• Langstreckenwanderin Christine Thürmer im Gespräch mit inFranken.de 
  • "Bei den Bratwürsten bin ich wählerisch" 
  • Alleine wandern: zwischen röhrenden Hirschen und gescheiterten Ehen 
  • Tipps für Einsteiger: "Ich trenne mir die Etiketten aus der Kleidung und säge mir die Zahnbürste ab."
  • Der Hintergrund eines Trail-Namens: Diese und weitere Anekdoten und Tipps von Christine Thürmer live in Erlangen erleben 

Wandern ist für Christine Thürmer in den meisten Monaten im Jahr ihr Tagesinhalt, sie gilt sogar als meistgewanderte Frau der Welt. Die 55-jährige Forchheimerin hat den festen Wohnort mit ihrem Zelt eingetauscht und ist schon so oft durch Deutschland gewandert, sodass sie sich zu keiner bestimmten Region als dauerhaften Wohnort hingezogen fühlt. Besonders Franken hat es ihr aber nach wie vor angetan, auch wenn sie ihre Basis mittlerweile in Berlin hat und nur noch zu Familienbesuchen, zu besonderen Ereignissen oder natürlich zum Wandern zurückkommt.  In ihrem aktuellen Buch "Auf 25 Wegen um die Welt" befasst sich ein eigenes Kapitel mit dem Frankenweg. Welche Erlebnisse sie dort beschreibt und was sie sonst auf ihren Wegen erlebt, liest du hier

Gewicht des Rucksacks und besonderes Schuhwerk: Tipps für Wandereinsteiger

"Trainieren würde ich jetzt nicht unbedingt raten, weil man unterwegs ja sowieso fit wird", stattdessen setzt die 55-jährige Wanderin vor allem auf das richtige Schuhwerk. "Ein robuster Wanderstiefel wirkt auf den Fuß wie ein Korsett und begünstigt schnelles Ermüden oder Blasenbildung durch die repetitive Wanderbewegung. In Outdoor-Läden wird häufig zu Wanderstiefeln geraten, um den Fuß zu schützen, doch das ist grundlegend falsch." Stattdessen nutzt Thürmer leichte Trail-Running-Schuhe, die mit einer 90° biegbaren Sohle ausgestattet sind und bei jedem Schritt einen anderen Teil des Fußes belasten. Auf diese Weise ermüdet man langsamer. Außerdem sind diese Modelle leichter und trocknen bei Nässe schneller als herkömmliche Wanderstiefel. "Ich bin mit den Trail-Running-Schuhen sogar ins Hochgebirge und immer auf Wanderwegen unterwegs und nicht etwa auf Klettersteigen. "

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Der entscheidende Faktor für eine Langstreckenwanderung ist ein möglichst niedriges Gewicht des Rucksacks. Die Zielmarke liegt bei fünf Kilogramm, ausgenommen Proviant und Wasser. Der Weg dahin: Wiegen, Weglassen, Abschneiden und Austauschen. Jeder einzelne Ausrüstungsgegenstand wird auf das Gramm genau erfasst und in eine Excel-Tabelle eingetragen. Als Nächstes wägt sie ab, ob sie den Gegenstand weglassen kann und sich so Gewicht sparen kann. "Ich persönlich wandere ohne Unterhose, das hat auch den Vorteil der besseren Belüftung. Es gibt kein überlebensnotwendiges Problem, wenn man die Unterhose zu Hause lässt."

Christine Thürmer präpariert ihr Equipment nach dem Prinzip der Gewichtsreduktion: "Nur weil der Hersteller jetzt fünf Schnallen an den Rucksack genäht hat, heißt es ja nicht, dass ich die brauche. Ich trenne mir die Etiketten aus der Kleidung und säge mir die Zahnbürste ab." Wenn das alles nichts hilft, bleibt der letzte Schritt des Austauschens, bevor der Zyklus wieder beim Wiegen beginnt und die Summe in der Excel-Tabelle schließlich irgendwann bei fünf Kilogramm liegt. Auch wenn das heißt, dass auf Gegenstände wie Handtücher oder ein Kamm verzichtet werden muss, oder der Rucksack mit einem ultraleichten Modell getauscht werden muss. 

"Beim fränkischen R geht mir das Herz auf": Christine Thürmer über ihre Heimat und Franken als Wandergebiet

Im Gespräch kommt sie aus dem Schwärmen über ihre Heimatregion nicht mehr raus: "Ich stehe auf Gegenden, wo keiner hin will und damit meine ich, dass Franken eine unterschätzte Region ist und unglaublich viel zu bieten hat. In Franken gibt es jetzt kein zweites Neuschwanstein, aber immer wieder kleine, schöne Orte am Wegesrand, wie die Burgruine hier oder das Barockschloss dort. Bei Bayern denkt man immer direkt an die Alpen, aber Alpen kann jeder. Das ist alles ganz nett, ich finde Franken um Welten schöner, ursprünglicher und vor allem sparsamer." Besonders letzteres liegt ihr als Minimalistin besonders am Herzen und ist auch deshalb von der Region begeistert.


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"Mein Vater war überhaupt nicht outdooraffin, aber Ausflüge in die Fränkische Schweiz oder das Bamberger Umland standen trotzdem regelmäßig an, und zwar, um dann auf einen Keller zu gehen und zum Beispiel eine gute Brotzeit zu genießen. Ich persönlich trinke nicht mal Bier, das ist ja fast eine Schande. Ich weiß nicht, wie das eigentlich passieren konnte, aber es ist passiert." Stattdessen hat die Forchheimerin in der fränkischen Kulinarik ihre Erfüllung gefunden, zumindest was die Verpflegung unterwegs angeht: "Sobald ich in die Nähe komme, kaufe ich als Erstes ein Bamberger Hörnla. Auch die ausgezogenen Krapfen sind ein absolutes Highlight für mich. Das Schöne an Franken ist, dass man sich am Wegesrand gut verpflegen kann und fast überall ein gutes Leberkäs- oder Bratwurstbrödla bekommt. Besonders bei den Bratwürsten bin ich wählerisch geworden und freue mich immer, wenn ich wieder in Franken bin."

Schade findet sie, dass der Frankenweg so wenig promoted wird, da er wegen seiner Abwechslung und seinem Verlauf von Nord- zur Südgrenze Frankens einen psychologischen Ansporn für jeden Wanderer bietet. "In den USA bin ich schon viele solcher Trails gewandert. Dort ist das so üblich, dass die Wege von Grenze zu Grenze verlaufen und man zum Beispiel von Mexiko nach Kanada wandern kann. Deutschland hat das noch nicht geschafft, umso schöner, dass das in Franken so ist. Selbst für Gelegenheitswanderer, die nur einen Abschnitt absolvieren, ist alleine der Gedanke, dass man beim Fortsetzen des Trails an einem weiter entfernten Ziel ankommen würde, eine mentale Befriedigung."

Alleine wandern: zwischen röhrenden Hirschen und gescheiterten Ehen 

Christine Thürmer schließt zwar unterwegs viele Bekanntschaften, ist aber hauptsächlich alleine unterwegs. Ein Problem damit hat sich überhaupt nicht, im Gegenteil: "Ich mag mich selbst sehr gerne, denke gerne nach und fühle mich nicht einsam. Unterwegs höre ich sehr viel Podcast. Gerade auf Langstrecken hat man immer ein Unterhaltungsprogramm dabei." Das Naturerlebnis vermisst sie dabei trotzdem nicht: "Selbst wenn ich vier Stunden am Tag mein Hörbuch höre, habe ich immer noch 20 Stunden am Tag für röhrende Hirsche." Weiterhin hält sie Kontakt mit Freunden über Telefonate und ist großer Fan vom EU-Roaming: "Meine Freunde habe früh entdeckt, dass sie mich bei Liebeskummer oder Jobproblemen bereits um 6 Uhr morgens anrufen können. Ich habe immer Zeit und Muße, mich mit solchen Problemen auseinanderzusetzen."

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Die psychische Verfassung spielt beim Langstreckenwandern eine wichtige Rolle. Eigene Erfahrungen mit psychischen Herausforderungen während der Wanderungen hat sie noch nicht gemacht: "Man muss schon halbwegs im Reinen mit sich sein, um so eine Wanderung durchzuhalten oder das Schwierigkeitslevel entsprechend anpassen. Bei jedem gibt es Phasen, in denen es mal nicht so gut läuft. Wenn man aber schon ein kleines Päckchen zu tragen hat und dann auf dem Trail dann Probleme wie Hunger, Durst, Hitze oder Kälte dazukommen, hält man das nicht durch. Man löst Probleme nicht damit, indem man sich mehr Probleme aufhalst. Plakativ gesagt, glaubt ja seit Hape Kerkeling jeder Depp, dass beim Langstrecken gehen die Erleuchtung direkt vom Himmel fällt. Das ist eigentlich ein falscher Eindruck. Wer wandert, um sich selbst zu finden, hat eigentlich schon verloren."

Besonders bei längeren Strecken empfiehlt Christine Thürmer diese alleine anzutreten und gnadenlos das eigene Tempo durchzuziehen. "Man kann sich nicht über Wochen und Monate an einen anders gearteten Wanderer anpassen. Ich habe da schon Ehen scheitern sehen. Entweder man muss auf eine langsame Schnecke warten oder man bekommt schneller Erschöpfungserscheinungen, wenn man die ganze Zeit über auch nur einen Tick zu schnell läuft." 

"I'm just a stupid German tourist": Über den Hintergrund eines Trail-Namens - Christine Thürmer live erleben

In den USA hat sich unter Fernwanderern das Ritual zur Vergabe eines Trail-Namens entwickelt. "Wie bei einem religiösen Orden symbolisiert die Vergabe eines Trail-Namens den Übergang in ein neues Leben. Den Namen gibt man sich nicht selbst, sondern er wird von der Community anhand lustiger Gegebenheiten, gewisser Charaktereigenschaften oder ähnlichem vergeben. Bei mir war es offensichtlich, ich komme aus Deutschland. Mein blöder Spruch war bei sämtlichen kniffligen Situationen immer: Lasst mich dahin und fragen, ich bin bloß ein dummer deutscher Tourist. Jeder hat einen eindeutigen Trail-Namen, da manche Klischees stimmen und die Fernwanderer in den USA zum Beispiel alle ein bisschen abgeranzt aussehen, Vollbart tragen und viele Bob oder Jim heißen. Da ist der Trail-Name dann die charmantere Lösung."

Geschichten und Tipps von Christine Thürmer live erfahren - Vortrag in Erlangen - Info und Tickets

Einen weiteren Auftritt, über den sie sich besonders freut, hat die 55-jährige am 21.03.2024 im Erlanger E-Werk angesetzt: "Ich habe dort meine Jugend verbracht. Dass ich da jemals auftreten darf, ist einfach unglaublich. Dem E-Werk in Erlangen habe ich meinen restlichen Lebensweg zu verdanken. Durch einen Diskobesuch bin ich nämlich überhaupt nach Berlin zum Studium gekommen. Als Studentin hatte ich immer zwei Anmachsprüche: "Wo hast du die tolle Brille her?", falls das Gegenüber Brillenträger war oder "Studierst du nicht mit mir in an der Uni Bamberg Anglistik?", falls er kein Brillenträger war. Als dann eines Abends jemand trocken entgegnete, dass er in Berlin Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation studiere, ergriff ich nach kurzer Recherche die Gelegenheit mich von meinen Eltern abzuseilen und nach Berlin zu ziehen. Deswegen freut es mich umso mehr, 30 Jahre später wieder ins E-Werk zurückzukehren."

Du kannst dich auf einen Abend voller spannender Geschichten, Insider-Tipps und authentischen Wandererlebnissen freuen. Du hast die Gelegenheit live Fragen zu stellen und so mehr über den Outdoor-Alltag von Christine Thürmer erfahren. Die Show am 17. November 2023 in Erlangen trägt den Titel "Laufen. Essen. Schlafen.". Ins E-Werk kommt sie dann im Frühjahr 2024 mit ihrer "Wander Woman Show". Bis dahin wird sie sicher noch einige Kilometer auf den Wanderwegen dieser Welt zurückgelegt haben und weitere unterhaltsame Geschichten im petto haben.


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