Sonne, Hitze, Dürre. Seit Wochen hat der Landkreis Erlangen-Höchstadt kaum Regen gesehen. Was manche Menschen freut, da sie den schönen Sommer genießen können, ist für die Landwirte ein Desaster. Eigentlich hätte es bis zum 19. August im Mittel einen Niederschlag von 420 Litern pro Quadratmeter geben sollen. Tatsächlich fielen aber lediglich 270 Liter. Und die, so Peter Pröbstle vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Fürth, seien größtenteils bereits im Winter gefallen.
Doch wie schlimm ist die Situation tatsächlich? Das wollte am Montag Regierungspräsident Thomas Bauer herausfinden und besuchte insgesamt fünf Betriebe und Einrichtungen, um sich ein Bild zu machen.
Kräuter für stabile Einnahmen
Einer, den es hart trifft, ist Wilfried Funke aus Neuhaus. Den landwirtschaftlichen Betrieb hat er in den 1980er Jahren von seinem Vater übernommen. Damals überlegte die Familie, was sie anbauen könnte, um langfristig stabile Einnahmen zu haben. Sie landeten bei Kräutern. Nun hat Funke den einzigen Betrieb im Vollerwerb in Neuhaus. Vor zehn Jahren hat er dann auch den Milchviehbetrieb abgeschafft, um sich voll auf Kräuter und Meerrettich zu spezialisieren.
"Es war hier schon immer ein trockenes Gebiet", so der Landwirt. Deshalb hat der Betrieb vor 15 Jahren auch einen eigenen Brunnen gebohrt. Doch längst nicht alle Felder können während so einer Dürre bewässert werden. "Die Situation ist mehr als dramatisch", beschreibt es Funke. Bei Feldern, die er nicht bewässern kann, hat er Ertragsausfälle von bis zu 50 Prozent. Selbst wenn er bewässert, bleibt rund ein Drittel der Ernte aus.
Starkregen auffangen
Eine Möglichkeit, sich in Zukunft besser vor solchen Perioden zu wappnen: Man könnte die Teiche ausbaggern und so den Starkregen auffangen, um ihn später wieder zu nutzen. Das Problem sei aber die gesetzliche Lage und die Befürchtung des Wasserwirtschaftsamts, dass man "so viel abpumpt, dass die Fische am Boden schleifen", erklärt Funke. Niederschlag sei jedenfalls genug da. "Die Frage ist nur, wie wir ihn verteilen."
Der Bauer versucht sich möglichst breit aufzustellen, baut diverse Minzsorten an. In einer großen Halle werden die Kräuter getrocknet und verpackt, so dass sie an die weiterverarbeitenden Firmen geliefert werden können. So werden aus der Kresse, die dieses Jahr auch zu klein gewachsen ist, "Antiinfekt-Filmtabletten". Funke zieht seine Lehren aus dem Hitzejahr: Nächste Saison möchte er mehr Wurzelfrüchte und weniger Blattfrüchte anbauen.
Einige Kilometer weiter, in Poppenwind, stehen alte Traktoren am Wasserrand der Teiche. Mit ihnen wird versucht, Sauerstoff ins Wasser zu bekommen. Denn nur so können die Fische überleben. "Im Moment haben wir das Gefühl, es geht den Bach runter", sagt Teichwirt Leonhard Thomann. Seine Weiher liegen im Naturschutzgebiet Mohrhof, sie haben keine Quellen oder Bäche, sondern werden lediglich durch Regenwasser aufgefüllt. "Wir kämpfen um jeden Millimeter Wasser."
Grundförderung gewünscht
Thomann würde sich eine Grundförderung wünschen, denn "es muss einen Anreiz geben". Sollten seine Weiher einmal nicht mehr bewirtschaftet werden, würde aus dem Gebiet wahrscheinlich Moorlandschaft werden. Fische hätten wohl keine Chance.
Unter der Hitze leidet die gesamte Branche. Das wurde bei der dritten Station deutlich, als Karl Blankenbühler seinen Milchviehbetrieb in Lonnerstadt zeigte. Seine Tiere produzieren 500 Liter Milch pro Tag weniger. Normalerweise habe er einen Ertrag von 4000 Litern. Er hat aber auch mit der Futterversorgung Probleme, denn die Erträge von Maisfeldern und Wiesen sind sehr gering. Bereits seit Anfang August hat er seinen Mais geerntet - viel zu früh eigentlich. Doch hätte man es nicht getan, wäre er komplett vertrocknet und die Qualität wäre noch schlechter gewesen. Klar ist aber auch, dass damit große Mindererträge einhergehen. Immerhin: Blankenbühler hatte nach der schlechten Ernte vor zwei Jahren vorgesorgt: "Das Futter langt mir bis zum Ende des nächsten Jahres."
Schwierigkeiten mit Reserve
Normalerweise sollten 25 bis 30 Prozent Reserve vorhanden sein. Oftmals fehlt den Landwirten aber der Lagerplatz. Anders bei Karl Blankenbühler: Die Not wegen der Ernteausfälle ist bei ihm heuer noch nicht so groß. Ihm machen aber auch immer mehr Vorgaben der Regierung zu schaffen. "Planwirtschaft" sagt er dazu, weil aus Brüssel zu viel vorgegeben wird und sich ständig etwas ändert. "Wenn das so weitergeht, braucht keiner mehr weitermachen." Der Milchpreis liegt für ihn aktuell bei 34 Cent pro Liter.
Ganz anders die Situation im Wald. Dort sind aktuell erstaunlich wenig trockene Stellen. "Es ist wichtig, dass es im Winter viel regnet", erklärt Pröbstle. Der Boden fülle sich dann auf. Anders als in der Landwirtschaft braucht der Wald das Jahr über dann nicht unbedingt neuen Niederschlag. Aktuell sei man dabei , neue Mischwälder anzusiedeln. Von der Universität Bayreuth hat man 500 Libanon-Zedern bekommen, aber auch Eichen werden angepflanzt. Man wolle eine möglichst breite Palette an Baumarten anbieten, damit einige davon auch in mehreren Jahren noch gut wachsen. Denn die Klimaveränderung wird auf lange Sicht auch den Wald verändern. Vor allem die Fichte hat laut Pröbstle bei uns wenig Chancen.
Virtuelles Forsten
In den vergangenen Jahren kamen zudem immer mehr neue Waldbesitzer hinzu, die teilweise nur wenig Kenntnis über Durchforstung und den Lebensraum haben. Deshalb gibt es in Bayern insgesamt fünf so genannte Marteloskope (siehe Kasten). Drei davon stehen in Erlangen-Höchstadt unter Leitung des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Ziel ist es, die neuen Waldbesitzer darin auszubilden, wie ein Wald dauerhaft überleben kann. Die mit Nummern gekennzeichneten Bäume werden von dem Teilnehmer mit Bändern versehen. In einer Computersimulation werden sie entweder abgeholzt oder stehen gelassen. Dann werden die Langzeitwirkungen der Entscheidungen dargestellt. So lernen die Teilnehmer, mit dem Wald optimal umzugehen.
"Das Bewusstsein ist schon vorhanden", meint Regierungspräsident Bauer in Bezug auf die Lage der Landwirte. Dieser Sommer bleibe aber keine Ausnahme, klimatische Extreme kommen immer häufiger. Sein Fazit: "Die, die anpassungsfähig sind, werden es schaffen."