Das TiP im Theater Schloss Maßbach wird immer mehr zu einem heißen Tipp. Und das nicht nur, weil es dort seit vielen Jahren ein großartiges Jugendtheater mit Aufführungen für die so schwer für Kultur zu begeisternden Zwölf- bis 16-Jährigen aus den Schulen der Umgebung gibt mit Hits wie "Creeps" oder "Norway today", sondern weil es auch die Spielstätte der hauseigenen Jugendtheatergruppe der Maßbacher, des "TheaterJugendClubs" (TiP), ist.
Die mittlerweile zu jungen Erwachsenen gereiften Spieler verbinden immer noch jugendliche Spielbegeisterung mit nun schon jahrelanger Bühnenerfahrung unter der Leitung einer am Haus tätigen Theaterpädagogin. Schon in der zweiten Spielzeit ist das Julia Kren, die nicht nur die Kunst des Darstellens auf der Bühne lehrt, sondern den kreativen Jugendlichen aus dem Maßbacher Raum auch die Gelegenheit gibt, sich selbst in ihren eigenen Texten zu artikulieren.
So auch bei der an diesem Wochenende uraufgeführten neuen Eigenproduktion des TheaterJugendClubs "6 Sekunden". Fünf Spieler, eine Art Oberseminar des Jugendclubs, entwarfen Spielszenen, aus denen sich vor dem kundigen Auge Julia Krens ein durchgängiges Thema herauskristallisierte: Spiegel, Spiegelbilder, Macht der Spiegel und der Spiegelbilder. Drei junge Frauen, Martha, Maya und Anna, und zwei junge Männer, Hans und Matthias, umkreisen vier übermannshohe Spiegel, die im Laufe der eineinhalbstündigen Aufführung auf verschiedene Art und Weise Einfluss auf ihr Leben nehmen.
Anna (sehr ruhig und intensiv Fanny Schmidt) nähert sich ihrem Spiegelbild zunächst ganz kindlich-naiv, wundert sich und fragt sich, ob sich im Spiegel nicht eine zweite Anna befindet, an die sie sich in schizophrenen Zwiegesprächen immer intensiver bindet und schließlich ihre Umwelt, ihre Freundin Martha, völlig aussperrt aus dieser libidinösen Beziehung. Sie spricht den Text, der zum Titel der Aufführung wurde, dass zwei Menschen, nachdem sie sich sechs Sekunden in die Augen geschaut haben, sich entweder lieben oder hassen. Für Martha (mutig und sehr konzentriert Hannah Thome) vertritt ihr Spiegel die Kontrollinstanz Öffentlichkeit; sie versucht ihr Gesicht ständig umzukneten, sagt ihrem Spiegelbild immer wieder "Du siehst furchtbar aus!" und besprüht es mit Glasreiniger. Für Maya (differenziert und sehr engagiert Jehanne Worch) ist ihr Spiegel permanente Bestätigung ihres fulminanten Aussehens, das sie instrumentalisiert, um jeden Abend neue Männer aufzureißen, unfähig sie zu lieben, weil sie nur ihre absolute Macht zur Manipulation aufgrund ihres Äußeren liebt.
In der längsten und komplexesten der meist kurzen Episoden gerät sie an Hans (unostentativ überzeugend in der Darstellung von dessen extremen Gefühlen Johannes Rösch), der sich heftig in sie verliebt, der Ehe, Kinder und einen absolut treuen Partner erwartet, und den sie mit ihrer selbstverliebten Flatterhaftigkeit und ihrer Forderung nach Unabhängigkeit in äußerste Aggression treibt, durch die er ihr Gesicht für immer entstellt, ihr ihr Allmachtsgefühl raubt. Bei Matthias (stimmig als zunächst mitfühlender Freund, dann abgeklärter Blinder Melvin Beck), der durch einen Unfall erblindet, unabhängig von Spiegelbild wie dem Urteil der Umgebung in einem Dark Café zufrieden lebt, findet Anna keine Hilfe. Sie bleibt in ihrer schizophrenen Liebe gefangen. Hans kann sich nicht von der Enttäuschung durch Maya befreien, nicht mehr verlieben.
Uralt ist die Geschichte vom schönen Jungen Narziss, der sich in sein Spiegelbild verliebt und dadurch der Welt abhanden kommt. Julia Kren hat die Texte des TheaterJugendClubs anhand dieses Mythos zu einem vielschichtigen Narrativ geformt, in das sie auch dessen Präsenz in der Bildenden Kunst und so in unseren Köpfen (die Anknüpfung gelang durch Mayas Studiengebiet Kunstgeschichte und das Kennenlernen von Maya und Hans auf einer Vernissage absolut plausibel) integriert hat. Mayas Erzählen der alten Geschichte bei der Morgentoilette mit Martha, die Integration von Bildbeschreibungen sowie Salvador Dalís Gedicht "Mein Narziss" und ein Vortrag aus dem Kunst-Audio-Guide "Spiegel in der bildenden Kunst" lassen ihn fast leitmotivisch ständig anwesend sein.
Die Mithilfe von Bühnenbildner Jörn Hagen, Ton/Licht-Betreuer Stephan Schoder; Benjamin Jorns" Beratung bei der Choreographie oder Georg Schmiechens Einspielung der Audio-Guide zeigen, wie gut die jungen Truppe und ihre Leiterin im Theater Maßbach vernetzt sind, wie sehr das gesamte Theater hinter ihrer großartigen Jugendarbeit steht. Hut ab vor diesem dichten und rundum überzeugenden Abend.
Die mittlerweile zu jungen Erwachsenen gereiften Spieler verbinden immer noch jugendliche Spielbegeisterung mit nun schon jahrelanger Bühnenerfahrung unter der Leitung einer am Haus tätigen Theaterpädagogin. Schon in der zweiten Spielzeit ist das Julia Kren, die nicht nur die Kunst des Darstellens auf der Bühne lehrt, sondern den kreativen Jugendlichen aus dem Maßbacher Raum auch die Gelegenheit gibt, sich selbst in ihren eigenen Texten zu artikulieren.
Macht der Spiegel und der Spiegelbilder
So auch bei der an diesem Wochenende uraufgeführten neuen Eigenproduktion des TheaterJugendClubs "6 Sekunden". Fünf Spieler, eine Art Oberseminar des Jugendclubs, entwarfen Spielszenen, aus denen sich vor dem kundigen Auge Julia Krens ein durchgängiges Thema herauskristallisierte: Spiegel, Spiegelbilder, Macht der Spiegel und der Spiegelbilder. Drei junge Frauen, Martha, Maya und Anna, und zwei junge Männer, Hans und Matthias, umkreisen vier übermannshohe Spiegel, die im Laufe der eineinhalbstündigen Aufführung auf verschiedene Art und Weise Einfluss auf ihr Leben nehmen.
Anna (sehr ruhig und intensiv Fanny Schmidt) nähert sich ihrem Spiegelbild zunächst ganz kindlich-naiv, wundert sich und fragt sich, ob sich im Spiegel nicht eine zweite Anna befindet, an die sie sich in schizophrenen Zwiegesprächen immer intensiver bindet und schließlich ihre Umwelt, ihre Freundin Martha, völlig aussperrt aus dieser libidinösen Beziehung. Sie spricht den Text, der zum Titel der Aufführung wurde, dass zwei Menschen, nachdem sie sich sechs Sekunden in die Augen geschaut haben, sich entweder lieben oder hassen. Für Martha (mutig und sehr konzentriert Hannah Thome) vertritt ihr Spiegel die Kontrollinstanz Öffentlichkeit; sie versucht ihr Gesicht ständig umzukneten, sagt ihrem Spiegelbild immer wieder "Du siehst furchtbar aus!" und besprüht es mit Glasreiniger. Für Maya (differenziert und sehr engagiert Jehanne Worch) ist ihr Spiegel permanente Bestätigung ihres fulminanten Aussehens, das sie instrumentalisiert, um jeden Abend neue Männer aufzureißen, unfähig sie zu lieben, weil sie nur ihre absolute Macht zur Manipulation aufgrund ihres Äußeren liebt.
Extreme Gefühle
In der längsten und komplexesten der meist kurzen Episoden gerät sie an Hans (unostentativ überzeugend in der Darstellung von dessen extremen Gefühlen Johannes Rösch), der sich heftig in sie verliebt, der Ehe, Kinder und einen absolut treuen Partner erwartet, und den sie mit ihrer selbstverliebten Flatterhaftigkeit und ihrer Forderung nach Unabhängigkeit in äußerste Aggression treibt, durch die er ihr Gesicht für immer entstellt, ihr ihr Allmachtsgefühl raubt. Bei Matthias (stimmig als zunächst mitfühlender Freund, dann abgeklärter Blinder Melvin Beck), der durch einen Unfall erblindet, unabhängig von Spiegelbild wie dem Urteil der Umgebung in einem Dark Café zufrieden lebt, findet Anna keine Hilfe. Sie bleibt in ihrer schizophrenen Liebe gefangen. Hans kann sich nicht von der Enttäuschung durch Maya befreien, nicht mehr verlieben.
Uralt ist die Geschichte vom schönen Jungen Narziss, der sich in sein Spiegelbild verliebt und dadurch der Welt abhanden kommt. Julia Kren hat die Texte des TheaterJugendClubs anhand dieses Mythos zu einem vielschichtigen Narrativ geformt, in das sie auch dessen Präsenz in der Bildenden Kunst und so in unseren Köpfen (die Anknüpfung gelang durch Mayas Studiengebiet Kunstgeschichte und das Kennenlernen von Maya und Hans auf einer Vernissage absolut plausibel) integriert hat. Mayas Erzählen der alten Geschichte bei der Morgentoilette mit Martha, die Integration von Bildbeschreibungen sowie Salvador Dalís Gedicht "Mein Narziss" und ein Vortrag aus dem Kunst-Audio-Guide "Spiegel in der bildenden Kunst" lassen ihn fast leitmotivisch ständig anwesend sein.