Auf der Homepage des Kultusministeriums wird das Projekt immer noch angepriesen: "Zur pädagogischen Koordination und Gestaltung dieses Überganges werden sogenannte Lotsen eingesetzt", heißt es dort. Tatsächlich hat das Ministerium das Projekt aber vor einer Woche gekippt. In einer "sehr sorgfältigen Güterabwägung" sei beschlossen worden, "die Tätigkeit der Lotsen (...) zugunsten der Qualität des Unterrichts an Grundschulen zu reduzieren", heißt es dazu auf Nachfrage aus München. Sprich: Es gibt zu wenige Grundschul-Lehrer, um sie noch in Realschule und Gymnasium zu entsenden.
"Äußerst bedauerlich" findet Helmut Schreiner, Direktor des Frobenius-Gymnasiums (FGH) Hammelburg, die Entscheidung. Sechs Stunden pro Woche habe die Lotsin Unterricht gehalten, also zwei Stunden in jeder 5. Klasse, dazu gab es eine Beratungsstunde. Vor allem in Mathe und Englisch seien die Klassen entweder in zwei Gruppen oder von zwei Lehrern unterrichtet worden. Im Elternabend für die 83 Kinder, die ab September die vier 5. Klassen des FGH besuchen, habe er die Lotsin Anna Kuhn noch vorgestellt, vergangenen Montag musste er sie dann verabschieden. Aber: "Die Erfahrung bleibt", sagt Schreiner und nennt den "geschärften Blick der Kollegen" als Erfolg.
Im Gymnasium verabschiedet, aber noch keine offizielle Info hat die betroffene Lotsin Anna Kuhn bekommen: Deshalb hat sie ihren Schülern auch noch nichts davon erzählt, dass sie einen Teil von ihnen im kommenden Jahr doch nicht wieder sieht. 7 von 16 Kindern aus Kuhns Klasse in Euerdorf wechseln ans Hammelburger Gymnasium. "Es hätte mich wahnsinnig interessiert, wie sich meine Kinder in der 5. Klasse schlagen." Sie habe als Lotsin viel dazu gelernt, besuchte Konferenzen für Gymnasial-Lehrer und schulte andere Grundschullehrer. Auf der anderen Seite freue sie sich aber auch, "dass die Stunden zurück in die Grundschule kommen".
Dorothea Veth hat das Lotsen-Projekt von Anfang an mit betreut: 2008 ging es los, neun Jahre war sie Lotsin, bis sie 2017 die Leitung der Grundschule Wasserlosen übernahm. "Es hat sich in der Methodik etwas bewegt", sieht auch Veth Erfolge. Sie spricht von "Aufbauarbeit" an der Schule und in der Bildungsregion. Wenn ein Mathe-Lehrer ein Kopfrechenspiel einbaue oder der Englisch-Lehrer die Vokabeln anders unterrichte, bringe das den Fünftklässlern viel: "Wir brauchen dringend Tipps in beide Richtungen", sagt Veth zum Übertritt.
Die Abschaffung sei zwar seit der Mehrbelastung durch Flüchtlinge in Grund- und Mittelschule 2015 gefordert worden, kam aber trotzdem überraschend, berichtet Schulamtsdirektor Klaus Jörg: "Wir hatten die Zuweisungen bereits im Postausgang." Bis zu neun Stunden seien die Lotsen abgeordnet worden, bei drei Realschulen und vier Gymnasien summiere sich das für den Landkreis Bad Kissingen auf fast drei Vollzeit-Stellen, die nun wieder den Grundschulen zur Verfügung stehen: "Es ist ja ein Widerspruch, dass wir Realschul- und Gymnasial-Lehrer suchen und in der Grundschule einsetzen, aber Grundschullehrer an andere Schulen schicken." Wegen der kurzfristigen Absage gehe aber die Planung nun von vorne los.
Dazu ein Kommentar von Redakteur Ralf Ruppert:
Auf dem Rücken der Kinder
Bildung hat in den Sonntagsreden einen hohen Stellenwert, ständig wird davon gesprochen, dass der Gehirnschmalz des Nachwuchses die wichtigste Ressource unseres Landes ist. Ob wirklich Grundschul-Lehrer die Kinder bis in Realschule und Gymnasium geleiten müssen, sei dahin gestellt. Aber vor zehn Jahren wurden die Lotsen mit viel Tamtam und aus pädagogischen Gründen eingeführt. Jahr für Jahr wurden die Lotsen in Info-Veranstaltungen als gute Sache gelobt - natürlich auch heuer wieder.
Dass nun fast schon über Nacht und ohne Mitteilung an alle Betroffenen eineinhalb Wochen vor den Sommerferien das Kultusministerium zurückrudert, stößt viele vor den Kopf: Die vielen Lotsen, die engagiert den Übertritt begleiteten, die Schulleiter, die im Wort stehen, die Eltern, denen die Betreuung wichtig war, und natürlich die Schüler, denen zwei Stunden in gewohnter Atmosphäre gut getan hätten.
"Äußerst bedauerlich" findet Helmut Schreiner, Direktor des Frobenius-Gymnasiums (FGH) Hammelburg, die Entscheidung. Sechs Stunden pro Woche habe die Lotsin Unterricht gehalten, also zwei Stunden in jeder 5. Klasse, dazu gab es eine Beratungsstunde. Vor allem in Mathe und Englisch seien die Klassen entweder in zwei Gruppen oder von zwei Lehrern unterrichtet worden. Im Elternabend für die 83 Kinder, die ab September die vier 5. Klassen des FGH besuchen, habe er die Lotsin Anna Kuhn noch vorgestellt, vergangenen Montag musste er sie dann verabschieden. Aber: "Die Erfahrung bleibt", sagt Schreiner und nennt den "geschärften Blick der Kollegen" als Erfolg.
Ohne Infos verabschiedet
Im Gymnasium verabschiedet, aber noch keine offizielle Info hat die betroffene Lotsin Anna Kuhn bekommen: Deshalb hat sie ihren Schülern auch noch nichts davon erzählt, dass sie einen Teil von ihnen im kommenden Jahr doch nicht wieder sieht. 7 von 16 Kindern aus Kuhns Klasse in Euerdorf wechseln ans Hammelburger Gymnasium. "Es hätte mich wahnsinnig interessiert, wie sich meine Kinder in der 5. Klasse schlagen." Sie habe als Lotsin viel dazu gelernt, besuchte Konferenzen für Gymnasial-Lehrer und schulte andere Grundschullehrer. Auf der anderen Seite freue sie sich aber auch, "dass die Stunden zurück in die Grundschule kommen".Dorothea Veth hat das Lotsen-Projekt von Anfang an mit betreut: 2008 ging es los, neun Jahre war sie Lotsin, bis sie 2017 die Leitung der Grundschule Wasserlosen übernahm. "Es hat sich in der Methodik etwas bewegt", sieht auch Veth Erfolge. Sie spricht von "Aufbauarbeit" an der Schule und in der Bildungsregion. Wenn ein Mathe-Lehrer ein Kopfrechenspiel einbaue oder der Englisch-Lehrer die Vokabeln anders unterrichte, bringe das den Fünftklässlern viel: "Wir brauchen dringend Tipps in beide Richtungen", sagt Veth zum Übertritt.
Die Abschaffung sei zwar seit der Mehrbelastung durch Flüchtlinge in Grund- und Mittelschule 2015 gefordert worden, kam aber trotzdem überraschend, berichtet Schulamtsdirektor Klaus Jörg: "Wir hatten die Zuweisungen bereits im Postausgang." Bis zu neun Stunden seien die Lotsen abgeordnet worden, bei drei Realschulen und vier Gymnasien summiere sich das für den Landkreis Bad Kissingen auf fast drei Vollzeit-Stellen, die nun wieder den Grundschulen zur Verfügung stehen: "Es ist ja ein Widerspruch, dass wir Realschul- und Gymnasial-Lehrer suchen und in der Grundschule einsetzen, aber Grundschullehrer an andere Schulen schicken." Wegen der kurzfristigen Absage gehe aber die Planung nun von vorne los.
Dazu ein Kommentar von Redakteur Ralf Ruppert:
Auf dem Rücken der Kinder
Bildung hat in den Sonntagsreden einen hohen Stellenwert, ständig wird davon gesprochen, dass der Gehirnschmalz des Nachwuchses die wichtigste Ressource unseres Landes ist. Ob wirklich Grundschul-Lehrer die Kinder bis in Realschule und Gymnasium geleiten müssen, sei dahin gestellt. Aber vor zehn Jahren wurden die Lotsen mit viel Tamtam und aus pädagogischen Gründen eingeführt. Jahr für Jahr wurden die Lotsen in Info-Veranstaltungen als gute Sache gelobt - natürlich auch heuer wieder.
Dass nun fast schon über Nacht und ohne Mitteilung an alle Betroffenen eineinhalb Wochen vor den Sommerferien das Kultusministerium zurückrudert, stößt viele vor den Kopf: Die vielen Lotsen, die engagiert den Übertritt begleiteten, die Schulleiter, die im Wort stehen, die Eltern, denen die Betreuung wichtig war, und natürlich die Schüler, denen zwei Stunden in gewohnter Atmosphäre gut getan hätten.