Gabriele Vogel hat bedächtig ausgewählt: "Als ich erfahren habe, dass wir uns 100 Bücher wünschen dürfen, konnte ich es kaum glauben." Die Leiterin der Koordinationsstelle für Asylbewerber und Flüchtlinge stand am Samstag in der Bücherei vor 80 Gästen, darunter viele Ehrenamtliche, Flüchtlinge, Asylbewerber und Neubürger.

"Bei der Auswahl der Bücher habe ich an jeden Einzelnen gedacht und gezielt ausgewählt", fuhr Vogel fort.
Die Bücherei in Rödental wurde als zweiter Standort in Bayern von der "LitCam" ausgewählt. Dabei handelt es sich um eine gemeinnützige Organisation, die sich für Bildungsgerechtigkeit und Integration einsetzt und im Jahr 2006 von der Frankfurter Buchmesse ins Leben gerufen wurde. Seit dem Start der Flüchtlingsinitiative zum Weltbildungstag 2015 richtete "LitCam" bereits 25 Lern- und Leseecken im ganzen Bundesgebiet ein und erreichte damit 15 000 Flüchtlinge.


Es braucht die Kümmerer

Gabriele Vogel stellte den Verantwortlichen von "LitCam" die Bücherei in Rödental und ihre Arbeit - die von 30 Ehrenamtlichen mit getragen wird - vor. Und prompt wurde Rödental ausgewählt. Das freute auch Bürgermeister Marco Steiner (FW): "Der Schlüssel zur Integration ist nicht nur der Erwerb der Sprache, sondern, dass es Menschen gibt, die sich kümmern". An die Gäste richtete er einen Appell: "Wir hoffen, dass Sie fleißig Bücher ausleihen und noch mehr Leben in die Bücherei bringen."


Der 23-jährige Morhaf Orabi stammt aus Syrien und kam zusammen mit drei Brüdern, einem Cousin und einem Nachbarn in die Bücherei. "Es ist gut, dass jetzt auch arabische Bücher ausgeliehen werden können", sagte er. Es gebe schließlich viele Familien aus Syrien in Rödental, sein Cousin Mostafa Orabi hatte für das große internationale Büffet eine besondere Spezialität aus seiner Heimat zubereitet. "Ich habe Warbat gemacht", sagte er. Dabei handelt es sich um eine Süßigkeit mit Milch und Joghurt, die als Nachspeise gegessen wird. Insgesamt acht Nationen feierten die Einweihung der neuen Leseecke in der Bücherei. Viele von ihnen bereiteten spezielle Leckereien für ein ganz besonderes Büffet zu: "Wir haben heute ein deutsch-syrisch-afghanisch-russisch-äthiopisch-ukrainisch-iranisch-irakisches Speisenangebot", freute sich Vogel.


Die 100 Bücher sind in vier Sprachen erhältlich und können ab sofort ausgeliehen werden: Arabisch, Persisch, Russisch und Dari, das in Afghanistan gesprochen wird. Darunter finden sich Bücher zum Erlernen der deutschen Sprache, Fachbücher für den beruflichen Bereich, zweisprachige Bilderbücher und Sprachspiele, aber auch traditionelle Märchen und Geschichten. Gabriele Vogel hat sich bei der Auswahl der Bücher überlegt, was sie in einem fremden Land vermissen würde: "Das wären die deutschen Märchen der Gebrüder Grimm."

Deshalb hat sie für die im Stadtgebiet lebenden Flüchtlinge auch Bücher über den im türkisch-islamischen Sprachraum bekannten Nasreddin Hodscha und die arabischen Märchen aus 1001 Nacht ausgewählt.


Andersrum lesen

Damit lag sie goldrichtig: Morhaf Orabi hat sich die Sammlung morgenländischer Erzählungen sogleich ausgeliehen, zusammen mit einer Geschichte der Hamburger Autorin Kirsten Boje. "Arabisch wird ja von rechts nach links gelesen", erklärt er und zeigt auf eine Seite im Buch. Orhabis Cousin wurde ebenfalls fündig und ist zufrieden: "Wir freuen uns jetzt auf das Lesen."