gößl. Sie selbst sei Allergikerin und habe vor zwei Jahren zudem ihre Zöliakie-Diagnose erhalten. "Deshalb achten wir sehr darauf, dass alles mit Sorgfalt gemacht wird und keine Verunreinigungen entstehen".
Das Angebot im Gasthof sei Gößl zufolge auch "standortbezogen". "Wir sind hier halt wirklich mitten in der Kletter- , Wander- und Radfahrregion, da sind die Leute schon etwas anders eingestellt, was gesundes Essen angeht", erklärt sie. Der Verzicht auf Alkohol passe ihr zufolge deshalb sehr gut in das bestehende Konzept. Und auch einen weiteren positiven Nebeneffekt bringe die Umstellung für ihre Gäste mit sich. "Da gibt es gar keine Diskussion mehr, wer fahren muss, da kannst du auch mal zwei oder drei trinken und es macht nichts", lacht sie. Weitere Nachrichten aus dem Kreis Forchheim findet ihr in unserem Lokalressort.