Noch nie wurden so viele Wildschweine im Landkreis geschossen wie in diesem Jahr. Trotzdem haben Wildschweine deutliche sichtbare Spuren in der Münnerstädter Flur hinterlassen. Der Vorsitzende der Münnerstädter Jagdgenossenschaft, Dieter Petsch, betont: "Es ist eine Katastrophe". Der Biolandwirt ist in diesem Jahr besonders betroffen von den Wildschweinschäden. Die Tiere haben Felder durchwühlt, auf denen er zweijährige Saaten stehen hat. Da kann er nicht schnell Nachsäen, um die Schäden in Grenzen zu halten. Roland Bieberich, der Jagdvorsteher in Althausen ist, weiß, wovon Dieter Petsch spricht. Er verweist auf den Höhenkamm im Dreieck Münnerstadt, Althausen, Poppenlauer: "Da sieht es aus, als wäre ein Panzer durchgefahren". Selbst Erdwege wurden durchwühlt und Gräben beschädigt. Auffallend sind die Schäden im Tal.
Für Dieter Petsch ist klar: Es gibt zu viele Wildschweine rund um Münnerstadt. Er wünscht sich eine schärfere Bejagung als bisher. Die Untere Jagdbehörde am Landratsamt Bad Kissingen sollte in besonders betroffenen Regionen Jägern das Aufsetzen von Nachtzielgeräten erlauben. Auch den Einsatz von Lebendfallen, sogenannten Saufängen, hält er mittlerweile für sinnvoll. Die Jagdgenossenschaft würde seit Jahren auf den wachsenden Schwarzwild-Bestand hinweisen.
Hans-Peter Donislreiter kennt die Münnerstädter Problematik, weiß aber, dass auch anderswo Wildschweine Schaden anrichten. Für den gesamten Landkreis sind der unteren Jagdbehörde Schäden für das Jagdjahr 2017/2018 in Höhe von 120 668 Euro gemeldet worden. Nur vor zehn Jahren war diese Summe noch höher, obgleich damals lediglich die Hälfte an Sauen geschossen wurde wie in dieser Saison. Dieter Petsch geht davon aus, dass die tatsächlichen Schäden heuer noch höher sind, weil sie nicht überall konsequent erfasst werden.

Hans-Peter Donislreiter hält wenig davon Lebendfallen einzusetzen. "Ein Saufang ist eine dramatische Geschichte", findet Donislreiter, der selbst Jäger ist. Am Landratsamt gibt es allerdings Überlegungen, Nachtzielgeräte unter bestimmten Voraussetzungen zuzulassen.Normalerweise sind diese Aufsätze für Gewehre verboten. An den Jägern liege es jedoch nicht, dass die Population so groß ist, meint Hans-Peter Donislreiter. "Sie machen ihre Hausaufgaben", sagt er, auch in den Münnerstädter Revieren. Donislreiter legt die Abschusszahlen vor. Im Altlandkreis Bad Kissingen wurden im abgelaufenen Jagdjahr alleine 1375 Sauen erlegt. Was diese Zahl bedeutet, zeigt der Blick in die Statistik von 1992. Damals waren es gerade 147 Tiere. Revierübergreifende Jagden, wie sie Dieter Petsch ebenfalls fordert, seien im Landkreis bereits seit langem üblich. "Da waren wir Vorreiter", erklärt Donislreiter.

Hans-Peter Donislreiter beobachtet das Anwachsen der Wildschweinpopulation seit der Grenzöffnung. Hinzu kommen die milden Winter. Mehrere Eichel- und Buchenmastjahre haben dazu geführt, dass Wildtiere einen gedeckten Tisch vorgefunden haben und sich bestens vermehren konnten. Sonst gab es solche üppigen Futterjahre nur selten, jetzt fast schon jährlich. "Die haben das Schlaraffenland", stellt Donislreiter fest. Üppige Nahrung finden sie aber nicht nur im Wald, sondern auch in der Flur, wo Feldfrüchte wie Raps und Mais reichlich wachsen.
Dass die Wildschweine gerade im Frühjahr Felder und Wiesen umackern, sei durchaus ein normaler Zyklus, erklärt der Münnerstädter Jagdpächter Hubert Holzheimer. Die Tiere sind in dieser Jahreszeit auf der Suche nach tierischem Eiweiß. In den offenen Feldfluren finden sie im Boden Kleingetier, Engerlinge und Mäuse beispielsweise. Heuer kommt hinzu, dass es 2017 keine Eichen- und Buchenmast gab und deshalb die Nahrung im Wald geringer ist und es die hungrigen Rotten scheinbar verstärkt in die Flur treibt.
Das Argument, dass zu wenig geschossen wird, lässt auch Hubert Holzheimer nicht gelten. Er habe noch nie einen so hohen Abschuss gehabt wie in diesem Jagdjahr, erklärt der Jagdpächter.
Das Münnerstädter Tal mit seinen weiten Wäldern ist schon immer ein typisches Wildschweingebiet in Münnerstadt. Hier fallen die Schäden auch besonders auf. Dass die Population hierstark ist, könne anber auch mit der Autobahn zusammenhängen, vermutet Roland Bieberich. Die Tiere sind stärker auf ihr Revier eingeschränkt. Hans-Peter Donislreiter hält diese Theorie für denkbar, schließlich hat die Jagdbehörde darauf gedrungen, dass die Autobahn wegen des hohen Wildbestandes in diesem Bereich über einen Zaun geschützt ist.
Wildschweine seien überall im Stadtgebiet ein Thema, erklärt Bürgermeister Helmut Blank. Auf nahezu allen Versammlungen der Jagdgenossenschaften sei das ein Thema gewesen. Die Stadt ist selbst betroffener, zum Beispiel dann, wenn Erdwege und Gräben in Mitleidenschaft gezogen werden.
Wie es weiter geht mit der Wildschwein-Problematik in Münnnerstadt, ist momentan offen. Dieter Petsch hofft darauf, dass die Bestände noch konsequenter bejagt werden, auch mit Hinblick auf eine drohende Schweinepest. Denn der Folgen, die ein Ausbrauch für die betroffene Region und ihre Landwirte haben könnte, ist sich nach Meinung von Dieter Petsch die Öffentlichkeit kaum bewusst.