• Coburg: Brose stoppt Investitionen in Höhe von 24 Millionen Euro
  • "Mangelnde Unterstützung": Autozulieferer erhebt Vorwürfe gegen Stadt
  • Rathaus weist Schuld von sich - "klare Aussagen offenbar missverstanden"
  • "Herber Rückschlag": IHK warnt vor weitreichenden Folgen in der Region 

Paukenschlag in Oberfranken: Der Automobilzulieferer Brose hat die Einstellung "aller weiteren Baumaßnahmen am Standort Coburg" verkündet. Als Grund für die Maßnahme nennt das Unternehmen zum einen die aktuelle wirtschaftliche Lage. In einem Mitarbeiteraushang, der inFranken.de vorliegt, wirft die Brose-Führung der Stadt Coburg zugleich "mangelnde Unterstützung der logistischen Anforderungen des größten industriellen Arbeitgebers" vor. Aufseiten der Stadt reagiert man mit Verwunderung auf die harsche Kritik. 

Coburg: Brose stoppt Millionen-Investitionen - Unternehmen äußert Unmut gegenüber Stadt

Laut dem internen Firmendokument haben Gesellschafter, Beirat und Geschäftsführung die Bauarbeiten in Coburg bereits am 17. Oktober 2023 gestoppt. "Dies betrifft vor allem den geplanten Neubau einer Fertigungshalle für Kunststoffspritzteile und 3D-Druck-Erzeugnisse", heißt es. "Damit entfallen Investitionen in Höhe von 24 Millionen Euro." Insbesondere mit Blick auf die Transportwege beklagt Brose folgenschwere Versäumnisse vonseiten der Stadt.

"Die Infrastrukturbedingungen für das im Bau befindliche Logistikzentrum waren der vierspurige Ausbau der Engstelle Weichengereuth und die Ertüchtigung der Uferstraße, die künftig deutlich mehr Brose-Lastzüge aufnehmen muss", hält die Geschäftsführung fest. Beide Projekte würden nach Aussagen der Vertreter der Coburger Stadtverwaltung vom 10. Oktober 2023 gleichwohl abgelehnt, beanstandet der Zulieferer. Doch damit nicht genug. "Auch die von der Stadt zugesagten 250 Stellplätze für Fahrzeuge unserer Mitarbeiter im Globe-Parkhaus werden nicht zur Verfügung gestellt, weil das Gebäude nicht gebaut wurde", heißt es im Aushang für die Beschäftigten weiter. 

Stattdessen werde nun auf dem Baufeld des Kunststoffgebäudes eine Parkfläche mit 300 Stellplätzen errichtet. Das Unternehmen wirft der Stadt hinsichtlich der Verkehrssituation rund um den Standort ferner eine Belästigung von Anwohnern sowie eine Gefährdung seiner Angestellten vor. "Nach den Vorstellungen der Vertreter der Stadt Coburg soll weiterhin der Schwerlastverkehr über den Brose-Kreisel und die Bamberger Straße Richtung Innenstadt fahren, die dortigen Anwohner mit Lärm und Abgasen belästigen und unsere Mitarbeiter am Werkseingang gefährden."

"Klare Aussagen offenbar missverstanden": Stadt Coburg weist Schuld deutlich von sich

Im Rathaus wehrt man sich gegen die erhobenen Anschuldigungen. "Die Stadt Coburg ist erstaunt über die von der Firma Brose geäußerten Vorwürfe", heißt es in einem aktuellen Statement der Stadt Coburg, das inFranken.de vorliegt. Die Stadt sieht das Versäumnis beim Autozulieferer. Was den vierspurigen Ausbau des Weichengereuth anbelange, müsse dem Unternehmen vor Beginn seiner Neubauplanung klar gewesen sein, dass ein Ausbau selbst bei Zustimmung des Stadtrats nicht rechtzeitig fertiggestellt sein könne. "Denn für einen Ausbau der Bundesstraße benötigt es nach Bundesgesetzgebung zwingend ein Planfeststellungsverfahren", teilt die Stadt mit. "Dieses dauert in der Regel acht bis 15 Jahre, ehe der erste Bagger rollen kann."

In Gesprächen mit Brose sei mehrfach darauf hingewiesen worden, dass die "vermeintliche Engstelle" selbst bei einem 2022 erfolgten Planungsbeginn "noch viele Jahre" nach Fertigstellung der Brose-Fertigungshalle und des Logistikzentrums bestehen geblieben wäre. "Auch in Bezug auf die Uferstraße sind offenbar klare Aussagen der Stadt missverstanden worden", hält die Stadt in ihrer Stellungnahme fest.

"Wir haben Brose am 10. Oktober mitgeteilt, dass der Lastkraftverkehr bis 40 Tonnen über die Uferstraße wie gewünscht praktisch uneingeschränkt möglich ist", wird Peter Cosack zitiert. Laut dem Leiter des Baureferats sei dem Unternehmen zudem erklärt worden, dass der "Brose-Kreisel" mit Südzufahrt eine leistungsstarke Verkehrsanbindung darstelle. Diese könne selbst bei einer sanierungsbedingten Vollsperrung des Weichengereuth ab 2025 den entsprechenden Lieferverkehr "problemlos" abbilden.

OB Sauerteig äußert sich zu Brose: "Werden intensive Unterstützung auch künftig aufrechterhalten"

"Auch an Parkflächen wurden Brose von der Stadtverwaltung mehrfach Angebote unterbreitet", konstatiert die Stadt. Der Neubau eines Parkhauses am ehemaligen Güterbahnhof sei indes für die Stadt Coburg wirtschaftlich nicht darstellbar gewesen - "auch aufgrund fehlender langfristiger unternehmerischer Anmietungen". Die Stadt halte weiterhin an ihren Angeboten für weitere Parkplätze fest, die Brose anmieten könne. 

Den Vorwurf der Brose-Führung hinsichtlich einer mutmaßlichen mangelnden Unterstützung weist die Stadt von sich. "Die deutliche Mehrheit des Coburger Stadtrats und die gesamte Stadtverwaltung haben die Planungen von Brose stets konstruktiv und unbürokratisch unterstützt", wird Oberbürgermeister Dominik Sauerteig (SPD) in der Stellungnahme zitiert.

"Diese intensive Unterstützung werden wir auch künftig aufrechterhalten, schließlich ist der Wirtschaftsstandort Coburg entscheidend für die Lebensqualität in Coburg", so der OB. Seine "hohe Wertschätzung gegenüber der Leistung des Unternehmens" habe er erst im September anlässlich des Mitarbeitertags zum Ausdruck gebracht, erklärt Sauerteig.

"Herber Rückschlag": IHK warnt nach Brose-Baustopp vor weitreichenden Folgen in der Region 

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) sieht den abrupten Brose-Baustopp derweil mit erheblichen Folgen für die gesamte Region verbunden. "Dies ist ein herber Rückschlag für unseren heimischen Standort, der in seinen Auswirkungen weit über das Stadtgebiet hinausreicht", wird Andreas Engel, Präsident der IHK zu Coburg, in einer Pressemitteilung vom Mittwoch (25. Oktober 2023) zitiert. Die Entscheidung des Unternehmens habe man "mit allergrößtem Bedauern" aufgenommen. Gerade in der aktuellen "äußerst düsteren" Wirtschaftslage müsste es laut Engels Auffassung "doch der Anspruch einer wirtschaftsfreundlichen Stadt sein, dass bei Investitionsvorhaben Unternehmen und Verwaltung Hand in Hand arbeiten". Von derartigen Projekten profitiere schließlich auch die jeweilige Kommune, so der IHK-Präsident.

Wie Brose fordert auch die IHK den vierspurigen B4-Ausbau. Aktuell erweise sich der besagte Streckenabschnitt "tagtäglich als überaus stauanfälliges Nadelöhr". Ein Ausbau hätte nach Einschätzung der IHK "viele positive Effekte". Die ins Auge gefassten Sanierungsmaßnahmen im Bereich Weichengereuth sieht man dagegen mehr als kritisch. "Während der Sanierung soll der Bereich komplett gesperrt werden, was bedeutet, dass von monatelangem Verkehrschaos auszugehen ist", heißt es in der Mitteilung der IHK. Wie Brose in seinem Mitarbeiteraushang erklärt, werden die laufenden Baumaßnahmen nur in Coburg eingestellt. Der Standort Bamberg ist demnach nicht betroffen.

Anders als in Coburg würden die umfangreichen Bauvorhaben in Bamberg fortgesetzt, da dort durch den bereits gegebenen Baufortschritt ein Baustopp wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll sei. Hinzu komme, dass die Maßnahme in Bamberg durch die dortige Stadtverwaltung und den Stadtrat "kooperativ unterstützt" werde. "Nach den erheblichen Infrastrukturinvestitionen der Stadt Bamberg, einschließlich des Ausbaus des Flugplatzes Breitenau im Rahmen der Ansiedlung, wird die aktuelle Erweiterung durch Infrastrukturmaßnahmen in Höhe von sechs Millionen Euro unterstützt", heißt es vonseiten der Brose-Geschäftsführung. Weitere Nachrichten aus Coburg und Umgebung findet ihr hier.