Matthias Bornhofen gibt sich keinen Illusionen hin: Spätestens wenn Ende 2021 das neue Haus an der Kettenbrückstraße fertig sein wird, dürfte es eine heftige Kontroverse geben. Sie wäre nicht die erste in Bamberg. So wurde über die Pläne für die Unteren Mühlen jahrelang gestritten; und der Einbau einer Glastür zum Dominikanerbau bescherte der Universität Kritik von Denkmalschützern. Warum sollte also nicht um ein golden schimmerndes Gebäude schräg gegenüber der Kettenbrücke gerungen werden?
"Es gibt für moderne Architektur nichts Schlimmeres, als wenn gar nicht darüber diskutiert wird", findet der 35-jährige Architekt. Er hat selbst einschlägige Erfahrungen gemacht. Über vier Jahre erstreckt sich der Planungsprozess für die prominente Baulücke am Beginn der Fußgängerzone bereits. Eine rekordverdächtige hohe Zahl von Sitzungen des Stadtgestaltungsbeirats konnte nicht verhindern, dass Bornhofens erste Pläne schließlich doch scheiterten. "Ganz schön schräg" fanden manche Bamberger das, was unweit der Kettenbrücke entstehen sollte - ein Haus mit schiefer Traufkante und riesiger Glasfront über alle Stockwerke.
Die politische Hürde ist beim zweiten Anlauf mittlerweile ausgeräumt. Der Stadtrat hat noch vor der Sommerpause dem Bauantrag des Architekten zugestimmt, auch wenn CSU-Sprecher Franz-Wilhelm Heller sich am Ende doch lieber das "Glashaus" gewünscht hätte. Nun also ein Gebäude, das von einer Messinghaut umhüllt und in den ersten Monaten wie ein Schatzhaus golden schimmern wird. Denn erst nach einigen Monaten wird sich die natürliche braune Patina entfalten.
Eine Hintertür für das Fassadenmaterial hat sich der Stadtrat freilich noch offen gelassen. Die Erteilung der Baugenehmigung setzt eine Bemusterung der Messing-Fassade voraus, teilt uns Baureferent Thomas Beese mit. Für ihn ist klar: "Metall ist mutig, es kommt darauf an, wie man es macht."
Wenn alles läuft, wie es sich der Architekt wünscht, werden die Passanten erste Elemente der leichten Stahl- und Holzkonstruktion schon Anfang nächsten Jahres sehen können. Sie lastet auf einem historischen Kellergewölbe - gewissermaßen die Wurzeln des Gebäudes. Man muss wissen: Das Grundstück Kettenbrückstraße 6 ist die letzte Kriegslücke im engeren Innenstadtbereich der Bamberger Altstadt. Ein Bombentreffer hatte den Vorgängerbau in Schutt und Asche gelegt.
Architekt Bornhofen hat trotz des Zeitverzugs seinen Frieden mit dem langwierigen Verfahren gemacht. Dem Anspruch, "zeitgenössische Architektur in einem historischen Kontext zu verwirklichen", glaubt er mit den neuen Entwürfen gerecht zu werden. "Wir nutzen klassische Elemente, hinter denen sich aber eine zweite Ebene verbirgt", sagt Bornhofen.
Tatsächlich entspricht das Gebäude, das hier entstehen soll, nur auf dem ersten Blick den üblichen Vorstellungen eines Satteldachhauses mit Gauben und Lochfassade. Wie die Computer-Bilder der künftigen Penthouse-Wohnung zeigen, ist die Messinghaut, die sich das Haus überwirft, kein blickdichter Panzer, sondern eher ein Vorhang, der an einigen Stellen das Licht durchschimmern lässt. Unter dem lockeren Metalldach können auf diese Weise schmale Außengärten entstehen, die von der Wohnung durch eine Glaswand getrennt sind. Bornhofen spricht von filigraner Interpretation der Gauben - ein spannedes Projekt. Und nicht nur das: Wo das so genannte Streckmetall mit Glas hintersetzt ist, also im Dach und unter den Festern, soll Bambergs erstes Messinghaus nachts spektakulär leuchten.
Vorgeschichte, Grundstückspreise und aufwändige Baumaterialien machen das neue Gebäude nicht gerade zum Schnäppchen. Auf 3,5 Millionen Euro schätzt der Planer die Kosten. Trotzdem leidet das Projekt nicht an Nachfragemangel. Über einem Ladengeschoss sollen insgesamt sieben Wohnungen entstehen. Alle sind bereits vergeben, freut sich der Architekt - auch die 240 Quadratmeter große Penthouse-Wohnung.
Ein wenig hat die Debatte im Stadtrat die mögliche Kontroverse um das goldene Haus bereits vorweggenommen. Während Vera Mamerow von Grünes Bamberg das Projekt aus aus denkmalpflegerischen Gründen ablehnte, zeigt sich Fraktionskollegin Ursula Sowa zufrieden. Sowa, selbst Architektin, hat den jahrelangen Planungsprozess begleitet und freut sich, dass an dieser besonderen Stelle der Stadt nun etwas entsteht, das seine Entstehungszeit nicht verleugnet: "Metall als Fassadenmaterial ist sicher ein Wagnis", sagt sie. "Aber das ist mir immer noch lieber als lieblose No-Name-Architektur."