Das Wort klingt schwierig: Algorithmus. Aber eigentlich verbirgt sich dahinter etwas ganz einfaches. Anja Gärtig erklärt das so: Ein Algorithmus ist so etwas wie ein Rezept oder ein fester Handlungsablauf, wo ein Schritt auf den anderen folgen muss.

Demnach wäre die Anleitung, wie man aus Äpfeln, Bananen, Schokoguss und Smarties ein "Schokoschweinchen" herstellt, ein Algorithmus. Das haben die 17 Kinder der dritten Klasse in der Grundschule Neuses schnell verstanden. Ihnen ist auch klar, dass die Smarties für die Augen erst am Schluss aufgeklebt werden können - vorher muss das Obst mit der Schokolade überzogen werden. Auf die richtige Reihenfolge kommt es nämlich beim Algorithmus an.

Den Kindern läuft angesichts all dessen (und weil bald die zweite Pause kommt) das Wasser im Mund zusammen. "Ich schicke euch die Rezeptkarten, dann könnt ihr die Schokoschweinchen vielleicht mal selbst herstellen", verspricht Anja Gärtig. "Aber jetzt wollen wir erst mal selbst programmieren."

Schlagartig sind Apfel und Schokolade vergessen. Nun geht es um den Kater "Scratch", der mit Hilfe eines kleinen Programms auf dem Tablet-Computer dazu gebracht werden kann, sich zu bewegen. Er kann nach vorne, zurück, links, rechts, hoch und runter - und diese Schritte müssen in eine sinnvolle Reihenfolge gebracht werden, erläutert Anja Gärtel den Kindern. "Wenn man an einem Programm arbeitet, muss man sich auf einen Ablauf einigen." Sie zeigt, wie es geht, dann dürfen die Kinder selbst dem virtuellen Kater Leben einhauchen. "Bei uns hat Scratch immer einen Looping gemacht", erzählt Jahzara. "Man muss dem Computer genau sagen, wie er die Figur steuern soll", bekräftigt Anja Gärtig. Sonst springt Scratch womöglich hoch und kommt nicht mehr herunter.

Das Programm "Scratch Junior" ist frei erhältlich, die Computerschulung für die Neuseser Schulkinder aber ist etwas Besonderes. Anja Gärtig und ihre Kollegin Anke Steinhäuser kommen von der Universität Bamberg. Dort befasst sich die Forschungsgruppe Elementarinformatik mit der Frage, wie schon Kindergarten- und Grundschulkindern das Thema Computertechnik näher gebracht werden kann. Jasmin Müller-Alefeld, die Leiterin der Grundschule Neuses, hörte von dem Programm bei einer Infoveranstaltung in Bamberg und meldete ihre Schule gleich an.

Die Klassen Zwei bis Vier machen nun insgesamt sieben Tage Computerkurs. Sie lernen den Unterschied zwischen analog und digital, können erzählen, was Pixel sind und wissen nun auch, was ein Algorithmus ist, auch, wenn sich nicht jeder das schwierige Wort gleich merken konnte. Nach jeder Stunde dürfen die Kinder ankreuzen, wie es ihnen gefallen hat.


Computer sind Alltag

"Es wird kindgerecht erklärt, und es interessiert sie auch", hat Jasmin Müller-Alefeld beobachtet. Dass die Kinder schon in der Grundschule mit PC und Tablet umgehen, hält sie für unumgänglich. "Sie sehen es bei ihren Eltern ja auch." Deshalb gibt die Schule zum Beispiel auch Tipps für geeignete Lern-Apps. "Ein Buch liest keiner mehr. Aber mit der Lese-App tun es die Kinder!", sagt Müller-Alefeld.

Nicht nur die Schüler, auch Lehrer und Eltern dürfen (und sollen) ihre Meinung zu dem Computerkurs abgeben. Die Lehrer werden von Anfang an einbezogen: Sie erhalten die Handbücher für die Unterrichtseinheiten und dürfen sie kommentieren. "Ob das Konzept funktioniert, müssen uns die Lehrer sagen", erläutert Anja Gärtig. Sie selbst ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität, keine Lehrerin. In der Forschungsgruppe Elementarinformatik arbeiten Informatiker, Pädagogen und Didaktiker zusammen. Ziel ist, es Materialien zu entwickeln, die die Kinder an das Thema Computertechnik heranführen. Um Programmiersprachen geht es dabei (noch) nicht, sondern um grundlegende Funktionsweisen. Dass Computertechnik auch etwas mit vielen Nullen und Einsen ist, lernen die Kinder, wenn es um die Pixel geht. Ansonsten werden Programme verwendet, die allgemein verfügbar sind, "damit die Kinder das auch zu Hause machen können", sagt Anja Gärtig.


Über die App

ScratchJr wurde 2014 speziell für Kinder entwickelt, um ihnen auf spielerische Weise das Programmieren näher zu bringen. Es müssen dabei aber keine Programm-Codes eingegeben werden. Die einzelnen Bewegungen, die Scratch machen kann, werden durch Bildchen (Icons) symbolisiert. Sie müssen sinnvoll aneinandergereiht werden, damit Scratch über den Bildschirm springt.