Viel los ist nicht an diesem Mittag rund um die Aussichtsplattform an der Heiliggrabstraße. Auf der Böhmerwiese stellen die Handwerker gerade die Buden für das Zwiebeltreterfest auf; oben, auf der schiefen Ebene des Glashauses, verliert sich ein einziges Besucherpaar.

Hans-Georg und Judith Albig aus Gera nehmen das Bamberger Gärtnerland in Augenschein, das sich zu Füßen der Ottokirche erstreckt. Es präsentiert sich an diesem Septembertag in grünem Gewand, auch wenn es längst nicht mehr bebaut wird. Offenkundig gefällt den Gästen aus Thüringen, was sie zu ihren Füßen erblicken. Sie wissen um die Besonderheit, die uraltes Gärtnerland inmitten einer Stadt darstellt.

Mit Resonanz zufrieden


Nicht immer ging es in den letzten Wochen im schiefen Glashaus so beschaulich zu. Glaubt man Ralf Böhmer, dem nächsten Nachbarn und Betreiber einer Freischankfläche am Turm, dann hat der Aussichtsturm seinen Zweck erfüllt. "An schönen Tagen kamen bis zu 500 Leute, im Schnitt wohl 200 bis 300 am Tag. Wir sind mit der Resonanz sehr zufrieden, auch wenn sie noch ausbaufähig wäre", sagt Böhmer.

300 Besucher am Tag? Für die Bamberger Gärtnerstadt ist das schon eine Menge, vielleicht sogar eine Trendwende. Die Gärtnerstadt, die bislang im Schatten der Touristenmeile rund um den Dom stand und von Neugierigen nicht gerade gestürmt wurde, kann sich in diesem Sommer im ungewohnten Glanze einer Touristenattraktion sonnen.

Gärtner profitieren


Davon profitierten nicht zuletzt die wenigen Gärtner ringsum, die ihre auf knapper Fläche erzeugten Früchte dem Zeitgeist nach Billigware zum Trotz noch heute anbieten. Zu Ihnen gehört Biogärtner Sebastian Niedermaier, 23-jähriger Spross einer alten Bamberger Gärtnerfamilie, der im elterlichen Anwesen unter anderem Tomaten, Zucchini und Radieschen anbaut. "Das waren schon sehr viele Leute, die unseren Laden besucht haben", freut sich der junge Mann.

Seinen Besuchern hat er sogar einen Rundweg durch das Grundstück angeboten, von dem aus man den schiefen Glasturm sehen konnte. Und natürlich hat er auch Gemüse und Salat an die Touristen verkauft - keine Riesenmenge, aber "man kann es mitnehmen".

Doch wer nun glaubt, dass die Bamberger Gärtner nur deshalb mit dem Glasturm versöhnt seien, weil in den letzten Wochen ein paar Rettiche mehr über die Ladentheke gingen, der kennt sie schlecht.

Noch immer halten sich zäh die Ressentiments im Viertel. Zum Beispiel Johann Eichfelder. Der resolute Altgärtner an der Gasfabrikstraße weigerte sich beharrlich, seine Brache im Schatten des Turms unter den Pflug zu nehmen. Seine Art des Protestes und die seiner Nachbarn: Selten sah man auf dem Grundstück so hohes Unkraut wuchern wie zur Landesgartenschau.

Andererseits hat die Auseinandersetzung um ein windschiefes Gebäude und das reichliche Echo in den Medien dem Viertel auch nicht geschadet. "Viele Touristen kamen ja gerade deshalb, weil sie von Steuergeldverschwendung gelesen haben und weil sie wissen wollten, was man von oben sieht", erklärt Carmen Dechant, die unweit vom Turm eine Hofgärtnerei betreibt.

Eine kleine Landesgartenschau?


Doch hört man Carmen und Michael Dechant, dann bemühten sie sich redlich, in ihrem kleinen Gartenparadies diejenigen unter den Touristen zu besänftigen, die von der Aussicht von dem 250 000 Euro teueren Gebäude enttäuscht wurden. Es waren nicht wenige, die offenbar geglaubt hatten, in der Gärtnerstadt eine kleine Landesgartenschau vorzufinden.

Dass dem nicht so war, merkten sie oft erst, als sie oben standen und nachdem sie sich mühsam ihren Weg durch das Gassengewirr jenseits der Königstraße gesucht hatten. "Viele waren stinksauer, weil es keine Beschilderung von der Gartenschau gab", merkt Carmen Dechant kritisch an.

Klagen sind bekannt


Harald Lang, der Chef der Gartenschau, kennt diese Klagen. Einen Fußweg von der Erba zur Gärtnerstadt haben die Macher der Schau tatsächlich nicht ausgeschildert. Sie gingen davon aus, dass ohnedies jeder den Pendelbus zum Bahnhof oder zur Haltestelle Deutsches Haus nehmen würde.

Die meisten nahmen wohl auch diesen Weg. Zumindest im Gärtner- und Häckermuseum ist man deshalb sehr zufrieden. Von den 910 000 Gästen, die die Landesgartenschau bis Mittwoch auf der Erba-Insel besuchten, fanden mehr als 10 000 den Weg auch in die Mittelstraße. "Die Leute sind begeistert von Museum und Garten", freut sich Pankraz Deuber vom Trägerverein. Die Aufbruchstimmung will man nun auch über das Ende der Landesgartenschau hinaus nutzen. "Wir machen weiter."