"Uaaah!" Eva Schmittlutz schreit laut auf. Dabei war es gar nicht ihr eigener Hals, den Tamme Hanken mit seinen bratpfannengroßen Händen um fast 90 Grad herumgerissen hat. "Ooooooo", jault Nina auf. "Jetzt kannst du auch wieder schwingen", stellt Hanken trocken fest. Die Versteinerung der im Hofe Versammelten löst sich langsam. Weil feststeht: Nina Stauffenberg hat die Prozedur offenbar unbeschadet überstanden. Und auch Fräulein Wunda, ihrem Pferd, geht es gut. Wesentlich besser als vor der Begegnung mit dem Hünen aus dem hohen Norden. Dienstagmittag steuerte der aus Film und Fernsehen als "Knochenbrecher" bekannte ostfriesische Pferde-Chiropraktiker seinen wuchtigen Pick-up auf den Haflingerhof Schmittlutz.

Seit dem Sommer ist Eva Morgenroth gemeinsam mit ihrer Mutter Birte hinter dem Ostfriesen her. Übers Internet haben sie ihn aufgestöbert. Diese Woche endlich kam die Nachricht, dass Hanken durch Franken tourt. Julia Bäuerlein musste nun noch vier weitere Pferdebesitzer finden, die Hanken wegen hipplogischer Fragen und Probleme zurate ziehen wollten. Denn erst ab Fünfen steuert der einen Stall an.



Eva konnte ihr Springpferd Iwan nicht vorstellen, weil der sich noch von einer schweren Kolik-Operation erholen muss. Dabei ist Eva seit vielen Jahren von Hanken absolut begeistert. So wie andere im Stall. Julia, die Fragen zu ihrem Traber-Wallach Bonito hatte. Nicole Linser , die über ihren Schimmelwallach Hero Aufschluss wollte. Der hat Probleme an der Hinterhand. Nina Stauffenberg beschäftigte die "Schiefe" ihrer Anglo-Araber Stute Fräulein Wunda. Janine Kraft wollte wissen, was Warmblut-Wallach Leon beim Hufegeben Probleme bereitet, und Arite Schima wiederum wunderte sich schon länger über die "Beulen" an den Beinen des jungen Warmbluts Harlekin. Mehrmals wird der Zeitpunkt verschoben, das Warten unerträglich, auch, weil Hebamme Nina in der Klinik gebraucht wird. "Moin miteinander."

Frischer Friesen-Humor zur Diagnose

Der "XXLOstfriese" aus dem Fernsehen ist doch noch angerollt! Dann geht's Schlag auf Schlag mit Untersuchung, Diagnose, Therapievorschlag. Zuerst will der Knochenbrecher von allen Mädels wissen: "Was reitest du?" Dann müssen sie die Pferde im Schritt und Trab vorführen, sie im Anschluss ein Stück rückwärts treten lassen. Mit zwei seiner Riesenfinger fährt Hanken an der Wirbelsäule der Pferde entlang. Die jeweilige Reaktion gibt ebenso Aufschluss über die Probleme der Vierbeiner, wie der rechte Winkel, den er mit einem kaum sichtbaren Teil in seiner Pranke auf dem Pferdeschenkel "beschreibt" oder wenn er dem Tier den Hals (ver-)biegt. Dann werden die Vorderbeine durchgeschüttelt, die Hinterbeine lang gezogen. Gefolgt vom Blick ins Maul und der Anprobe des Sattels. "Die erste Frage, die man sich stellen muss, ist: War der Sattler besoffen?" Hanken würzt seine nüchternen Diagnosen mit frischen Prisen Friesen-Humor.

Die Pferde bleiben, abgesehen von den durch Hankens Hände ausgelösten Reaktionen, ruhig. Die Menschen werden locker. Oder aktiv gelockert wie Nina, weil sie schief auf ihrem Fräulein saß. Probleme der Menschen werden zu denen ihrer Pferde. Eugenie Schmittlutz ist genauso fasziniert wie Schwiegertochter Anita. Nur Franz Schmittlutz setzt friesischer Kühle trockenes fränkisches Understatement entgegen. "A bissla was weiß er scho." Und gibt ihm in etlichen Therapie-Anordnungen recht: "Die Gäul brauchen freilich mehr Bewegung und die einfachen Trensen sind am besten." Weil der Friese seine Diagnosen nur so heraussprudelt, gibt es für jeden Patienten ein eigenes Blatt mit individuellen Anleitungen zum Nachlesen. Teil der 180-Euro-Behandlung.

Das fachkundige Publikum ist ebenso begeistert wie die Besitzerinnen der behandelten Vierbeiner. Da hält es auch Anita Schmittlutz nicht mehr: Sie will nun auch Kaltblut-Wallach Paul anschauen lassen: Alles ok! Tipps zu den Hufeisen und ein Super-Kompliment vom Riesen-Friesen: "ein schönes Feeerd". Noch besser als im Fernsehen finden die Mürsbacher den 52-Jährigen. Ob er 2013 nicht noch mal kommen könnte, fragt Eva Morgenroth. "So weit is Bayern ja nu auch nicht weg", sagt Hanken...