Die mittlerweile 215 Jahre alte "Tabakscheune" ist neben dem 1850 angebauten Wohnhaus eines der jüngeren Bamberger Einzeldenkmäler - und war über Jahre auch eines der Sorgenkinder der Denkmalpflege. Geht es nach den Plänen, die Finanz- und Stiftungsreferent Bertram Felix kürzlich im Kultursenat vorgestellt hat, wird sie nach Abschluss der Sanierungsarbeiten dem Bamberger Marionettentheater eine neue Heimat geben.

Für Felix ist es "uneingeschränkt zu begrüßen", wenn auf diesem Weg ein Industriedenkmal eine neue kulturelle Nutzung bekommt. Das Marionettentheater mit musealen Ausstellungsräumen auf verschiedenen Ebenen würde den baulichen Besonderheiten und der ehemaligen Zweckbestimmung als Scheune (die Tabakfabrikation Raulino trocknete und lagerte hier bis 1943 ihre Erzeugnisse) mehr als gerecht. Zugleich würde ein städtebaulicher Mangel im Zentrum Bambergs beseitigt.

Die Entwürfe sehen im Erdgeschoss die Bühne und einen Zuschauerraum mit 43 Plätzen (derzeit sind es 29) vor, der Flur bietet ebenso Ausstellungsflächen wie eine umlaufende Galerie im Zwischengeschoss. Für Barrierefreiheit sollen unter anderem eine behindertengerechte Toilette und ein Aufzug sorgen. Insgesamt würden dem Marionettentheater so 365 Quadratmeter zur Verfügung stehen, hinzu kommen ein auch für andere Kulturveranstaltungen nutzbarer Mehrzweckraum und gemeinsam genutzte Flächen von insgesamt 280 Quadratmeter.


Stiftungszweck erfüllt

Für Kulturbürgermeister Christian Lange (CSU) ist es eine "Win-win-Situation": "Für das Marionettentheater haben wir langfristig eine gute Lösung gefunden und der Don-Bosco-Platz wird deutlich aufgewertet." Lange weist auf die Achse von Kultureinrichtungen ein, zu denen er neben der zwischen Weide und Graf-Stauffenberg-Platz gelegenen Scheune unter anderem Kesselhaus, Alte Seilerei und Konzerthalle zählt. "Die Aufwertung der Tabakscheune erfüllt durch die kulturelle Nutzung auch den Stiftungszweck der Edgar-Wolf'schen Stiftung", erklärt Lange. Die Stadt hatte das Einzeldenkmal 2012 an diese städtische Stiftung verkauft, weil kein Kaufinteressent ein überzeugendes Nutzungskonzept vorgelegt hatte. Möglichst bald soll auch das Staub'sche Haus in der Unteren Sandstraße generalsaniert werden, wo das Marionettentheater seit seinen Bamberger Anfängen 1986 zu finden ist. Auch dieses denkmalgeschützte und sanierungsbedürftige Gebäude gehört einer städtischen Stiftung, der Krankenhausstiftung, und dürfte nach Abschluss der Arbeiten deutlich höhere Mieteinnahmen erzielen.

Was allerdings den künftigen Standort des Theaters angeht, war man sich mit den dort Aktiven nicht so schnell einig. Die ehemalige Tabakscheune habe nun das Potenzial, auch den Wünschen des Trägervereins gerecht zu werden. Nach Erstellung einer Machbarkeitsstudie und ersten Skizzen war man zum Ergebnis gekommen, die Tabakscheune als neuen Standort des Marionettentheaters voranzutreiben. Im Kultursenat wurden die Pläne gutgeheißen und einstimmig dem Finanzsenat empfohlen, der zwischenzeitlich ebenfalls zugestimmt hat.

"Wir wären gerne im Staub'schen Haus geblieben. Aber das Theater ist Eigentum der Stadt und die Stadt hat anders entschieden", sagt Theaterleiterin Maria Sebald. Gegen die Tabakscheune an sich hat sie nichts. Zwar müsse sie sich von "wunderschönen Räumen" und einem etablierten Standort trennen, dafür könne auch die sanierte Tabakscheune in vielen Bereichen punkten, sei für Rollstuhlfahrer zugänglich und klimatisch erträglicher. "Wir sind traurig, das Staub'sche Haus verlassen zu müssen. Aber sicher werden die Veränderungen auch Vorteile für uns haben. Wir können uns auch strategisch verändern, stärker auf Familien zugehen oder mit der VHS zusammenarbeiten", sagt Sebald. Die Stadt sei durchaus auf die Wünsche der Theaterschaffenden eingegangen. "Ich weiß nur nicht, ob die Lage so glücklich ist. Das wird sich erst einmal herumsprechen müssen", sagt Sebald. Marionettentheater sei kein Selbstläufer, da müsse man immer wieder auf sich aufmerksam machen.
Bis das Theater aber vom jetzigen Standort in der Unteren Sandstraße in die zehn Minuten Fußweg entfernte Tabakscheune umziehen kann, wird es noch ein paar Jahre dauern. Noch 2018 sollen die Entwürfe fortgeschrieben, Kosten- und Förderungsfragen geklärt werden, ehe 2019 die Ausschreibung erfolgt. 2020/21 soll die voraussichtlich 2,8 Millionen Euro teure Sanierung erfolgen und erst nach deren Abschluss kann das Marionettentheater einziehen.


Doppelter Umzug

Das heißt, für die Zeit nach dem Auszug in wenigen Monaten muss noch eine Interimslösung gefunden werden. "Darüber wird derzeit noch heftig debattiert", sagt Sebald. "Ein doppelter Umzug ist schon sehr schlimm fürs Theater." Schon ein Umzug bedeute eine logistische Herausforderung. Hinzu kommt, dass das Publikum sich nun wohl zwei Mal in wenigen Jahren an einen neuen Spielort begeben muss. "Die Übergangsjahre werden hart für uns. Aber wir können ja auch nicht die Sachen einlagern und für drei Jahre den Betrieb einstellen", sagt Sebald. Zu möglichen Interimslösungen wird es am morgigen Dienstag Gespräche geben, an denen sich neben dem Vorstand der "Freunde des Bamberger Marionettentheaters" auch Kulturbürgermeister Lange und Stiftungsreferent Felix beteiligen werden.

"Es wird einiges anders, aber turbulente Zeiten sind auch spannende Zeiten", sagt Theaterleiterin Sebald. "Wer das alte Theater noch nicht gesehen hat, sollte sich das bis zum Ende des Jahres anschauen. Und danach brauchen wir die Bamberger, damit es später in der Tabak-scheune weitergehen kann."