Der Mann aus Neustadt ist am Mittwoch wegen versuchtem Mordes zu einer hohen Haftstrafe verurteilt worden. Für neun Jahre und sechs Monate muss er hinter Gitter. Die Erste Große Strafkammer des Landgerichts Coburg unter dem Vorsitz von Richter Christoph Gillot sah in der Messerattacke eine hinterlistige Tat mit erheblicher krimineller Energie.

Ein sachverständiger Psychiater bescheinigte dem Mann nun eine Persönlichkeitsstörung. Diese weise narzisstische und schizophrene Züge auf. Zudem habe der Mann ein depressives Syndrom. Allerdings hatte diese Erkrankung laut dem Psychiater keinen Einfluss auf die Steuerungsfähigkeit des 49-jährigen am Tattag. Die Messerattacke hatte der Beschuldigte, der von einem Dolmetscher begleitet wurde, am ersten Verhandlungstag umfangreich zugegeben. Allerdings bestritt er eine Tötungsabsicht. Er beschrieb die Tat als Antwort auf das, was die Frau ihm angetan habe. Richter Gillot: "So was hört man nicht oft als Richter. Diese sich selbst darstellende Offenheit hat eine gewisse Theatralik."


Zwei Wahrheiten

Wie Richter Gillot am Mittwoch in seiner Urteilsbegründung ausführte, gebe es zwei Wahrheiten. Eine Wahrheit sei die des Beschuldigten, wonach ihm seine Frau und deren Umfeld zur dieser Attacke getrieben hätten. Für den 49-Jährigen sei die Tat ein logischer Schritt gewesen. "Man könnte übersetzen, aus seiner Sicht war sie selbst schuld." Die andere Wahrheit sei aber, dass die Geschädigte zwar eine Mitschuld an der häuslichen Misere gehabt habe. Allerdings lägen diese Probleme lange vor dem Zeitpunkt der Tat zurück. Ganz erheblichen Anteil an den familiären Problemen, so Gillot, habe vielmehr der Beschuldigte. Denn er habe sich in Kneipen und Spielcasinos zurückgezogen, Schulden gemacht und sei in Selbstmitleid zerflossen.

Nachdem die 41-Jährige im Jahr 2014 ausgezogen sei, sei er mit der zunehmenden Emanzipation seiner Frau nicht klar gekommen. Er habe dies als Niederlage, Demütigung und Schmach empfunden und in der Folge Tötungsfantasien gehabt. "Es ging in den Fantasien darum zu töten und nicht ums Verletzten." Am Tattag sei der 49-Jährige planvoll vorgegangen.
Der Vorgang wurde vor Gericht nun so geschildert: Der Angeklagte rief demnach am Abend in der Gaststätte an, um sicher zu gehen, dass sich seine Frau dort aufhält. Als er im Auto merkte, dass er das Messer vergessen hatte, ging er zurück, um dieses aus der Küchenschublade zu holen. Er fuhr zur Gaststätte, wo er am Hintereingang klopfte. Das Messer hatte er hinter seinem Rücken verborgen. Als seine Frau arglos aus der Küche kam, rammte er ihr die Klinge mit Wucht in das Gesicht und verließ, ohne sich um die Verletzte zu kümmern, den Tatort. An seiner Arbeitsstelle ließ er sich schließlich festnehmen. Nach der Tat postete er einen Eintrag in dem sozialen Netzwerk Facebook.


"Dies war ein kaltblütig geplanter Mordversuch"

"Dies war ein kaltblütig geplanter Mordversuch", schloss der Richter aus diesen Verhaltensweisen. Die Frau habe den Angriff nur überlebt, weil Ersthelfer die Verletzung fachgerecht versorgt hatten und das Messer nicht entfernt wurde. Gillot: "Es ist nur glücklichen Umständen zu verdanken, dass sie noch lebt."

Dem Mann kam zugute, dass er nicht vorbestraft ist, teilgeständig war und sich der Polizei stellt hatte. Mit dem Strafmaß blieb das Gericht unter dem von Oberstaatsanwalt Martin Dippold geforderten zehn Jahren und sechs Monaten. Rechtsanwalt Albrecht von Imhoff überließ das Strafmaß dem Gericht. Von Imhoff: "Man sollte ihm in einer festen sozialtherapeutischen Einrichtung die Möglichkeit geben, seine Erkrankung behandeln zu lassen." Der 49-Jährige muss zudem 25.000 Euro Schmerzensgeld an seine Noch-Ehefrau zahlen. Der Urteil ist rechtskräftig.