Zur einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten ist der Leiter eines Neustadter Speditionsunternehmens verurteilt worden. Die Erste große Strafkammer am Landgericht Coburg sah es als erwiesen an, dass der Mann systematisch Daten gefälscht hat, um die Lenk- und Ruhezeiten seiner Fahrer zu verschleiern. Hinter Gitter muss der Neustadter aber nicht, denn die Strafe ist zur Bewährung ausgesetzt; die Bewährungszeit beträgt drei Jahre. Außerdem muss der Mann 15 000 Euro an drei gemeinnützige Einrichtungen zahlen.

Es geht um einen raffinierten Fall der Datenmanipulation: Da Lkw-Fahrer, nach stundenlanger Fahrt ermüden und dadurch das Unfallrisiko steigt, sind vom Gesetzgeber regelmäßige Lenk- und Ruhezeiten vorgesehen. Wie Verhandlung zeigte, wurden diese in dem Speditionsunternehmen jahrelang systematisch manipuliert.

Laut dem Vorsitzenden Richter Christoph Gillot plante der Angeklagte die Fahrten und wusste, dass die Mitarbeiter unter erheblichem Zeitdruck standen. Wie in der Verhandlung deutlich wurde, waren die Touren auf legalem Weg nicht zu schaffen, deshalb wurde getrickst und zwar mit einem Hochleistungsmagneten. Der stört die Aufzeichnungen des Fahrtenschreibers und somit können viele Kilometer gefahren werden, ohne das dies bei einer polizeilichen Kontrolle auffällt. Der Angeklagte hat laut Gillot die "Magnetfahrten" entweder selbst veranlasst oder sie gebilligt. Gillot: "Als Chef des Unternehmens hätte er die Fahrten aber so disponieren müssen, dass für die Mitarbeiter kein Zeitdruck entsteht."

Zusätzlich wurden mehrere Fahrerkarten verwendet, um den Eindruck zu erwecken, dass sich mehrere Lkw-Lenker die langen internationalen Touren teilen. Wie Richter Gillot weiter ausführte, hätten die Fahrer im Zeugenstand zwar robust, aber glaubhaft und authentisch den immensen Stress und Zeitdruck bestätigt. "Sie haben mit einem gescheiten Groll ausgesagt", so Gillot. Die Opferrolle, die der Angeklagte dem Gericht weismachen wollte, nahm Richter Gillot ihm nicht ab. "Der Angeklagte war weisungsbefugt, und er wusste, wie er mit seinen Mitarbeitern umgehen musste."

Für den komplexen Fall der Datenfälschung, der 24 Ordner füllt, waren ursprünglich 20 Verhandlungstage vorgesehen, dass bereits am neunten Verhandlungstag das Urteil fiel, ist einem Verständigungsgespräch zu verdanken und dem Geständnis des Neustadters. Die 158 Einzelfälle, die am Landgericht Coburg behandelt wurden, sind laut Gillot aber nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was im dem Unternehmen gefahren wird. "Wir dürfen nicht vergessen, dass es in der Summe unheimlich viele Fahrten gibt und es nicht nachweisbar ist, dass jede Tour manipuliert wurde."

Ein gewerbsmäßiges Handeln sah das Gericht nicht gegeben, denn dazu müsste laut Gillot nachgewiesen werden, dass der Angeklagte selbst und nicht das Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil gezogen haben. Die sogenannte Vermögensabschöpfung soll in einem gesonderten Verfahren behandelt werden.

Ein Berufsverbot sprach das Gericht nicht aus, da der Neustadter glaubhaft versicherte, dass er sich aus dem Speditionsbereich zurückziehen werde. Gegen das Urteil kann noch Revision eingelegt werden.


Kein Zusammenhang
Anmerkung
Die Unternehmer Wolfgang Heland und Rainer Kessler aus Neustadt stellen klar, dass ihre Speditionsfirmen in keinem Zusammenhang mit dem am Freitag am Landgericht Coburg zu Ende gegangenen Prozess stehen.