Es ist ein großes, aber auch ein ehrgeiziges Ziel. Es könnte den Bamberger Wohnungsmarkt von Grund auf umkrempeln, wenn es denn gelingt. 1000 Wohnungen sollen in den nächsten Jahren auf dem Gelände der Lagardekaserne entstehen, 350 davon in einem ersten Bauabschnitt auf 3,2 Hektar. Es ist also verständlich, wenn Peter Neller von der Bamberger CSU von einer gewissen "Nervösität" in seiner Fraktion mit Blick auf die Herkulesaufgabe spricht, vor der die Stadt aktuell steht.

Um das große Versprechen, Wohnraum zu schaffen, einzulösen, werden derzeit im Rathaus entscheidende Voraussetzungen geschaffen. Es geht um Abbruch und Entsiegelung von elf Hektar Fläche und um ein umfangreiches Investorenauswahlverfahren. Harald Lang, der vor den Räten des Konversionssenats über die Entwicklungen auf dem Lagardegelände berichtet, macht Hoffnung, dass der angespannte Wohnungsmarkt in Bamberg in einer überschaubaren Zeitspanne auf Entlastung hoffen darf. Er spricht von enger Taktung mit dem Umweltamt und besonderen Erfordernissen für Abbruch und Recyling. Das Ziel der Stadt: Die ersten neu gebauten Wohnungen sollen im ersten Quartal 2021 bezogen werden.

Doch leicht wird es nicht und ziemlich sicher auch nicht billig. Auf Nachfrage der grünen Fraktion informierte Lang über das voraussichtliche Kostenvolumen der Abbruchmaßnahmen, das bei zwölf Millionen Euro liegen soll. Wegen der Masse des Materials muss abschnittsweise gearbeitet werden. Vorgesehen ist, dass auf der ehemaligen Motorpoolfläche am Berliner Ring die Arbeiten zur Brechung des Materials sowie zur deponiegerechten Sortierung stattfinden.

Mindestens so wichtig wie die Abbruchplanung sind aber die Rahmenbedingungen, die den künftigen Bauherren gestellt werden und die Ziele, die sie selbst verfolgen. Das Investorenauswahlverfahren zum Wohnungsbau steht derzeit vor einem entscheidenden Schritt. Anfang April wollen die 28 Interessenten ihre Bewerbungsunterlagen und ein Modell abgeben, das zeigt, was sie planen. Am 17. Mai trifft sich dann die Jury des Verfahrens, der als Mitglieder Stadträte aus allen Fraktionen und Fachleute der Wohnungswirtschaft angehören. Dieses Gremium wird entscheiden, welche Investoren mit welchen Planungen zum Zug kommen, ehe die Verkaufsverhandlungen zwischen der Stadt und den Investoren vorgenommen werden.

In der Vergangenheit wurde in Bamberg immer wieder über den extremen Preisanstieg für Immobilien geklagt. Die Gründe dafür liegen in den gestiegenen Baukosten, dem billigen Geld, den vergleichsweise hohen Grundkosten, vielen Auflagen der öffentlichen Hand und dem zuletzt rasanten Bevölkerungszuwachs, der durch hausgemachte Ursachen zusätzlich verschärft wurde.

So richten sich nach dem Verlust großer Konversionsflächen mit über tausend intakten US-Wohnungen zugunsten der Bundespolizei und der Aufnahmeeinrichtung doppelt so große Hoffnungen auf die Lagardekaserne. Gelingt es wenigstens hier, die versprochenen bezahlbaren Wohnungen zu schaffen? Hört man Heinz Kuntke von der Bamberger SPD, dann ist bezahlbarer Wohnraum eines der Ziele, die die Bamberger Politik auch bei der Lagardekaserne verfolgt. Kuntke erinnert daran, dass die von der Politik unlängst beschlossene Sozialklausel für 20 Prozent der Wohnungen selbstverständlich auch im Bereich der künftigen Kaserne gelten wird. Das werde dazu beitragen, dass die Preise in einem Teil der neu entstehenden Wohnungen unter dem üblichen Marktniveau für Neubauten liegen werden. Freilich betont Kuntke auch, dass viele Faktoren von der Stadt nur unzureichend zu beeinflussen sind. Er sagt: "Eine Wohnung muss auch irgendwie bezahlt werden."

Mit Bedauern sehen es die Grünen, dass in der Lagardekaserne zumindest im ersten Abschnitt kein Sozialwohnungsbau geplant wird. "Wir glauben, dass hier sehr viel Geld verdient werden kann, und auch die Sozialklausel mit Leichtigkeit zu stemmen ist", sagt Ursula Sowa, die gerne mehr Preisregulierung gehabt hätte. Grund für ihre Ansicht: Die Verbilligung eines 20-Prozent-Anteils der Wohnungen werde nur zu Mietpreisen von acht Euro pro Quadratmeter führen - "das suggeriert nur, dass wir sozial sind."

Auch die Stadtverwaltung gießt "Wasser in den Wein", was allzu hohe Erwartungen an erschwingliche Wohnungen angeht. "Man muss heute klar sagen, dass bezahlbares Bauen nur im Bestand möglich ist", sagt der Chef des Konversionsamtes, Harald Lang. Um seine Äußerungen zu verstehen, muss man wissen, dass vor allem die gestiegenen Baukosten und aktuell eine neue Energiesparvorschrift die Kostenspirale anheizen. Mittlerweile liegen die Herstellungskosten von Wohnungen laut Lang fast bei 3000 Euro pro Quadratmeter. "Um diese Kosten kommt niemand herum", sagt Lang.

Einen steigernden Einfluss auf die Preisbildung aller angebotenen Objekte werden natürlich auch die Grundstückskosten haben, die die Stadt als Eigentümerin den Käufern aufbürdet. Die wohlweißlich als Mindestgebot bezeichnete Zahl von 400 Euro pro Quadratmeter ist für die nach dem Mai anstehenden Verhandlungen sicher kein Schnäppchen. Sie beinhaltet rund 85 Euro für den Abbruch und 60 Euro für die Erschließung; doch könnte bei 34 000 Quadratmeter schon im ersten Abschnitt genau die Summe wieder hereinkommen, die die Stadt für die gesamte, 19 Hektar große Kaserne bezahlt hat: neun Millionen Euro.

Immerhin: Damit die Preise nicht völlig durch die Decke gehen, hat die Stadt festgelegt, dass statt einer Tiefgarage eine Parkpalette an der Weißenburgstraße gebaut werden soll. Außerdem soll der Anteil an öffentlichen Erschließungsflächen auf ein Minimum gesenkt werden. Ein Mobilitätskonzept soll zusätzlich helfen, Carsharingprodukte anzuschieben und Kosten zu sparen.

Was dadurch möglich ist, wird man möglicherweise schon bald sehen: Im Ulanenpark in der Wunderburg, einem Gebiet, das nach einhelligem Politikerwunsch in Bamberg lange Zeit für bezahlbares Wohnen im Gespräch war, haben unterdessen die Wohnungspreise mittlerweile ungeahnte Höhen erreicht.