Eine gehörige Portion Wut stand am Anfang einer ungewöhnlichen Deutschlandreise: 1992 kam der Berliner Architekturmaler Alexander Dettmar nach Güstrow, wo er am Ort der ehemaligen Synagoge nur einen Parkplatz vorfand. "Kein Erinnerungsstein, keine Gedenktafel, nichts! Und niemand
kümmerte sich!", beklagte der Künstler. Das habe ihn so nachhaltig geärgert, dass er einen Beschluss fasste: "Ich wollte Synagogen so malen, wie ich zuvor schon viele noch heute existierende Kirchen gemalt habe."

Diesen Plan setzte Dettmar auch um. Reiste kreuz und quer durch Deutschland, sichtete in Archiven und Bibliotheken alte Abbildungen, traf manchmal auch Zeitzeugen oder deren Angehörige, um die Synagogen in seinen Bildern zu rekonstruieren. Mehr als 150 Werke umfasst inzwischen sein Zyklus. 80 davon zeigt nun das Historische Museum in der Alten Hofhaltung: einmalig in dieser Zusammenschau und mit dem Mittelpunkt Bamberger Synagoge. Ansonsten präsentiert Alexander Dettmar seine Synagogen-Bilder in einer anderen Auswahl, unter anderem in New York, Buenos Aires oder Tel Aviv.


Nur wenige wurden gerettet

Somit wird deutlich, dass die Bamberger Schau "Painting to remember - Zerstörte deutsche Synagogen" keine Wanderausstellung im üblichen Sinne ist. Darauf weist Marlen Bonke hin, wissenschaftliche Volontärin und Kuratorin. Sie arrangiert mit dem Künstler die Ölbilder auf Leinwand im Marstall des Historischen Museums und auf Sonderausstellungsflächen im Haus. Analog zur Dauerausstellung "Jüdisches Leben in Bamberg" bekommt Dettmars berührendes Bild von der einstigen Bamberger Synagoge in der Herzog-Max-Straße einen eigenen Raum: "mit detaillierten Informationen über den Gebäudekomplex, Hinweisen auf den jüdischen Architekten Johannes Kronfuß und mit der 14-Sekunden-Filmsequenz vom Brand in der Reichspogromnacht", listet Kuratorin Bonke auf.

Denn genau diese Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 brachte mehr als 1400 Synagogen in Deutschland das bittere Aus. In fast allen Städten und Dörfern zerstörten die Nationalsozialisten die Zeugnisse jüdischen Glaubens und Gemeindelebens. Nur wenige konnten nach 1945 gerettet und restauriert werden.

Alexander Dettmar, Jahrgang 1953, erweckt diese Zeugnisse in all ihrer Vielgestaltigkeit, Vertrautheit und Bedeutung. Umso schmerzlicher ist ihr unwiederbringlicher Verlust im realen Stadtbild spürbar. Dettmars Synagogen erscheinen als starke, beinahe wehrhafte Festungen innerhalb der städtischen Umgebung.

Angrenzende Häuser und Straßenzüge sind nur angedeutet, Menschen sucht man vergebens auf den Bildern. Im Vordergrund stehen die Erinnerung an die Bauwerke und die Mahnung eines "Nie wieder!"

Der Künstler, der über den "reichsten, vielfältigsten Synagogenbau der Welt in Deutschland" nur so sprudeln kann, bleibt dagegen im Kolorit sparsam. Seine Farbpalette umfasst trübes Weiß und erdige Braun-, Grau- und Rottöne. Im Gegensatz zu den steinernen Vorbildern fehlt den gemalten Synagogen jeglicher Schmuck. Und doch ist jedes Objekt - mit Infotext und historischen Daten versehen - identifizierbar: als Synagoge in Berlin oder Chemnitz, in München oder Regensburg, in Frankfurt oder Worms.


"Kunst kann mehr"

Alexander Dettmar will mit seinen Synagogen-Bildern auch eine Botschaft transportieren. Denn "Kunst kann mehr und soll mehr", betont er. Neben dem stillen Werben um eine Erinnerungskultur geht es ihm auch um Versöhnung. Versöhnung mit den jüdischen Mitbürgern, die im Holocaust ihr Leben lassen mussten, und mit deren Nachfahren. Im Zuge seiner Deutschlandreise zu zerstörten Synagogen sei er jedenfalls auf eine "große Versöhnungsfähigkeit" gestoßen. Eine weitere Motivation für ihn, "etwas Schönes zu malen, auch wenn das Thema traurig ist".

Eröffnung : Die Ausstellung "Painting to Remember - Zerstörte deutsche Synagogen" wird am Sonntag, 22. April, um 17 Uhr im Historischen Museum, Domplatz 7, eröffnet, und zwar durch Bürgermeister Christian Lange, Museumsdirektorin Regina Hanemann, Bezirksheimatpfleger Prof. Günter Dippold und dem Künstler Alexander Dettmar. Die Ausstellung ist bis zum 14. Oktober Dienstag bis Sonntag und feiertags von 10 bis 17 Uhr, geöffnet. Führungen und museumspädagogische Angebote sind buchbar unter Telefon 0951 /871150 oder museum@stadt.bamberg.de.