Das Anfang des Jahrzehnts mit Millionen-Aufwand renovierte Schloss Sassanfahrt könnte auch Villa Kunterbunt heißen, so vielfältig ist mittlerweile das Nutzungsspektrum. Manchmal dürfen die Kinder von der Frühförderstelle darin übernachten und nach einem Schatz suchen. Dann spuken sogar Schlossgespenster in den Gewölben. Oder der einstige Adelssitz der Grafen von Soden dient als Kulisse für ein Künstlersymposium, als Hintergrund fürs Bluesfestival und auch schon mal für eine Glühweinparty. Besonders beliebt ist das Schloss bei Brautpaaren, um sich im gediegenen Rahmen das Ja-Wort zu geben. 45 standesamtliche Trauungen wurden in den zwei letzten Jahren im Festsaal gehalten.

Annette Schäfer ist die Powerfrau, bei der alle Fäden zusammenlaufen. Sie zog dieser Tage eine beeindruckende Zweijahresbilanz vor dem Marktgemeinderat. Udo Wüst von den Freien Wählern wollte wissen, ob das Schloss endlich auch über Korkenzieher verfüge, nachdem er bei seinem letzten Aufenthalt keine Weinflasche habe öffnen können. Tatsächlich: Für wüstes Gelage ist das Schloss nicht wirklich gerüstet.


Viele Auswärtige

Annette Schäfer hatte nur die Klage, dass "der Hirschaider als solcher nur schwer zu motivieren" sei, doch werde der Einzugsbereich der Kulturstätte immer größer. 2016 und -17 wurden darin 66 Veranstaltungen mit knapp 80 Besuchern im Schnitt durchgeführt: 25 Vorträge, acht Lesungen, zwölf Konzerte, Ausstellungen, Theatergastspiele, Filmabende und eine Hochzeitsmesse. Drinnen und draußen werde das Schloss zunehmend gerne auch von auswärtigen Veranstaltern wie Bayerische Museumsakademie, Hanns-Seidel-Stiftung oder Landkreises Bamberg gerne genutzt, berichtete Annette Schäfer. Schulklassen, Hochschüler und Touristen nähmen an Führungen oder am pädagogischen Programm teil, Gäste der kulturellen Veranstaltungen schwärmten vom Ambiente.

Für 2018 verwies Annette Schäfer auf ein wiederum ehrgeiziges Programm. Sie vergaß nicht, sich bei den teilzeitbeschäftigten und ehrenamtlichen Helfern zu bedanken, ohne die das große Pensum nicht zu bewältigen wäre. Immerhin: Keine Veranstaltung ist ein Selbstläufer, jeder Termin bedarf der sorgfältigen Vor- und Nachbereitung.

Darüber hinaus hat Annette Schäfer als Kulturbeauftragte noch etliche andere Baustellen, zum Beispiel die Museen Alte Schule und Tropfhaus, das Projekt Judenschule, die Förderung des Tourismus, die Betreuung der Städtepartnerschaften oder die Organisation von Ausstellungen im Rathaus. Für alles gibt's Ideen und Projekte, die im Vollzeitjob abgearbeitet werden.
Zweimal klopften die Marktgemeinderäte beifällig auf ihre Tische, um ihrer Fachkraft Kultur Dank und Anerkennung zu zollen, "Bitte machen Sie weiter so", schickte Bürgermeister Klaus Homann (CSU) hinterher.

Respekt erntete auch Dietmar Vetter, der seit einigen Monaten dem Seniorenbeirat der Marktgemeinde vorsteht. Die Bedeutung dieses Gremiums wächst, gehören doch schon über 2600 wahlberechtigte Hirschaider der Generation 60+ an. Zum Bedauern Vetters konnte man zuletzt nur neun der zehn Plätze im Seniorenbeirat besetzen. Wie überall mangelt es an der Bereitschaft zur Übernahme eines Ehrenamts, aber zu tun gibt's jede Menge.


Angebote für Senioren

So geht es dem Seniorenbeirat zuerst um die Gewinnung neuer Mitglieder, die Erhöhung der Akzeptanz des Gremiums und um die Einsicht in die Tragweite der demografischen Entwicklung einer auch in Hirschaid spürbar alternden Gesellschaft. Ziel ist es, den Senioren möglichst lange ein angenehmes Leben in ihrer vertrauten häuslichen Umgebung zu organisieren. Dazu zählt Vetter Kurse zur Gesundheitsvorsorge, die Ermöglichung der kulturellen Teilhabe oder den Ausbau eines Begleit- und Fahrdienstes, die Betreuung und häusliche Pflege. Männer seien dabei schwerer zu aktivieren als Frauen, stellte Vetter fest.

Deshalb schweben ihm ein paar spezielle Angebot vor: ein Männerschuppen für Bastler und Heimwerker zum Beispiel oder auch ein Filmprojekt ("Filmkiste") sowie die Idee: Enkel fotografieren ihre Großeltern. Das bringe die Generationen zusammen. Ganz oben auf der Wunschliste Vetters steht ein Internet-Hotspot für die neue Beratungsstelle am Kirchplatz. Das empfindet der Marktgemeinderat noch als die leichteste Übung. Bürgermeister Homann, der sich überaus dankbar für die engagierte Mitarbeit des Seniorenbeirats zeigte, sagte eine baldige Bereitstellung zu.

Kommentar
von Werner Baier

Aufwachen und genießen!
Nix los hier!, mäkelte bei den Prunksitzungen des Ortskulturrings der zehnjährige "König" Emil Feller und er hatte auch dabei die Lacher auf seiner Seite. Der Heiterkeitserfolg sei ihm gegönnt. Allerdings belehrten ihn schon die beiden Faschingsveranstaltungen, in denen er auftrat, eines Besseren. Denn: Fünf Stunden organisierter Frohsinn, Aug'- und Ohrenschmaus auf diesem hohen Niveau sind gewiss nicht selbstverständlich.

"König Emil" beweist selbst, dass man mit zehn schon was zustande bringen kann. Er wird seinen Eltern nicht nur als Büttenredner Freude machen. Und damit ist er nicht allein: In diversen Tanzformationen, in Blasorchestern und Musikschulen, in Sportvereinen oder in Kinder- und Jugendgruppen der Kirchen, Rettungsorganisationen und gesellschaftlichen Organisationen auch auf dem Land wird dem Nachwuchs Gelegenheit zu Kreativität und Erlebnisvielfalt geboten, werden die soziale Kompetenz und das Selbstbewusstsein gestärkt. Gut für Körper und Geist.

So kam der Marktgemeinderat nicht umhin, zum Zwecke des Versicherungsschutzes die Kinderfeuerwehr von Röbersdorf in die gemeindliche Einrichtung Feuerwehr einzugliedern. 22 Kinder bis zu zwölf Jahren lernen und erfahren hier beim Sammeln von Müll in der Landschaft, bei der Handhabung des Notrufs oder der Ausstattung eines Feuerwehrmannes Dienst und Freude an der Dorfgemeinschaft. Etwa 80 Prozent dieser Feuerwehrschüler bleiben dem Verein später treu, lehrt die Erfahrung. Bemerkenswert!

Es gibt ein junges Dorfleben jenseits vom "Wischkästla", wie der Franke treffend die Smartphones und Tabletts karikiert. Und was ist mit den Erwachsenen, den Senioren gar? Im Marktgemeinderat wurde geklagt, dass die reife Generation mitunter nur schwer hinterm Ofen hervorzuholen sei. Besonders bei kulturellen Veranstaltungen dürften sich Organisatoren und Ausführende (noch) nicht auf genug
heimisches Publikum verlassen. Dabei wird viel und Hochwertiges geboten: So berichteten der Vorsitzende des Seniorenbeirats, Dietmar Vetter, und die Chefin der Schlossverwaltung Sassanfahrt, Annette Schäfer, eineinhalb Stunden lang über zurückliegende und geplante Termine. Mangelhaft sei zuweilen nur der Zuspruch aus Hirschaid, während sich gerade das Schloss in Sassanfahrt zum Anziehungspunkt für Kulturfreunde aus halb Franken gemausert hat.
Die Hirschaider haben einen Gutteil der millionenteuren Generalsanierung ihrer guten Stube finanziert. Hineinspazieren und genießen, vom Invest profitieren, müssen sie selbst. Und das gleiche gilt übrigens auch für die Franken-Lagune: Nicht jede 12000-Einwohner-Gemeinde verfügt über ein derart hochwertiges Hallenbad mit angegliederter Saunaanlage. Sichtlich stolz verlas Bürgermeister Homann eine Lobeshymne einer Bamberger Familie auf diese FrankenLagune. Ob jeder Hirschaider sie aus eigener Anschauung auch so von dem Bad schwärmen könnte? Objektiv betrachtet, bleibt festzustellen: Dank der vielen guten Geister in Kultur und Sport wird viel geboten auf dem Land. Dessen Bewohner dürfen's bloß nicht verschlafen!