Von einer Katastrophe wollen Forstdirektor Peter Pröbstle, Leiter der unteren Forstbehörde, und Försterin Heike Grumann noch nicht sprechen, aber die Lage werde immer besorgniserregender. Die Wärme, aber vor allem die Trockenheit der vergangenen Wochen haben die Entwicklung und den Schwärmflug des Borkenkäfers in den Wäldern begünstigt. Die Fangzahlen an den Messstationen lägen bereits auf einem kritischen Niveau.
So wurden die stattlichen Fichten im Oberreichenbacher Gemeindewald nur etwa 45 Jahre alt. Dann kamen die, die sie lieben: die Kupferstecher und die Buchdrucker, im Hauptberuf: Borkenkäfer. Eine tödliche Liebe für die Fichten. Im betroffenen Gemeindewald mussten alle Fichten gefällt werden und werden nun verkauft - zu sehr unbefriedigenden Preisen. "Aber im Moment ist man als Holzverkäufer froh, wenn man noch einen Käufer für das Fichtenholz findet", berichtet Grumann.
Starke Verdunstung
Ein starker Sturm und ein trocken-heißes Jahr haben gereicht: Borkenkäferholz gibt es derzeit im Überfluss, besonders in Südbayern. "Doch auch bei uns sind die Fichtenbestände in großer Gefahr", ergänzt Forstdirektor Pröbstle. So sei der Boden in den oberen Bereichen staubtrocken, die andauernde Hitze sorgt außerdem für eine starke Verdunstung, auch durch die Nadeln der Bäume.
Hinzu kommt, dass vor allem die Fichten unter den geringen Niederschlagsmengen im zurückliegenden Winter und Frühjahr leiden. Der "Trockenstress" macht sie anfällig für die Angriffe der Schädlinge. Auch im benachbarten Wald des Gemeindewaldes wird in den nächsten Tagen die Holzerntemaschine tätig werden, denn auch dort wurde der Befall festgestellt.
Liebhaber und Feinde zugleich
Die flach wurzelnde Fichte kann ihren Wasserbedarf nicht mehr ausreichend decken. "Ideal für den Buchdrucker und den Kupferstecher, die beiden größten Liebhaber und Feinde der Fichte", erklärt Grumann und zeigt die Gänge in der Rinde. Sie bohren sich durch die Rinde und legen ihre Brutgänge im Bast der Bäume an. Dieser Bast besteht aus lauter kleinen Rohrleitungen, die den Baum bis in die Wurzelspitzen mit in den Nadeln produzierter Energie (Photosynthese) und Wasser versorgen.
Werden viele dieser Leitungen durch den Borkenkäfer unterbrochen, stirbt der Baum. Dazu braucht es natürlich einige Käfer, doch Buchdrucker und Kupferstecher vermehren sich unglaublich schnell. Ein Borkenkäferweibchen, von den Forstleuten "Mama" genannt, kann zwischen April und September 100 000 Nachkommen erzeugen. Im September wird die Mama dann "Uroma", vielleicht sogar "Ur-Uroma", denn in diesem Zeitraum können drei Generationen entstehen. Und auch die Töchter/Söhne/Enkel und Urenkel pflanzen sich ebenso eifrig fort - womit sich die gigantische Mehrung der Käfer auch rechnerisch beweisen lässt.
Regelmäßige Untersuchung ist Pflicht
Um einer Massenvermehrung vorzubeugen, sei es wichtig, mit geeigneten Präventions- und Bekämpfungsmaßnahmen gegen den Borkenkäfer vorzugehen, betonen die Forstleute. Überwachung und Eindämmung seien zunächst gesetzliche Pflichten der Waldbesitzer. Die Behörde rät deshalb allen Forstwirten im Landkreis, ihre Fichtenbestände regelmäßig auf Käferbefall zu untersuchen. Auch die Revierleiter der bayerischen Forstverwaltung werden in den nächsten Monaten mit wachen Augen durch die Wälder gehen und die Besitzer bei der Kontrolle unterstützen, denn der Käferbefall ist erkennbar.
Borkenkäferbefall lässt sich an mehreren Symptomen erkennen. Im frühen Stadium sind Bohrlöcher und ausgeworfenes Bohrmehl zu sehen, das sich in Rindenschuppen, am Stammfuß, in Spinnweben und auf der Bodenvegetation sammelt. Grumann weist auch darauf hin, dass Käfer und Larven zu den Lieblingsspeisen der Spechte gehören, was auch an der vom Specht bearbeiteten Rinde zu erkennen ist. Andere Symptome sind helle Flecken (sogenannte "Spiegel") auf der Rinde - eine Folge der Tätigkeit der Spechte -, Rötung der Bäume beziehungsweise Abfall grüner oder roter Nadeln. Harzfluss am Kronenansatz kann auf Käferbefall hindeuten und sollte beobachtet werden.
Befallene Bäume müssen weg
Bekämpft werden kann der Borkenkäfer nur durch einen raschen Einschlag und die Entfernung der befallenen Bäume. Diese sollten mindesten 500 Meter vom nächsten Fichtenwald gelagert werden. Alternativ kann das Material gehäckselt und aus dem Wald gebracht oder unter einer schwarzen Folie gelagert werden, denn darunter entstehen Temperaturen von über 60 Grad Celsius, was die Käfer abtötet. Eine weitere Möglichkeit ist die Entrindung, allerdings muss die Rinde ebenfalls unter schwarzer Folie gelagert werden, wenn bereits Jungkäfer vorhanden sind.
"Das ist alles viel Arbeit", erklärt Heike Grumann, aber die Waldbesitzervereinigung Erlangen-Höchstadt und die Revierleiter des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten stehen den Waldbesitzern zur Seite. Gleiches gilt für die notwendigen Wiederaufforstungen, die zwangsläufig folgen müssen - denn wo Wald war, soll auch wieder Wald entstehen. Dabei setzen die Forstämter auf neue und andere Baumarten, meist Eichen, Ahorne oder andere Laubbäume, die viel Licht brauchen. "Zunehmend sind auch nicht heimische Baumarten gefragt, denen eine größere Wärme- und Trockentoleranz nachgesagt werden", erklären Grumann und Pröbstle.
Kostenloser Rat
Nach den Worten des Forstdirektors hatte man die letzten Jahre zunehmend "Puszta-Klima" und in Zukunft müsse man sic h auf klimatische Verhältnisse wie in Südfrankreich oder Spanien einstellen - weshalb die Forstbehörden längst auch mit anderen Baumarten experimentieren. Bei allen Aufforstungs- und Waldumbaumaßnahmen wird deshalb empfohlen, sich kostenlos vom örtlichen Förster unter Telefon 09131/ 88490 beraten zu lassen.