Es scheint sich eine schier unendliche Geschichte abzuzeichnen. Die Grundwassersanierung im ehemaligen Kommunbrauhaus in der Steggasse geht in die nächste Runde. Ein Ende der Maßnahme ist nicht in Sicht, im Gegenteil: Die Stadt richtet sich auf Jahre ein. Im Planungsausschuss informierte Diplom-Geologe Norbert-Erhardt Süß vom Ingenieurbüro ghb über den Sachstand und die anstehenden Aktionen. Es sei schon aufgrund der inzwischen erneut hohen Schadstoffwerte unumgänglich, umfassend zu sanieren.

In dem Gebäude, das 2009 umgebaut wurde und seither als Wohnheim für die Lebenshilfe dient, war bis zum Ende der 80-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts eine chemische Reinigung untergebracht. Mitte des genannten Jahrzehnts fiel der Blick der Umweltschützer in der gesamten Republik auf die von solchen Betrieben verwendeten Lösungsmittel. Sie wurden als umweltgefährdend eingestuft, was allerortens aufwändige Sanierungen nach sich zog.


1986 war es Per

Das betraf auch Herzogenaurach. 1986, als der Schaden entdeckt wurde (damals war es ausschließlich das Lösungsmittel Per), begann die Sanierung. Sie dauerte zunächst bis 1998, als die Werte auf ein erträgliches Maß sanken. 2014 aber wurde wieder hohe Belastungen gemessen. Seither hat man erneute Proben genommen. Mit dem Ergebnis, dass jetzt eine umfangreiche technische Anlage errichtet werden muss. Kosten der Anschaffung: 110 000 Euro. Wie Süß erklärte, könnte man auch mieten. Da aber wären schon nach zwei Jahren 100 000 Euro erreicht - und zwei Jahre dürften lange nicht genügen.

Der Geologe machte deutlich, wie dringend die Maßnahme sei. So gebe es für die so genannten leichtflüchtigen halogenierten Kohlenwasserstoffe (LHKW) einen Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Liter im Trinkwasser, also auch Grundwasser. Dieser Wert "wird um ein Vielfaches überschritten", sagte Süß. Selbst als man Ende der 90-er Jahre einen vorübergehend niedrigen Wert erreichte, der unterhalb des Grenzwerts für die Einleitung in die Aurach lag, sei dieser deutlich höher gewesen als "der, den man trinken darf", erläuterte der Geologe.

Allerdings führte er auch aus, dass diese Lösungsmittel in früheren Zeiten ein legaler Stoff gewesen seien. Die Menschen "wussten nicht was sie tun", sagte Süß. Denn erst in den 80-er Jahren begannen die Reihenuntersuchungen für Reinigungen. Dass man dann Schadstoffe fand, die es zu beseitigen galt, sei für Städte ganz normal. Allein in der Achse Erlangen-Fürth-Nürnberg seien rund 600 solcher Schadensfälle bekannt.


506 Kilogramm

CSU-Stadtrat Franz-Josef Lang nahm die Verantwortlichen von damals in Schutz. Denn als die Gefahren bekannt wurden, sei ja keiner nachlässig gewesen, es wurde ja gehandelt. Den Verursacher indes in die Pflicht zu nehmen, das könne man nicht mehr, erklärte Verwaltungsleiter Gerhard Höfler. Denn seit 1989 ist dort keine Reinigung mehr. So muss die Stadt für die Sanierung des Grundstücks, das ihr gehört, selbst aufkommen.

Seit 1986 hat man mittels Aktivkohlefilter saniert. Bis 2014 sind über einen Brunnen 200 Kilogramme LHKW-Schadstoffe aus dem Grundwasser ausgetragen worden. Von 1993 bis 2017 kamen durch eine Bodenluftsanierung weitere 306 Kilogramm Schadstoffe hinzu.


Aktivkohle ist Vergangenheit

Wie der Experte ausführte, wird für die Grundwassersanierung jetzt eine große technische Anlage erforderlich werden. Denn auf Aktivkohle zu setzen, wäre nicht mehr wirtschaftlich. Stattdessen soll eine so genannte Horizontalstripanlage zum Einsatz kommen, also eine technische Anlage, die in einem Container untergebracht werden muss, der so groß ist wie eine Fertiggarage ist. Der soll seinen Standort gegenüber der Straße an der Aurachmauer erhalten und optisch entsprechend unauffällig gestaltet werden.

Zu hören sei lediglich das Geräusch eines Elektromotors. Ein bis zwei Liter Wasser pro Sekunde würden abgepumpt. Man wolle jetzt "wenige einstellige Jahre" damit leben, erläuterte Bürgermeister German Hacker (SPD). Dann werde man Erkenntnisse haben, ob das "vielleicht noch ein paar Jahrzehnte" so sein müsse oder man eventuell auf ein anderes System wechseln könne oder einfach einen anderen Standort für die Anlage suchen sollte. Zunächst wird jetzt die Ausschreibung für die Sanierungstechnik durchgeführt.


Ursachenforschung

Untersucht wird auch, wo die möglichen Ursachen liegen, die jetzt diese erneut hohen Schadstoffwerte hervorriefen. Möglich sei das durch Erschütterungen bei der Gebäudesanierung oder durch ein Absenken des Grundwasserspiegels. Aber es kann laut Süß auch eine ganz andere Quelle sein: "Möglicherweise strömt ein zweiter Schaden ein."

Deshalb werde zusätzlich eine Zustrom-Messstelle eingerichtet. Wenn dem so ist, müsse der Schuldige gefunden werden, sagte Süß, bremste aber die Hoffnung auf ein schnelles Ergebnis: "Einen Verursacher zu finden, ist normalerweise eine mehrjährige Geschichte." Auch Hacker merkte an, dass sich die Ursache nicht zwingend dadurch erklären ließe. "Das heißt es noch lange nicht."


Keine Gefahr für Brunnen

Festgestellt wurde eingangs der Sitzung, dass zu keiner Zeit eine Gefahr für die Bevölkerung bestand. Denn der Trinkwasserbrunnen liege im Oberstrom zum Grundwasserschaden und sei somit nicht gefährdet, sagte Süß.