Die Spannung im Bürgerbüro im Rathaus ist kaum auszuhalten. "Schrecklich", entfährt es einer Zuschauerin. Stille. Die neugierigen Bürger, die sich im Foyer des Rathauses versammelt haben, können nicht fassen, was sie sehen. Um 18.22 Uhr sind fast alle Wahllokale ausgezählt. Es steht 48,63 Prozent für Brigitte Meyerdierks (CSU). Claudio Kleinhans (PSW) liegt da schon bei 37,47 Prozent. "Er war auch sehr aktiv...", murmelt ein Stadtrat aus der CSU-Fraktion. Betretener könnte die Stimmung kaum sein.

Das Aufatmen kommt erst später, als die Briefwahlstimmen ausgezählt sind. 890 Wähler stimmten im Vorfeld per Post ab - oder trugen ihre Umschläge persönlich ins Rathaus. Die Briefwähler jedenfalls gaben ihre Stimmen überwiegend der Amtsinhaberin. Die Stichwahl, auf die ihre beiden Mitbewerber gesetzt hatten, um ein Haar wäre sie wahr geworden.

Endlich lässt Wahlleiter Michael Worschech das erste, vorläufige Ergebnis über die Leinwand laufen: Amtsinhaberin Brigitte Meyerdierks (CSU) liegt mit 50,96 Prozent der Stimmen klar vorn. Claudio Kleinhans (Perspektivwechsel) folgt mit 34,63 Prozent. Der Kandidat der PWG Mike Richter ist mit 14,41 Prozent Schlusslicht.

Insgesamt waren 5311 Wahlberechtigte aufgerufen, sich an der Bürgermeisterwahl zu beteiligen. Nach ersten Hochrechnungen liegt die Wahlbeteiligung bei 46,18 Prozent. Vor sechs Jahren waren knapp 53 Prozent der wahlberechtigten Bürger an die Urnen gegangen. Damals siegte erstmals ein CSU-Kandidat in der Stadtgeschichte: Es war Brigitte Meyerdierks mit 63,58 Prozent der Stimmen.


Glückwünsche für Brigitte Meyerdierks

Blumen, Applaus, Glückwünsche. Doch so ganz mag die Anspannung aus Meyerdierks' Gesicht nicht weichen. "Brigitte Meyerdierks bleibt weiterhin unsere Erste Bürgermeisterin in unserer Stadt", gratuliert 2. Bürgermeister Jürgen Pfister (PWG) im Namen des Stadtrats und überreicht ihr einen Blumenstrauß, der in den Farben der Stadt gehalten ist. Pfister würdigt auch die anderen Kandidaten: Mike Richter für seinen Blick von außen auf die Stadt und Claudio Kleinhans. "Du hast vor allem die Jugend motiviert", lobt Pfister.

Meyerdierks selbst dankt ihren treuen Wählern und CSU-Freunden. Kleinhans "zolle sie Respekt", sagt sie am Rande und gratuliert ihrem Kontrahenten schnell, nachdem sie die eigenen Glückwünsche entgegengenommen hat. In den sozialen Medien habe sie die Dynamik verfolgt und mit einer Stichwahl gerechnet. "Heilfroh" sei sie trotzdem, dass es nicht dazu gekommen ist. Die geringe Wahlbeteiligung jedoch ist für sie bitter. "Die wird's ja eh", diesen Ausspruch habe sie oft gehört.

Claudio Kleinhans steht da, als sei er der eigentliche Gewinner des Abends. "Viele haben es nicht geglaubt, aber er hat es gezeigt", sprudelt seine Mutter vor Stolz über. Er habe mit einer Stichwahl gerechnet, sagt Kleinhans, habe seine Chancen zuletzt auf etwa 30 Prozent geschätzt. Seine kommunalpolitische Zukunft sieht er "sehr positiv". In den vergangenen Wochen habe er neue Erfahrungen gemacht, sich persönlich weiterentwickelt und viele nette Leute kennengelernt. Das nächste Ziel des 23-jährigen Studenten ist die Stadtratswahl im Frühjahr 2020. "Ich weiß noch nicht, ob ich über eine etablierte Partei oder Wählergruppe antreten werde oder ob ich meine eigene Wählergruppe weiter ausbaue", hält er sich noch alle Möglichkeiten offen.


Historisch schlechtes Ergebnis für die PWG

Die "Parteilose Wählergruppe - FW Freie Wähler" hat mit 14,41 Prozent das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte eingefahren. Zum Ende seiner Kandidatur findet Mike Richter knappe Worte. "Bad Brückenau hat nicht akzeptiert, dass jemand aus Hessen kommt", sagt er. Ehefrau Isabel und Tochter Laura weichen den ganzen Abend nicht von seiner Seite. Claudio Kleinhans habe "es super gemacht". Brigitte Meyerdierks wünschte Richter viel Erfolg für die nächsten sechs Jahre.

Die CSU-Prominenz steht einigermaßen verdattert am Rande. Etliche sind gekommen: Bürgermeister der Brückenauer Rhönallianz, Landrat Thomas Bold, Bezirksrätin Karin Renner und Landtagsabgeordneter Sandro Kirchner. Er halte es grundsätzlich für schlecht, wenn weniger als die Hälfte der Bürger zur Wahl gehe, sagt Landrat Bold. Als Grund für die geringe Resonanz bringt er mehrere Faktoren ins Spiel, möchte aber nicht spekulieren. Politikverdrossenheit oder eine allgemeine Antwortlosigkeit der CSU sieht er nicht. "Generell ist es natürlich für alle Parteien wichtig, die Wähler anzusprechen, damit sie von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen", sagt der Landrat.


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