Anfang Mai machten Studenten in Bamberg mit einem Protestcamp an der Markusstraße auf den Mangel an bezahlbaren Wohnungen in Bamberg aufmerksam. Schon ein Jahr danach rückt das Szenario eines Zeltlagers von wohnungslosen Menschen in greifbare Nähe. Grund ist ausgerechnet ein Wohnungsbauvorhaben.

24 Millionen Euro will das Studentenwerk Würzburg Schweinfurt in den Neubau eines von drei Wohngebäuden des Pestalozziwohnheims in Bamberg-Ost stecken. Das achtstöckige Gebäude stammt aus dem Jahr 1977 und ist nach Angaben von Frank Tegtmeier vom Studentenwerk völlig marode.

Nach seinen Worten besteht zum Abbruch des Hauses mit derzeit 218 Bewohnern keine Alternative. Eine Sanierung sei annähernd so aufwändig wie ein Neubau. Doch es gibt dabei ein massives Problem: Die Mehrheit der Studierenden, die derzeit noch von der günstigen Warmmiete von 200 Euro profitieren, stehen schon bald auf der Straße, weil es für sie keinen Ersatzwohnraum gibt.


Ein Hilferuf für alle

Für die auf 13500 Studenten angewachsene Bamberger Uni ist der Wohnungsmangel in Bamberg beileibe kein neues Thema. Seit Jahren müssen sich die Studenten mit den Folgen einer ungezügelten Immobilienkrise herumschlagen: Hohe Preise, teils minderwertige Angebote und lange Schlangen bei Vermietungen. Umso kritischer sehen sie es, dass nun auch bestehender und noch dazu günstiger Wohnraum abgebrochen wird, ohne während des geplanten Neubaus für Ersatzunterkünfte zu sorgen.

Und das ist nicht nur ein Hilferuf im eigenen Interesse. "Da rollt ein sehr großes Problem auf Bamberg zu", sagt Julian Megerle, wohlwissend, dass von einer sich zuspitzenden Wohnungsnot nicht nur Studenten, sondern von Familien bis zu den Flüchtlingen fast alle gesellschaftlichen Gruppen betroffen sind. Die Forderung der Studenten ist klar: Sie verlangen ein Konzept, dass den Verlust von 218 Wohnungen wenigstens für die Jahre des Neubaus ausgleicht. Besser wäre es, wenn die Zahl der Wohnungen dauerhaft wächst. "Man kann nicht alles dem Markt überlassen."

Eine Zwischenlösung, die die Folgen des Abbruchs abfedert, wäre auch im Sinne der Bamberger Hochschulleitung. Sprecherin Tanja Eisenach freut sich darüber, dass mit dem Neubau von 311 Wohnungen langfristig ein Zuwachs an Wohnheimplätzen zu verzeichnen ist. Gleichzeitig sagt sie auch, dass es nicht in der Macht der Hochschule stehe, selbst für Ausgleich zu sorgen. "Wir können nur appellieren, Lösungen zu schaffen, um die Versorgung zu gewährleisten."

Doch danach sieht es derzeit nicht aus. Wie das Studentenwerk mitteilt, scheiden Containereinheiten aus, weil ihre Kosten annähernd so hoch sind wie die von dauerhaften Wohnungen. Auch die Verhandlungen mit der Stadt oder dem Bund hätten nichts ergeben.
Im Bamberger Rathaus hofft man trotzdem noch darauf, dass den 218 bereits gekündigten Bewohnern Ersatzangebote gemacht werden können "Abriss ohne Ersatz geht nicht", sagt Ursula Sowa (GAL) kurz und knapp. Und so sehr sich etwa Bürgermeister Christian Lange (CSU) über den Zuwachs an Wohnungen freut, so kritisiert er auch die drohende Zuspitzung des Wohnungsmangels durch eine fehlende Zwischenlösung. "Das enttäuscht mich sehr, denn es ist der gesetzliche Auftrag des Studentenwerks für die Wohnraumversorgung aktiv zu werden." Lange will sich beim bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (CSU) dafür einsetzen, dass Teile der jetzt für die AEO genutzten Flynn-Area für die kurzfristige Unterbringung von Studenten genutzt werden.


400 Einheiten im Bau

Im heutigen Bausenat wird die Stadt vorrechnen, dass sich von der Erbainsel bis zur Wunderburg derzeit 400 Wohneinheiten in Bau befinden. 70 Wohnungen seien in den letzten Monaten bezogen werden. Doch für Dieter Weinsheimer (BA) lässt sich damit weder der Notstand für die Studenten aus der Welt schaffen noch das generelle Problem der Wohnungsnot lösen - noch dazu in einer Stadt mit einem Einwohnerzuwachs von 1000 Personen im Jahr. "Wir haben seit Jahren in Bamberg das Grundproblem zu hochpreisig zu sein. Um schnell zu helfen, müssten vor allem verfügbare Wohnungen angeboten werden.

Weinsheimer empfiehlt deshalb, die früher von der US-Armee genutzten und mittlerweile von der Bundespolizei beanspruchten Blocks an der Wörthstraße in die Prüfung miteinzubeziehen. Sie hätten mit ihren zwischen zwei Appartements liegenden Nasszellen den idealen Zuschnitt.


Verschwendung von Steuergeld?

Zu deutlichen Worten greift Norbert Tscherner (BBB): "Ich verstehe nicht, wie hier mit Steuergeldern umgegangen wird", meint der Bürger-Block-Stadtrat und zweifelt aus ganz praktischen Gründen die Wirtschaftlichkeit eines solchen Abrisses an. Ein Haus bereits nach 40 Jahren wieder abzureißen, sei blanker Wahnsinn. "Das heizt den Mietpreis an. Die Preise explodieren."