Wenn zwei unverzichtbare Zeugen nicht erscheinen, kann auch Strafrichterin Anne Breith nichts machen. Deshalb musste der Prozess am Amtsgericht Bamberg gegen eine bereits vorbestrafte Coburgerin wegen gefährlicher Körperverletzung nun noch einmal stattfinden. Das wird wohl irgendwann im Oktober geschehen.

Es ist ein lauer Juliabend 2017 in Rödental. Vor einer Kneipe sitzen um 21 Uhr noch einige Gäste und genießen den letzten Rest des Sonntags. Als die 39-jährige Svenja K. (Name geändert) vorbeikommt, erblickt sie Vincent L. Ob sie ihm zufällig begegnet ist oder ihn gezielt gesucht hat, blieb vorerst ungeklärt.

Schon mehrfach hatte sie den neuen Freund ihrer ehemaligen Geliebten zur Rede gestellt. Weil Vincent L. seine schwangere Lebensgefährtin geschlagen haben soll. "Sie heulte sich bei mir aus," so die Angeklagte. Ihre frühere Geliebte habe ihr leid getan.

Svenja K. und der vermeintliche Frauenschläger geraten in Streit. Wobei beide wohl nicht Herr ihrer Sinne sind. Er hat 2,8 Promille Alkohol im Blut, sie hat sich gerade erst mit Heroin und Crystal Meth aufgeputscht. "Ich bin seit über 20 Jahren abhängig," sagt die von ihrer Sucht sichtlich gezeichnete Frau. Als sie ihm zuruft, wenn er schon Frauen schlage, dann solle er es doch einmal bei ihr probieren, kommt es zu Handgreiflichkeiten.

Spätestens hier gehen die Darstellungen auseinander: Hat Svenja K. nur eine Abwehrbewegung gemacht, um sich vor dem "hysterisch heranstürmenden" Vincent L. zu schützen und ihn nur zufällig "mit der rechten Hand leicht im Gesicht gestreift"? So ihre Version, die sie von ihrer Pflichtverteidigerin Mareen Basler (Bamberg) vortragen ließ.

Oder doch mit der Faust zielsicher zugeschlagen? Gar mit ihrem Komplizen den am Boden liegenden Vincent L. mit den Füßen in den Bauch getreten, wie es Staatsanwalt Herold angeklagt hatte. Immerhin ließen sich von einem Streifenpolizisten aus Neustadt bei Coburg Verletzungen am Körper von Vincent L. ausmachen: Eine Platzwunde an der Unterlippe, Schürfwunden und Rötungen im Gesicht und am Bauch.

Die Einzelheiten der Tat konnten von Strafrichterin Breith noch nicht erhellt werden. Denn das Opfer der Schläge und Tritte, so es diese überhaupt gegeben hat, blieb dem Zeugenstand ebenso fern wie der Mittäter, der dafür bereits verurteilt wurde.

Falls die beiden Zeugen keine triftigen Gründe für ihr Fehlen haben, kann es teuer für sie werden. Zum einen wegen eines Ordnungsgeldes von mehreren hundert Euro, mit dem das Gericht eine offensichtliche Missachtung ahnden kann; zum anderen könnten die bisher aufgelaufenen Prozesskosten dem Duo angelastet werden. Muss das Verfahren ihretwegen doch noch einmal ganz von vorn durchgeführt werden.

Weil Amtsrichterin Breith in den nächsten drei Wochen keinen Termin für eine Fortsetzung in ihrem Dienstkalender finden konnte, wird irgendwann im Oktober auch Svenja K. im Geleit zweier Polizeibeamter wieder aus Taufkirchen anreisen, wo sie sich gerade in der geschlossenen Abteilung des Bezirksklinikums befindet, um nach Jahrzehnten des Missbrauchs von ihrer Drogenabhängigkeit loszukommen. Dazu hatte sie das Amtsgericht Coburg kurz vor dem Vorfall in Rödental verurteilt.