Zwar mehr Sexual- und Rauschgiftdelikte, aber in allen anderen Bereichen ein Rückgang der Straftaten, eine höhere Aufklärungsquote, kein Mord und Totschlag: "Die Bürger in der Region können sich sicher fühlen", fasst Stefan Haschke, Leiter der Polizeiinspektion (PI) Bad Kissingen, seine Jahresbilanz 2017 zusammen. Die Zahl der bearbeiteten Fälle sank um 137 oder 6,1 Prozent auf 2101. Damit trägt die PI zum positiven Trend im gesamten Landkreis bei: 3490 Straftaten registrierten alle drei Dienststellen zusammen, das sind 342 oder 8,9 Prozent weniger als 2016. Insgesamt handelt es sich um den zweitniedrigsten Wert seit Jahrzehnten.


Weit unter Landes-Durchschnitt

"Schwere Straftaten, die die Bevölkerung stark verunsichern, sind sehr selten", sagt Haschke. Zwar gebe es auch im Zuständigkeitsbereich der PI Bad Kissingen zum Beispiel Wohnungseinbrüche, aber mit durchschnittlich 3677 Straftaten pro 100 000 Einwohnern liege die Region weit unterhalb des Landes-Durchschnitts von 4533 Straftaten pro 100 000 Bürgern.
Mit der Verdopplung der Sicherheitswacht (siehe Titelseite) will die Polizei trotzdem noch mehr Flagge zeigen. Das entlaste auch die Polizei: "Wir haben in vielen anderen Bereichen zusätzliche Belastungen, die auch durch den Gesundheitsstandort resultieren", sagt Haschke. Vermissten-Suche, verwahrloste Menschen, Suizide oder tote Menschen in ihren Wohnungen seien Phänomene, die in Bad Kissingen überdurchschnittlich oft vorkommen. Nicht jeder solche Fall tauche in einer Statistik auf: Wenn etwa demente Patienten in einem Heim in Streit geraten, gehe es mehr um Schlichtung als um eine Strafanzeige.
Eine der wenigen Zunahmen gab es bei den so genannten Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Die Fallzahlen verdoppelten sich von 23 auf 46. Das liege zum einen an einer Gesetzesänderung: "Acht Fälle wären früher als Beleidigungen aufgenommen worden", berichtet Haschke. Als Beispiel nennt er einen "Po-Grabscher" beim Rakoczy-Fest. Auf der anderen Seite gebe es eine erhöhte Wachsamkeit: Es seien zum Beispiel vermehrt Fälle angezeigt worden, in denen jemand Nacktfotos an Minderjährige verschickte. Auch exhibitionistische Handlungen gebe es mehrere in der Statistik. Haschke will nichts beschönigen, aber: "Echte Missbrauchsfälle an Kindern sind zum Glück selten."


Insgesamt weniger Diebstähle

Auch für den Anstieg der Rauschgift-Delikte um 44 Fälle oder 37,3 Prozent auf 162 Straftaten hat der Bad Kissinger Polizei-Chef eine Erklärung: "Je mehr Arbeit man da rein steckt, desto mehr kommt raus." Die Polizisten seien mehr sensibilisiert, deshalb werde mittlerweile im Straßenverkehr etwa so vielen Autofahrern der Konsum illegaler Drogen nachgewiesen wie es Verstöße gegen den Alkohol-Höchstwert gibt. Oft folge auch eine Wohnungsdurchsuchung. Trotzdem relativiert Haschke das Drogen-Problem: "Wir haben keine offene Szene."
Bei Eigentumsdelikten verweist Haschke auf einen insge-samten positiven Trend: Die einfachen Diebstähle, darunter Ladendiebstahl, ging von 504 auf 429 Fälle zurück, das bedeutet ein Minus von 14,9 Prozent. Bei den schweren Diebstählen, also Einbrüche und das Entwenden von ver- oder eingeschlossenen Gegenständen, haben dagegen von 106 auf 117 Fälle zugenommen. Trotz dieser Steigerung um 10,4 Prozent liege die Region aber auf einem niedrigen Niveau: "Das macht bei uns gut fünf Prozent der Straftaten aus, bayernweit sind es neun Prozent", betont Haschke, und: "Da hatten auch wir hier schon deutlich mehr."


Aufklärungsquote: 70,6 Prozent

Ein "Super-Ergebnis" sei auch die Bad Kissinger Aufklärungsquote: Das bereits hohe Ergebnis von 69,7 Prozent konnte noch einmal gesteigert werden: In 1483 Fällen, also 70,6 Prozent, ermittelten die Beamten einen Tatverdächtigen, der bayerische Durchschnitt liegt bei 64,4 Prozent. In der Statistik der Tatverdächtigen liegen die Männer eindeutig vorne: 755 männliche und 264 weibliche Täter meldete die Bad Kissinger Polizei der Staatsanwaltschaft. An der Altersverteilung hat sich kaum etwas geändert. 86,4 Prozent der aufgeklärten Straftaten wurden deutschen Tätern zugeschrieben. Bei 203 Fällen war der Tatverdächtige nicht deutsch, in nur 85 Fällen, also 5,7 Prozent aller Fälle, gerieten Zuwanderer ins Visier der Polizei. "Natürlich liegt das über dem Anteil der Bevölkerung", sagt Haschke. Allerdings bedeute das nicht unbedingt ein erhöhtes Risiko für die Gesamtbevölkerung: Alleine 21 Fälle ereigneten sich in Asylbewerber-Unterkünften, auch bei den Fällen von häuslicher Gewalt ist der Ausländeranteil mit 21,2 Prozent besonders hoch.


Gewalt gegen Polizisten

Wichtiges Thema sei auch die Gewalt gegen Polizeibeamte: Die Zahl der Fälle ging zwar von 39 auf 32 zurück und es wurde niemand schwer verletzt, trotzdem haben Polizisten einen schweren Job: Insgesamt wurden 70 beleidigt, genötigt oder verletzt, 14 von ihnen trugen leichte Verletzungen davon, die zum Teil sogar die Dienstfähigkeit auf Zeit einschränkte.
Verteilung Die 2101 Straftaten verteilen sich auf insgesamt neun Gemeinden im Osten des Landkreises Bad Kissingen: In Bad Kissingen selbst gab es einen Rückgang von 1456 auf 1283 Delikte, also ein Minus von 11,9 Prozent. Auch in Münnerstadt gingen die Straftaten zurück: von 276 auf 245. Einen positiven Trend verzeichneten auch Burkardroth (von 101 auf 88 Straftaten), Nüdlingen (88 auf 83) und Rannungen (14 auf 9). In der Gemeinde Maßbach blieb die Fallzahl bei 64. In Thundorf stiegen die Straftaten von 20 auf 25, in Oerlenbach von 117 auf 141 und in Bad Bocklet sogar von 109 auf 163. Der hohe Anstieg in Bad Bocklet gehe nicht etwa auf die Asyl-Unterkunft, sondern auf eine Betrugsserie zurück: In 59 Fällen wurden Waren im Internet bestellt und nicht bezahlt.

Gelöst Gleich mehrere spektakuläre Fälle wurden 2017 aufgeklärt: Im August gab es einen versuchten Raubüberfall auf eine Bäckereifiliale in Nüdlingen. Der Täter hatte es am Tag zuvor bereits in Bad Kissingen in einer Bank versucht, zudem bedrohte er nach dem Nüdlinger Versuch einen Bank-Angestellten in Saal an der Saale. Nach einer guten Woche wurde ein 44-Jähriger festgenommen, er gestand die Taten. Ein ebenfalls 44-jähriger Rumäne fiel der Polizei bei Routinekontrollen auf: Weil er noch Beute im Auto hatte, wies ihm die Polizei eine Einbruchserie in Sportheimen zwischen Juli und August nach.

Ungelöst Einige Fälle sind noch offen: Im Januar wurde etwa in Garitz ein teurer Audi mit "Keyless"-Technik gestohlen. Von Fahrzeug und Täter fehlt jede Spur. Auch bei den Raubüberfallen auf einen Paketzusteller im Oktober in Hausen und auf ein Bad Kissinger Hotel im März laufen die Ermittlungen noch. Der 36-jährige Fahrer einer Spedition war am 25. Oktober nachts um 3 Uhr von maskierten Männer überwältigt und gefesselt worden. Am 13. März fesselten zwei Maskierte den Nachtportier eines Hotels und raubten Bargeld. rr