61 Rehe wurden in zwei Stunden in einem Gebiet von 152 Hektar erlegt. Das hat Stephan Keilholz absolut überrascht - und Ulrich Steckelberg völlig aus der Fassung gebracht. So sehr, dass sich der Bamberger wegen Dingen, die er über diese Jagd erfahren hat, an die Öffentlichkeit wendet. Das Thema beschäftigt die Szene: Am 12. Januar fand im Staats-Jagdrevier Edelmannsberg bei Frensdorf eine so genannte Drückjagd des Forstbetriebs Forchheim statt, bei der die genannte Zahl an Rehen zur Strecke gebracht wurde. Der auf drei Jahren ausgelegte Abschussplan sieht hier eine jährliche Zahl von 20 Tieren vor. Das Jagd-Ergebnis werten Forstbetriebsleiter Keilholz und Jäger Steckelberg vollkommen unterschiedlich.
Wie Keilholz argumentiert, habe im genannten Revier der Verbiss, also die Schäden durch Rehe an den obersten und wichtigen jungen Eichentrieben, den so genannten Leittrieben zugenommen. Genau die sind wichtig, wenn es um das natürliche Nachwachsen (Verjüngung) des Waldes geht. Im Übrigen war die Abschuss-Zahl von 18 jährlich bis 2015 aufgrund des Verbisses für die folgenden drei Jahre auf jeweils 20 jährlich erhöht; schließlich sei auch vom zuständigen Revierleiter Berthold Schultheiß erstmals eine Drückjagd in dem Gebiet vorgeschlagen worden.
Drückjagd bedeutet, dass Druck auf das Wild gemacht, durch Treiber für Unruhe gesorgt wird und dann in einer gemeinsamen Aktion (jeweils vom Hochsitz aus) gejagt wird. Was Keilholz einerseits als effizient und zugleich auch als schonend für das Wild bezeichnet: Es werde an einem Tag für zwei Stunden gejagt, was Stress für die Tiere bedeute. Danach seit wieder Ruhe im Revier. Nicht wie bei anderen Varianten, bei denen täglich auf dem Hochsitz Betrieb ist.
Seckelberg kritisiert aber genau hier, dass nicht wie üblich von Hochsitzen mit drei Metern Höhe, sondern von Kletterhochsitzen aus bis zu etwa 15 Meter hohen Hochsitzen geschossen ("geballert") wurde, was seiner Meinung nach das Risiko erhöht, dass Tiere angeschossen werden, die man dann nur schwer findet und die elend sterben würden.
Betriebsleiter Keilholz und Förster Schultheiß bestätigen auf Nachfrage, dass man in drei Fällen mit Hunden nachsuchen musste. Was allerdings durch die Zahl von 61 erlegten Rehen in gewisser Weise relativiert werde.
Mit vier Treibern, drei Hunden und etwa 20 Jägern habe man die Vorgaben eingehalten, so Keilholz. Im Vorfeld hatte Revierleiter Berthold Schultheiß die Aktion innerhalb von eineinhalb Wochen akribisch vorbereitet. Während der Jagd selbst werde nicht etwa mit Handy unter einander kommuniziert, erklären die Beiden auf Nachfrage. "So sei man am Ende wirklich überrascht gewesen von der hohen Zahl an Rehen, während nur fünf Wildschweine erlegt wurden." Verwundert sei man darüber gewesen, dass sich so viele Rehe im Wald aufgehalten hatten.
Seckelberg verwundert das hingegen nicht. Weil die Rehe auf den Feldern nichts mehr fänden, zögen sie sich in den Wald zurück erklärt er und kritisiert den Zeitpunkt im Winter: Wenn man Spaziergänger und Jogger schon anhalte, Wild nicht unnötig zu stören und damit zu stressen, zumal auch das Ende der Jagdzeit kurz bevor stehe.
Dem halten Keilholz und Schultheiß entgegen, es sei nicht leicht im gesamten Zuständigkeitsgebiet Jagden zu koordinieren, weil immer auch ausreichend Jäger zur Verfügung stehen müssen. "Wir können nicht zu viele Jagden auf einmal machen." Seckelberg moniert zudem, dass zu diesem Zeitpunkt die geschützten Böcke nicht gut als solche zu erkennen seien, da sie ihr Gehörn abgeworfen hätten. Versehentlich wurden bei besagter Drückjagd auch Böcke geschossen, bestätigen die Staatsforst-Herren.
Im Gegensatz zu Seckelberg sprechen sie von einer Vielzahl von Rehen, die sich auch nach der Drückjagd noch im Revier Edelmannsberg aufhalten, was sie an frischen Spuren festmachen. Weil man zwar den Dreijahresabschussplan erfüllt habe, aber dennoch auch 2018 wieder Rehe schießen müsse, müsse man mit der Unteren Jagdbehörde am Landratsamt sprechen, um die Zahlen des Abschussplanes zu korrigieren.
Wüsste Klaus Teufel von diesem Ansinnen, würde der Vorsitzende des rund 750 Mitglieder zählenden Jagdschutz- und Jägervereins Bamberg vermutlich in die Luft gehen. Er stellt sich auf die Position: "Es gibt gesetzliche Vorgaben, die alle gleich einzuhalten haben. Somit ist die nächsten drei Jahre die Erlegung von Rehwild in diesem Revier einzustellen." Wie Seckelberg führt er ins Feld, dass vor der Drückjagd bereits 19 Rehe geschossen waren und fordert, dass sich auch der Staat an die gesetzlichen Vorgaben halten müsse.
Drückjagden bei Rehen sieht er wie Steckelberg generell als problematisch. Freilich gebe es Befürworter jeder Methode bemüht er sich um Diplomatie. Dennoch wird in Gesprächen mit den Jägern doch großer Unmut wegen besagter Drückjagd deutlich. Wobei sich Keilholz und Schultheiß auf der anderen Seite bestätigt sehen und auf gerade in diesem Revier starken Verbiss verweisen. Nur wenige Kilometer entfernt im Bruderwald sehe die Situation ganz anders aus. Gerade wegen des Klimawandels sei im Wald eine erfolgreiche natürliche Verjüngung unabdingbar.
Kommentar von Redakteurin Anette Schreiber:
Streit im Wald
Wenn es ein Dauer-Aufreger-Thema gibt, dann gehört die Sache mit der Jagd ganz gewiss dazu. Jäger leiden in Nicht-Jäger-Kreisen oftmals unter einem schlechten Image. Und dann beharken sich die vorrangig im Wald beruflich und freizeitmäßig Tätigen auch noch untereinander: Die einen möchten beziehungsweise müssen einen schönen Wald heranwachsen sehen, der Fokus der anderen liegt dagegen eher auf schönem Wild. Wie immer im Leben geht es um Balance und Ausgleich. Freilich verbirgt sich hinter dem nun in die Öffentlichkeit getragenen Konflikt weitaus mehr, als hier stark vereinfacht zusammengefasst wurde.
Keinem der beteiligten Parteien, Jäger und Jagdverband einerseits, Staatsforsten-Mitarbeiter auf der anderen Seite, soll hier mangelnde Kompetenz oder beste Absicht abgesprochen werden. Wenn der Edelmannsberg-Konflikt eines zeigt, dann großes Engagement für Wald und Natur auf allen Seiten, eben nur mit diametral entgegen gesetzten Schwerpunkten.
Deswegen ist es gerade für den Laien nicht möglich, eindeutig Position zu beziehen, weil eben jede Partei über gute Argumente verfügt. Unterschwellig scheint es nur so, dass bei diesem Fall auch lange währende Positionen und Philosophien zum Tragen kommen. Fakt ist, dass der Forst sich um unser aller Gut, nämlich den auch für folgende Generationen zu erhaltenden und damit schützenden Wald und den dringend notwendigen Rohstoff Holz kümmert. Andererseits machen sich die oftmals gescholtenen Jäger zum Anwalt der Rehe. Beides ist notwendig.
Wie Keilholz argumentiert, habe im genannten Revier der Verbiss, also die Schäden durch Rehe an den obersten und wichtigen jungen Eichentrieben, den so genannten Leittrieben zugenommen. Genau die sind wichtig, wenn es um das natürliche Nachwachsen (Verjüngung) des Waldes geht. Im Übrigen war die Abschuss-Zahl von 18 jährlich bis 2015 aufgrund des Verbisses für die folgenden drei Jahre auf jeweils 20 jährlich erhöht; schließlich sei auch vom zuständigen Revierleiter Berthold Schultheiß erstmals eine Drückjagd in dem Gebiet vorgeschlagen worden.
Druck aufs Wild
Drückjagd bedeutet, dass Druck auf das Wild gemacht, durch Treiber für Unruhe gesorgt wird und dann in einer gemeinsamen Aktion (jeweils vom Hochsitz aus) gejagt wird. Was Keilholz einerseits als effizient und zugleich auch als schonend für das Wild bezeichnet: Es werde an einem Tag für zwei Stunden gejagt, was Stress für die Tiere bedeute. Danach seit wieder Ruhe im Revier. Nicht wie bei anderen Varianten, bei denen täglich auf dem Hochsitz Betrieb ist.Seckelberg kritisiert aber genau hier, dass nicht wie üblich von Hochsitzen mit drei Metern Höhe, sondern von Kletterhochsitzen aus bis zu etwa 15 Meter hohen Hochsitzen geschossen ("geballert") wurde, was seiner Meinung nach das Risiko erhöht, dass Tiere angeschossen werden, die man dann nur schwer findet und die elend sterben würden.
Betriebsleiter Keilholz und Förster Schultheiß bestätigen auf Nachfrage, dass man in drei Fällen mit Hunden nachsuchen musste. Was allerdings durch die Zahl von 61 erlegten Rehen in gewisser Weise relativiert werde.
Mit vier Treibern, drei Hunden und etwa 20 Jägern habe man die Vorgaben eingehalten, so Keilholz. Im Vorfeld hatte Revierleiter Berthold Schultheiß die Aktion innerhalb von eineinhalb Wochen akribisch vorbereitet. Während der Jagd selbst werde nicht etwa mit Handy unter einander kommuniziert, erklären die Beiden auf Nachfrage. "So sei man am Ende wirklich überrascht gewesen von der hohen Zahl an Rehen, während nur fünf Wildschweine erlegt wurden." Verwundert sei man darüber gewesen, dass sich so viele Rehe im Wald aufgehalten hatten.
Seckelberg verwundert das hingegen nicht. Weil die Rehe auf den Feldern nichts mehr fänden, zögen sie sich in den Wald zurück erklärt er und kritisiert den Zeitpunkt im Winter: Wenn man Spaziergänger und Jogger schon anhalte, Wild nicht unnötig zu stören und damit zu stressen, zumal auch das Ende der Jagdzeit kurz bevor stehe.
Dem halten Keilholz und Schultheiß entgegen, es sei nicht leicht im gesamten Zuständigkeitsgebiet Jagden zu koordinieren, weil immer auch ausreichend Jäger zur Verfügung stehen müssen. "Wir können nicht zu viele Jagden auf einmal machen." Seckelberg moniert zudem, dass zu diesem Zeitpunkt die geschützten Böcke nicht gut als solche zu erkennen seien, da sie ihr Gehörn abgeworfen hätten. Versehentlich wurden bei besagter Drückjagd auch Böcke geschossen, bestätigen die Staatsforst-Herren.
Weiter Wild vorhanden
Im Gegensatz zu Seckelberg sprechen sie von einer Vielzahl von Rehen, die sich auch nach der Drückjagd noch im Revier Edelmannsberg aufhalten, was sie an frischen Spuren festmachen. Weil man zwar den Dreijahresabschussplan erfüllt habe, aber dennoch auch 2018 wieder Rehe schießen müsse, müsse man mit der Unteren Jagdbehörde am Landratsamt sprechen, um die Zahlen des Abschussplanes zu korrigieren.Wüsste Klaus Teufel von diesem Ansinnen, würde der Vorsitzende des rund 750 Mitglieder zählenden Jagdschutz- und Jägervereins Bamberg vermutlich in die Luft gehen. Er stellt sich auf die Position: "Es gibt gesetzliche Vorgaben, die alle gleich einzuhalten haben. Somit ist die nächsten drei Jahre die Erlegung von Rehwild in diesem Revier einzustellen." Wie Seckelberg führt er ins Feld, dass vor der Drückjagd bereits 19 Rehe geschossen waren und fordert, dass sich auch der Staat an die gesetzlichen Vorgaben halten müsse.
Drückjagden bei Rehen sieht er wie Steckelberg generell als problematisch. Freilich gebe es Befürworter jeder Methode bemüht er sich um Diplomatie. Dennoch wird in Gesprächen mit den Jägern doch großer Unmut wegen besagter Drückjagd deutlich. Wobei sich Keilholz und Schultheiß auf der anderen Seite bestätigt sehen und auf gerade in diesem Revier starken Verbiss verweisen. Nur wenige Kilometer entfernt im Bruderwald sehe die Situation ganz anders aus. Gerade wegen des Klimawandels sei im Wald eine erfolgreiche natürliche Verjüngung unabdingbar.
Kommentar von Redakteurin Anette Schreiber:
Streit im Wald
Wenn es ein Dauer-Aufreger-Thema gibt, dann gehört die Sache mit der Jagd ganz gewiss dazu. Jäger leiden in Nicht-Jäger-Kreisen oftmals unter einem schlechten Image. Und dann beharken sich die vorrangig im Wald beruflich und freizeitmäßig Tätigen auch noch untereinander: Die einen möchten beziehungsweise müssen einen schönen Wald heranwachsen sehen, der Fokus der anderen liegt dagegen eher auf schönem Wild. Wie immer im Leben geht es um Balance und Ausgleich. Freilich verbirgt sich hinter dem nun in die Öffentlichkeit getragenen Konflikt weitaus mehr, als hier stark vereinfacht zusammengefasst wurde.
Keinem der beteiligten Parteien, Jäger und Jagdverband einerseits, Staatsforsten-Mitarbeiter auf der anderen Seite, soll hier mangelnde Kompetenz oder beste Absicht abgesprochen werden. Wenn der Edelmannsberg-Konflikt eines zeigt, dann großes Engagement für Wald und Natur auf allen Seiten, eben nur mit diametral entgegen gesetzten Schwerpunkten.
Deswegen ist es gerade für den Laien nicht möglich, eindeutig Position zu beziehen, weil eben jede Partei über gute Argumente verfügt. Unterschwellig scheint es nur so, dass bei diesem Fall auch lange währende Positionen und Philosophien zum Tragen kommen. Fakt ist, dass der Forst sich um unser aller Gut, nämlich den auch für folgende Generationen zu erhaltenden und damit schützenden Wald und den dringend notwendigen Rohstoff Holz kümmert. Andererseits machen sich die oftmals gescholtenen Jäger zum Anwalt der Rehe. Beides ist notwendig.