Thomas Seuberling gibt sich bescheiden. Aber viele Einheimische kennen ihn. Er findet das, was seit Wochen im Münnerstädter Bahnhof passiert, "als ein großes Geschenk, eine echte Bereicherung für Münnerstadt".

Soviel Bescheidenheit muss nicht sein, denn der 43-jährige gelernte Erzieher hat ein Stück zum Gelingen beigetragen. Aktuell beteiligt er sich an der Ausstellung "Guckhaldema". Nicht einfach so, sondern ganz speziell mit dem derzeit hochpolitischen Begriff "Heimat".

Sein künstlerischer Beitrag unter dem Titel "Heimatmuseum" kotzt die Seele von Unverständnis, Ironie und Depression aus dem Leib eines toleranten und liberalen Menschen, so sieht es der gebürtige Burghäuser. Das ist Politik als künstlerische Variation in ziemlich aufgewühlten Zeiten.

Zur Ausstellung im 2.Stock des Bahnhofs zu gelangen, ist für Thomas Seuberling ziemlich anstrengend. Mit tatkräftiger Hilfe konnte er, der an den Rollstuhl gefesselt ist, endlich einmal die Ausstellungsräume besuchen. Er leidet an einer unheilbaren Krankheit, die über die Nervenzellen die Muskeln erlahmen lässt (Friedreich'sche Ataxie).

Thomas Seuberling ist schockiert, wie "dünn die Decke der Zivilisation" geworden ist und möchte mit seinen Objekten dagegen halten. "Ist deine Heimat ein Ort oder eine Idee?" fragt er in seinem "Heimatmuseum" im Bahnhof. Die Antwort bleibt offen, der Betrachter hat Zeit, sich zu orientieren.
Vergiften, ersaufen, ersticken: Das Objekt "Giftschrank" lässt keine Wünsche offen. "Ausgrenzen" ist da noch das harmloseste "Medikament" in dem Schrank, der auf den ersten Blick ein schlichter Vorratsbehälter ist, mit originellen Verpackungen. Das Lesen der "Rezeptur" bringt ein heilendes Grausen mit sich.

Thomas Seuberling lässt sich durch seine Krankheit nicht den Mut nehmen. Die Ausfahrten, die er mit seinem Rollmobil unternimmt, führen ihn an alle erreichbaren Plätze in Münnerstadt. Der Weg zu seiner Wohnung in der Bauerngasse ist barrierefrei. Fast könnte man meinen, das sei ein Idealzustand. Ist es natürlich nicht wenn man seinen Gedichtband "Innenansichten" (Medien Streu Verlag 2018, ISBN 3946685067) nimmt und darin blättert.

Das digitale Design ist seine neue Leidenschaft geworden. Es gibt ihm Erleichterung und augenscheinlich jeden Tag Hoffnung. Auch das zeigt die Ausstellung in einem anderen Raum. Das Wahrzeichen "Oberes Tor" geht in der Welt "spazieren". In 19 Motiven auf Karton bekommen legendäre Symbole der Geschichte einen Mitgesellschafter, sei es beim Titanic-Untergang oder bei einem Mondausflug der Astronauten. Selbst King Kong muss sich in New York auf dem Oberen Tor den Angriffen erwehren. Ein überzeugter Münnerstädter fühlt sich in dieser Welt von Thomas Seuberling zu Hause. Das Brandenburger Tor wird von Mürschter Gesteinen gestützt, die Akropolis bekommt endlich ihren Ausguck. Der Burghäuser "Junge" hat so viel Augenzwinkern mit der Kraft des Designs für seine Mitmenschen übrig. Man könnte Heulen vor Lachen.