Wie viele Start-up-Firmen gerade dabei sind, die Region zu beleben, können Maximilian Grimmer und Stefan Pflaum nicht sagen. Keiner kann dies. Offizielle Zählungen gibt es nicht, nicht einmal für ganz Bayern. Die Gründerszene ist nun mal äußerst dynamisch. Manche Idee ist schon wieder gestorben, bevor sie überhaupt wahrgenommen wird.


Eine Stufe früher

Genau hier wollen Grimmer und Pflaum ansetzen. Seit einigen Monaten kümmern sie sich um das neue "Accelerator-Programm" der Mediengruppe Oberfranken in Bamberg. Das Unternehmen investiert schon seit geraumer Zeit in aufstrebende Start-ups mit digitalen Geschäftsmodellen und beteiligt sich an ihnen. Nun beginnt das Medienhaus noch eine Stufe früher: in der Ideenphase.
"Die Idee ist da und klingt interessant. Aber oft muss noch am Geschäftsmodell gefeilt werden. Hier greifen wir ein und treiben das Ganze voran", sagt Maximilian Grimmer. Daher erkläre sich auch der Begriff "Accelerator". "Wir beschleunigen diesen Prozess, an dessen Ende die Entscheidung steht, ob es sinnvoll ist, eine Idee weiterzuentwickeln", ergänzt sein Kollege Pflaum.


Szene in Franken überschaubar

Lagarde1 in Bamberg, Einstein1 in Hof, Zollhof in Nürnberg oder das ZDI Mainfranken in Würzburg, Schweinfurt und Bad Kissingen - die in Bayern neu geschaffenen Digitalen Gründerzentren zeigen: In der Start-up-Szene tut sich auch in Franken etwas. Gleichwohl sind die Firmen, die in der Region eine technologische Idee umsetzen, überschaubar.
Beispiel Nürnberg: Die Website "nürnberg-digital.org" listet aktuell 137 Start-ups und Web-Unternehmen auf. Doch darunter finden sich eben auch viele Unternehmen, die längst keine Start-ups mehr sind - etwa die 2001 gegründete Plattform "Hotel.de".
"Mit dem Accelerator-Programm der Mediengruppe Oberfranken wollen wir einen Beitrag zu einer aktiven Gründerszene schaffen, um die Region wirtschaftlich attraktiv zu machen", beschreibt Maximilian Grimmer ein Ziel seines Arbeitgebers. Der 27-Jährige kommt aus einem Familienbetrieb im Landkreis Bamberg, hat an der TU München Betriebswirtschaftslehre in Kombination mit Maschinenbau studiert und sich in seiner Masterarbeit mit dem Thema "Erfolgsfaktor-Gründerteam" beschäftigt. Aktuell besucht er berufsbegleitend den Studiengang "Zukunftsdesign" der Hochschule Coburg.


Netzwerk muss funktionieren

Sein Kollege Stefan Pflaum, der wie Grimmer aus Bamberg stammt, hat nach seinem Wirtschaftsinformatik-Studium selbst schon zwei Start-up-Unternehmen gegründet. Einen Teil der Woche verbringt der 35-Jährige in München, wo er als freier Berater Firmen bei den Themen Digitalisierung und Online Marketing unterstützt.
In der Gründerszene sei Arroganz fehl am Platz. Grimmer und Pflaum setzen auf Kooperation. "Wenn man sich gegenüber Berlin oder München positionieren will, dann muss das Netzwerk funktionieren", sagt Pfla um.
Das kann Carsten Rudolph bestätigen. Der promovierte Elektroingenieur ist Geschäftsführer von BayStartUP, der zentralen Institution im Freistaat für Unternehmensgründung und Finanzierung, unter anderem gefördert vom bayerischen Wirtschaftsministerium. Laut einer Handlungsempfehlung dieses Ministeriums basiert die Gründungsdynamik entscheidend auf drei Faktoren: Ideen, Unternehmerpersönlichkeiten und Finanzierung.


120 bis 130 jährlich in Nordbayern

Dass die Gründerszene in Berlin besonders stark sei, dafür hat Rudolph eine einfache Erklärung. Es gebe dort weniger Industrie und nicht so einen starken Mittelstand, der Fachkräfte sucht. "Wenn ich als junger Mensch dort bleiben will, dann muss ich gründen", sagt Rudolph.
In Nordbayern nehmen laut Rudolph jährlich ungefähr 120 bis 130 Unternehmen am Wettbewerb von BayStartUP um den besten Businessplan teil. Die Accelerator Grimmer und Pflaum würden gerne noch einige Start-ups mehr dorthin bringen. Sie setzen dabei unter anderem auf die Hochschulen der Region als treibende Kraft. "Allein an der Uni Bamberg gibt es 16 Lehrstühle für Informatik", sagt Grimmer. Wichtig sei, bei jeder Idee zu prüfen: Löse ich ein Kundenbedürfnis besser als andere und bin ich nicht schon zu spät dran?
Ziel des Accelerator-Programms der Mediengruppe Oberfranken sei es am Ende, "Talente hier zu halten oder im Idealfall sogar von den Metropolen hierher zu locken", sagt Pfla um. "Ein großer Fisch im kleinen Teich sein, statt umgekehrt."