Das Landgericht Bamberg hat angekündigt, dass wohl im Oktober der Prozess gegen vier Neonazis beginnen soll. Den Beschuldigten wird die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Außerdem sollen sie Anschläge auf die Flüchtlingsunterkunft im Bamberger Osten und auf den Mehrzweckraum "Balthasar" des studentischen Vereins Asta im Balthasargäßchen geplant gehabt haben. Der Raum wird für Veranstaltungen unterschiedlichster studentischer Gruppen der Universität Bamberg genutzt, verwaltet wird er vom Asta.
In einer Stellungnahme kritisiert der Verein, dass bei der Neonazi-Gruppe bereits vor zweieinhalb Jahren Waffen- und Sprengstoff gefunden wurde, die Beschuldigten sich aber wieder auf freiem Fuß befinden und die Anklage jetzt erst zugelassen wird. Der Verein fragt sich deshalb sogar, ob die Justiz auf dem rechten Auge blind ist. Thomas Bollwein (26), Mitglied des Vorstands, gibt Einblick in die Gründe für die scharfe Kritik.
Mit dem Wissen, dass das "Balthasar" Ziel eines Sprengstoff-Anschlags von Neonazis hätte sein sollen: Was hat sich seitdem für Euch verändert?
Thomas Bollwein: Wir hatten schon öfters Probleme mit rechten Schmierereien und eingeschlagenen Scheiben. Dieser geplante Anschlag von Neonazis war also nur die Spitze des Eisbergs. Die Sachbeschädigungen sind regelmäßig passiert. Viele Leute haben sich seitdem nicht mehr getraut, ins "Balthasar" zu gehen. Wenn Leute dort waren, hat man geschaut, dass die Tür geschlossen war. Das war einfach eine bedrohliche Situation. Seitdem lassen wir immer die Rollos runter. Als dann klar war, dass die Neonazis festgenommen wurden, dachten wir, es passiert nichts mehr. Doch seitdem wir wissen, dass sie wieder frei sind, müssen wir wieder genauer aufpassen und alles im Auge behalten.
Rührt da Euer Unverständnis für die Justiz her?
Das ist schon so. Wir sind schließlich betroffen davon. Man fühlt sich wieder bedroht, wenn die Leute frei rum laufen und nicht verurteilt sind. Die CSU sagt immer, wir müssen die Leute schon bei kleinen Sachen bestrafen, aber auf der anderen Seite passiert bei größeren Fällen nicht viel oder gar nichts. Was in diesem Fall besonders bedenklich ist. Die Staatsanwaltschaft sagt schließlich, dass die Gruppe ernst zu nehmen und gefährlich ist.
Ihr fragt, ob die Justiz auf dem rechten Auge blind ist - ein harter Vorwurf...
Das fragen wir uns schon manchmal. Wenn man zum Beispiel die Demo gegen das Abschiebelager im Bamberger Osten im Jahr 2016 (Protestcamp von Flüchtlingsunterstützergruppen, Anm. d. Redaktion) nimmt, da war ein riesiges Polizeiaufgebot vor Ort. Damals ist aber gar nichts passiert. Auf der anderen Seite waren Anschläge auf das "Balthasar" und das Flüchtlingslager durch Neonazis geplant, was man zum Glück herausgefunden hat, aber hier wird das Verfahren rausgezögert. Das ist paradox und ein Gegensatz, bei dem wir sehr skeptisch sind.
Die Justiz erklärt das mit dringlichen und großen anderen Prozessen, die zunächst vorgezogen werden mussten. Die Gerichte scheinen nicht ausreichend mit Personal ausgestattet zu sein...
Das ist schon ein Problem. Dennoch kann das Gericht schon entscheiden, was wichtiger ist. Dass die Justiz zu wenig Personal hat, ist nicht die Frage.
Was hätte in diesem Fall anders laufen sollen?
Am liebsten wäre uns gewesen, wenn das Verfahren gegen die Neonazis schnell auf der Agenda des Gerichts gestanden hätte, wenn die Leute verurteilt worden wären. Es waren sehr starke Beweise da, wo man sie festsetzen konnte. Sobald die U-Haftfrist vorbei war, hätte man den Prozess ansetzen können. Nicht, dass wieder was passieren kann und man Angst haben muss. Das ist das Problem: Für uns stellt das wieder eine Bedrohung dar.
Wie groß war denn der materielle Schaden durch Schmierereien und Sachbeschädigungen?
Es sind mehrmals die Scheiben eingeschlagen, auch mit einem Gullydeckel eingeworfen worden. Öfters wurden die Rollos vollgeschmiert - das müssen wir jedes Mal wegmachen, auch die Tür musste schon ausgetauscht werden. Das ist nervig, mit viel Stress verbunden. Wie viel das gekostet hat, kann ich nicht genau sagen. Das größere Problem ist ohnehin der Psychoterror, dass die Neonazis zeigen, dass sie jederzeit Schlimmeres anrichten können. Die psychische Bedrohung ist somit viel heftiger.
Was ist jetzt Eure Hoffnung?
Wir hoffen auf jeden Fall, dass ein rasches Urteil gesprochen wird. Es geht gar nicht nur darum, die Leute einzusperren, sondern dass sie ihrem Netzwerk entbunden werden. Man sollte versuchen, sie so in die Gesellschaft einzugliedern. Das wäre schließlich auch beruhigender für uns.
Anschläge auf das "Balthasar":
Nacht zum 5.7.2011 Unbekannte Täter haben in der Nacht zum 5. Juli 2011 den Eingangsbereich des Vereinsheimes "Balthasar" mit schwarzer Lackfarbe beschmiert. Die Polizei geht von einem "Farbbeutel-Anschlag" aus. Außerdem hinterließen die Täter zahlreiche Aufkleber an den Fenstern mit Aufschriften wie "Nationale Sozialisten" oder "Deutschland Deutschland über alles", die von der neonazistischen Organisation Freies Netz Süd stammen.
Nacht zum 7.11.2014 Wie die Polizei mitteilt, schlugen Unbekannte vermutlich zwischen 2 und 5 Uhr morgens die Glaseingangstür zum Anwesen im Balthasargässchen ein. Zudem sprühten sie an die Hausfassade unter anderem ein Hakenkreuz und eine schwarz-weiß-rote Flagge mit Hakenkreuz. Sachschaden: 2000 Euro.
Nacht zum 9.5.2015 Die Polizei teilt mit, dass Unbekannte vermutlich zwischen 22 Uhr am Freitag und 5.30 Uhr am Samstag mit einem Abflussdeckel die Glasscheibe des Vereinsheims im Balthasargäßchen beschädigt haben.
7.6.2015 Neonazis stören eine Veranstaltung im "Balthasar". Die Angreifer, zum Teil Mitglieder der Partei "Die Rechte", gehen vermummt und aggressiv vor. Später werden die Täter verurteilt.
11.9.2016 Im Zusammenhang mit einer Demo der Neonaziorganisation "3.Weg" wurden am "Balthasar" rechtsradikale Schmierereien gefunden.
In einer Stellungnahme kritisiert der Verein, dass bei der Neonazi-Gruppe bereits vor zweieinhalb Jahren Waffen- und Sprengstoff gefunden wurde, die Beschuldigten sich aber wieder auf freiem Fuß befinden und die Anklage jetzt erst zugelassen wird. Der Verein fragt sich deshalb sogar, ob die Justiz auf dem rechten Auge blind ist. Thomas Bollwein (26), Mitglied des Vorstands, gibt Einblick in die Gründe für die scharfe Kritik.
Mit dem Wissen, dass das "Balthasar" Ziel eines Sprengstoff-Anschlags von Neonazis hätte sein sollen: Was hat sich seitdem für Euch verändert?
Thomas Bollwein: Wir hatten schon öfters Probleme mit rechten Schmierereien und eingeschlagenen Scheiben. Dieser geplante Anschlag von Neonazis war also nur die Spitze des Eisbergs. Die Sachbeschädigungen sind regelmäßig passiert. Viele Leute haben sich seitdem nicht mehr getraut, ins "Balthasar" zu gehen. Wenn Leute dort waren, hat man geschaut, dass die Tür geschlossen war. Das war einfach eine bedrohliche Situation. Seitdem lassen wir immer die Rollos runter. Als dann klar war, dass die Neonazis festgenommen wurden, dachten wir, es passiert nichts mehr. Doch seitdem wir wissen, dass sie wieder frei sind, müssen wir wieder genauer aufpassen und alles im Auge behalten.
Rührt da Euer Unverständnis für die Justiz her?
Das ist schon so. Wir sind schließlich betroffen davon. Man fühlt sich wieder bedroht, wenn die Leute frei rum laufen und nicht verurteilt sind. Die CSU sagt immer, wir müssen die Leute schon bei kleinen Sachen bestrafen, aber auf der anderen Seite passiert bei größeren Fällen nicht viel oder gar nichts. Was in diesem Fall besonders bedenklich ist. Die Staatsanwaltschaft sagt schließlich, dass die Gruppe ernst zu nehmen und gefährlich ist.
Ihr fragt, ob die Justiz auf dem rechten Auge blind ist - ein harter Vorwurf...
Das fragen wir uns schon manchmal. Wenn man zum Beispiel die Demo gegen das Abschiebelager im Bamberger Osten im Jahr 2016 (Protestcamp von Flüchtlingsunterstützergruppen, Anm. d. Redaktion) nimmt, da war ein riesiges Polizeiaufgebot vor Ort. Damals ist aber gar nichts passiert. Auf der anderen Seite waren Anschläge auf das "Balthasar" und das Flüchtlingslager durch Neonazis geplant, was man zum Glück herausgefunden hat, aber hier wird das Verfahren rausgezögert. Das ist paradox und ein Gegensatz, bei dem wir sehr skeptisch sind.
Die Justiz erklärt das mit dringlichen und großen anderen Prozessen, die zunächst vorgezogen werden mussten. Die Gerichte scheinen nicht ausreichend mit Personal ausgestattet zu sein...
Das ist schon ein Problem. Dennoch kann das Gericht schon entscheiden, was wichtiger ist. Dass die Justiz zu wenig Personal hat, ist nicht die Frage.
Was hätte in diesem Fall anders laufen sollen?
Am liebsten wäre uns gewesen, wenn das Verfahren gegen die Neonazis schnell auf der Agenda des Gerichts gestanden hätte, wenn die Leute verurteilt worden wären. Es waren sehr starke Beweise da, wo man sie festsetzen konnte. Sobald die U-Haftfrist vorbei war, hätte man den Prozess ansetzen können. Nicht, dass wieder was passieren kann und man Angst haben muss. Das ist das Problem: Für uns stellt das wieder eine Bedrohung dar.
Wie groß war denn der materielle Schaden durch Schmierereien und Sachbeschädigungen?
Es sind mehrmals die Scheiben eingeschlagen, auch mit einem Gullydeckel eingeworfen worden. Öfters wurden die Rollos vollgeschmiert - das müssen wir jedes Mal wegmachen, auch die Tür musste schon ausgetauscht werden. Das ist nervig, mit viel Stress verbunden. Wie viel das gekostet hat, kann ich nicht genau sagen. Das größere Problem ist ohnehin der Psychoterror, dass die Neonazis zeigen, dass sie jederzeit Schlimmeres anrichten können. Die psychische Bedrohung ist somit viel heftiger.
Was ist jetzt Eure Hoffnung?
Wir hoffen auf jeden Fall, dass ein rasches Urteil gesprochen wird. Es geht gar nicht nur darum, die Leute einzusperren, sondern dass sie ihrem Netzwerk entbunden werden. Man sollte versuchen, sie so in die Gesellschaft einzugliedern. Das wäre schließlich auch beruhigender für uns.
Anschläge auf das "Balthasar":
Nacht zum 5.7.2011 Unbekannte Täter haben in der Nacht zum 5. Juli 2011 den Eingangsbereich des Vereinsheimes "Balthasar" mit schwarzer Lackfarbe beschmiert. Die Polizei geht von einem "Farbbeutel-Anschlag" aus. Außerdem hinterließen die Täter zahlreiche Aufkleber an den Fenstern mit Aufschriften wie "Nationale Sozialisten" oder "Deutschland Deutschland über alles", die von der neonazistischen Organisation Freies Netz Süd stammen.
Nacht zum 7.11.2014 Wie die Polizei mitteilt, schlugen Unbekannte vermutlich zwischen 2 und 5 Uhr morgens die Glaseingangstür zum Anwesen im Balthasargässchen ein. Zudem sprühten sie an die Hausfassade unter anderem ein Hakenkreuz und eine schwarz-weiß-rote Flagge mit Hakenkreuz. Sachschaden: 2000 Euro.
Nacht zum 9.5.2015 Die Polizei teilt mit, dass Unbekannte vermutlich zwischen 22 Uhr am Freitag und 5.30 Uhr am Samstag mit einem Abflussdeckel die Glasscheibe des Vereinsheims im Balthasargäßchen beschädigt haben.
7.6.2015 Neonazis stören eine Veranstaltung im "Balthasar". Die Angreifer, zum Teil Mitglieder der Partei "Die Rechte", gehen vermummt und aggressiv vor. Später werden die Täter verurteilt.
11.9.2016 Im Zusammenhang mit einer Demo der Neonaziorganisation "3.Weg" wurden am "Balthasar" rechtsradikale Schmierereien gefunden.