Andrea Hergenröther verzieht das Gesicht, wenn sie auf den Start des neuen Ausbildungsjahres angesprochen wird. "Wir haben dieses Jahr erstmalig keine Auszubildenden für das erste Lehrjahr", sagt die Geschäftsführerin des Wellness- und Tagungshotels Frankenland in Bad Kissingen. Dabei hat Hergenröther Kapazitäten für mehr als 20 junge Menschen, die einen Beruf in der Hotellerie ergreifen wollen.
Fünf Köche, 15 Hotel- und Restaurantfachleute sowie Kaufmänner und -frauen für Bürokommunikation hätte sie neu in ihrem Betrieb unterbringen können.
Stattdessen wurde für das neue Ausbildungsjahr, das im September startet, keine Stelle vergeben. Das Interesse bei den Bewerbern war zu verhalten: Nur 20 Bewerbungsschreiben lagen am Ende auf Hergenröthers Schreibtisch. Von den Eingeladenen kam wiederum nur die Hälfte zu einem Vorstellungsgespräch. "Davon hätten wir uns für drei entschieden", sagt Hergenröther. Jedoch sagten die drei Wunschkandidaten ab. Die Geschäftsführerin bedauert das, weil sie gerne nach Abschluss der Lehre die Besten übernommen hätte.
Die Planungssicherheit des Hotels werde dadurch nicht beeinflusst. "Dafür haben wir zuletzt einige Jungköche und ausgelernte Kräfte übernommen", erklärt Hergenröther. Zudem könne sie teilweise auf ungelernte Aushilfskräfte zurückgreifen.
Nachwuchssorgen
Woran liegt das? Zum einen gibt es momentan ein Überangebot an Lehrstellen. Bis zum August 2013 In Bad Kissingen sind in diesem Jahr 831 Bewerber offiziell bei der Arbeitsagentur gemeldet. Sie können unter 897 Stellen wählen. Peter Schönfelder, Pressesprecher der Bundesagentur für Arbeit in Schweinfurt, sagt, dass es seit etwa zwei Jahren mehr Ausbildungsstellen als Bewerber gibt. Darunter leiden in der Regel das traditionelle Handwerk und die Gastronomie. "Der Trend ist schon länger so, dass das Handwerk größere Probleme hat, geeigneten Nachwuchs zu finden", berichtet Schönfelder.
Die Frankenland Geschäftsführerin macht in ihrer Branche noch zwei weitere Probleme aus: "Es ist eine gesellschaftliche Entwicklung, dass junge Menschen lieber eine weiterführende Schule besuchen oder studieren wollen", denkt Hergenröther. Eine Ausbildung im Hotelfach erscheine ihnen unattraktiv. Das belegt auch die Statistik der Arbeitsagentur: Die Branche ist nicht unter den zehn beliebtesten Berufen vertreten.
Zweites Problem sind laut Hergenröther die Arbeitszeiten am Abend, an Feiertagen und am Wochenende, also dann, wenn alle anderen frei haben. Davon lassen sich Bewerber möglicherweise abschrecken. "Das sind große Einbußen für junge Menschen, das kann ich nachvollziehen", sagt die Betriebswirtschaftlerin. Allerdings wiegen ihrer Ansicht nach die langfristigen Vorteile die Nachteile auf. "Für jemanden, der in der Hotellerie eine gute Ausbildung absolviert hat, sind die Aufstiegschancen riesig", betont sie. Und die Verdienstmöglichkeiten dementsprechend gut. Viele junge Leute würden nach der Lehre die Möglichkeit ergreifen und sich eine Stelle im Ausland suchen, um Erfahrungen zu sammeln. Daran, dass der Beruf nicht attraktiv genug ist, könne es Hergenröthers Meinung nach nicht liegen.
Trotz des Rückschlags will sie weiter auf Qualität bei der Lehre setzen, sodass die Nachwuchskräfte später auch in der Schweiz oder Österreich bestehen können.
Andere Branche, anderes Bild
Ute Bocklet konnte im Gegensatz alle Stellen in "gewohnt guter Qualität" besetzen. Sie ist die Ausbildungsleiterin der neun neuen Lehrlinge in der Sparkasse Bad Kissingen. Sieben angehende Bankkaufmänner und -frauen, eine IT-Kauffrau und eine Studentin mit dualer Ausbildung beginnen im September ihre Lehre. Die Lehrlinge haben schon jetzt gute Job-Aussichten: "Wir wollen alle neun bei entsprechend guten Leistungen auch übernehmen", sagt Bocklet.
Allerdings spürt auch sie das Überangebot an Lehrstellen. Und die Bankenkrise mit der schlechten Wirkung nach Außen schlägt allmählich bei der Branche durch. "Die Nachfrage an Bewerbungen ist in den letzten Jahren zurück gegangen", berichtet Bocklet.
Eine unattraktive Außenwirkung ist auch das große Problem für das traditionelle Handwerk, gleich ob Bäckerei, Baubranche, Maler- und Lackierbetrieb oder Metzgerei. Das könne laut Schönfelder an ungünstigen Arbeitszeiten liegen - wer steht schon gern als Bäckerlehrling um drei Uhr morgens auf? "Oft haben junge Menschen aber auch falsche Vorstellungen", sagt der Pressesprecher der Arbeitsagentur. Altmodische Klischees wie das des Bier trinkenden Bauarbeiters stecken oft noch in den Köpfen. Die Berufe werden als simpel, langweilig und monoton wahrgenommen. Schönfelder: "Dabei handelt es sich im Handwerk um schöne und auch in der Theorie anspruchsvolle Berufe." Sogar kreative Köpfe können ihre Bestimmung finden, etwa als Maler oder Konditor.
Gefragt sind Lehrstellen im Bürobereich und vor allem in der Industrie. Dort wurden die angebotenen Plätze alle besetzt. "Das werden die Letzten sein, die Nachwuchskräftemangel haben", sagt Schönfelder. Die Konkurrenz macht den Handwerksbetrieben in Bad Kissingen zu schaffen: Viele Schulabgänger entscheiden sich lieber für eine Tätigkeit in der Industrie, als im Handwerk.
Die beliebtesten Ausbildungsberufe 2013
Lehrstellenmarkt Bis August 2013 waren in Bad Kissingen 831 Bewerber gemeldet. 756 haben eine Ausbildungsstelle gefunden, 75 waren unversorgt. Dem gegenüber waren 897 Lehrstellen bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet. Aktuell konnten 186 nicht besetzt werden.
Branchen Die meisten Ausbildungsplätze gibt es im Hotelfach (52), in Maler- und Lackierbetrieben (47) und in der Gastronomie als Koch und Köchin (46). Die meisten Bewerber interessieren sich für eine Lehre als Industriemechaniker/-in (60), Bürokaufmann/-frau (42) sowie als Einzelhandels Kaufmann/-frau (40). Zum Vergleich: Einen Beruf als Koch wollen nur 19 der Bewerber ergreifen. Im Hotelfach und in Malerbetrieben sind es noch weniger.
Top Fünf Bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Würzburg werden am stärksten nachgefragt: Einzelhandels Kaufmann/-frau, Verkäufer/-in, Industriemechaniker/-in , Kaufmann/-frau im Groß- und Außenhandel, Kaufmann/-frau für Bürokommunikation und Mechatroniker/-in. Generell sind "Weiße Kragenberufe", also Bürojobs, am beliebtesten.
Stattdessen wurde für das neue Ausbildungsjahr, das im September startet, keine Stelle vergeben. Das Interesse bei den Bewerbern war zu verhalten: Nur 20 Bewerbungsschreiben lagen am Ende auf Hergenröthers Schreibtisch. Von den Eingeladenen kam wiederum nur die Hälfte zu einem Vorstellungsgespräch. "Davon hätten wir uns für drei entschieden", sagt Hergenröther. Jedoch sagten die drei Wunschkandidaten ab. Die Geschäftsführerin bedauert das, weil sie gerne nach Abschluss der Lehre die Besten übernommen hätte.
Die Planungssicherheit des Hotels werde dadurch nicht beeinflusst. "Dafür haben wir zuletzt einige Jungköche und ausgelernte Kräfte übernommen", erklärt Hergenröther. Zudem könne sie teilweise auf ungelernte Aushilfskräfte zurückgreifen.
Nachwuchssorgen
Woran liegt das? Zum einen gibt es momentan ein Überangebot an Lehrstellen. Bis zum August 2013 In Bad Kissingen sind in diesem Jahr 831 Bewerber offiziell bei der Arbeitsagentur gemeldet. Sie können unter 897 Stellen wählen. Peter Schönfelder, Pressesprecher der Bundesagentur für Arbeit in Schweinfurt, sagt, dass es seit etwa zwei Jahren mehr Ausbildungsstellen als Bewerber gibt. Darunter leiden in der Regel das traditionelle Handwerk und die Gastronomie. "Der Trend ist schon länger so, dass das Handwerk größere Probleme hat, geeigneten Nachwuchs zu finden", berichtet Schönfelder.
Die Frankenland Geschäftsführerin macht in ihrer Branche noch zwei weitere Probleme aus: "Es ist eine gesellschaftliche Entwicklung, dass junge Menschen lieber eine weiterführende Schule besuchen oder studieren wollen", denkt Hergenröther. Eine Ausbildung im Hotelfach erscheine ihnen unattraktiv. Das belegt auch die Statistik der Arbeitsagentur: Die Branche ist nicht unter den zehn beliebtesten Berufen vertreten.
Zweites Problem sind laut Hergenröther die Arbeitszeiten am Abend, an Feiertagen und am Wochenende, also dann, wenn alle anderen frei haben. Davon lassen sich Bewerber möglicherweise abschrecken. "Das sind große Einbußen für junge Menschen, das kann ich nachvollziehen", sagt die Betriebswirtschaftlerin. Allerdings wiegen ihrer Ansicht nach die langfristigen Vorteile die Nachteile auf. "Für jemanden, der in der Hotellerie eine gute Ausbildung absolviert hat, sind die Aufstiegschancen riesig", betont sie. Und die Verdienstmöglichkeiten dementsprechend gut. Viele junge Leute würden nach der Lehre die Möglichkeit ergreifen und sich eine Stelle im Ausland suchen, um Erfahrungen zu sammeln. Daran, dass der Beruf nicht attraktiv genug ist, könne es Hergenröthers Meinung nach nicht liegen.
Trotz des Rückschlags will sie weiter auf Qualität bei der Lehre setzen, sodass die Nachwuchskräfte später auch in der Schweiz oder Österreich bestehen können.
Andere Branche, anderes Bild
Ute Bocklet konnte im Gegensatz alle Stellen in "gewohnt guter Qualität" besetzen. Sie ist die Ausbildungsleiterin der neun neuen Lehrlinge in der Sparkasse Bad Kissingen. Sieben angehende Bankkaufmänner und -frauen, eine IT-Kauffrau und eine Studentin mit dualer Ausbildung beginnen im September ihre Lehre. Die Lehrlinge haben schon jetzt gute Job-Aussichten: "Wir wollen alle neun bei entsprechend guten Leistungen auch übernehmen", sagt Bocklet.
Allerdings spürt auch sie das Überangebot an Lehrstellen. Und die Bankenkrise mit der schlechten Wirkung nach Außen schlägt allmählich bei der Branche durch. "Die Nachfrage an Bewerbungen ist in den letzten Jahren zurück gegangen", berichtet Bocklet.
Eine unattraktive Außenwirkung ist auch das große Problem für das traditionelle Handwerk, gleich ob Bäckerei, Baubranche, Maler- und Lackierbetrieb oder Metzgerei. Das könne laut Schönfelder an ungünstigen Arbeitszeiten liegen - wer steht schon gern als Bäckerlehrling um drei Uhr morgens auf? "Oft haben junge Menschen aber auch falsche Vorstellungen", sagt der Pressesprecher der Arbeitsagentur. Altmodische Klischees wie das des Bier trinkenden Bauarbeiters stecken oft noch in den Köpfen. Die Berufe werden als simpel, langweilig und monoton wahrgenommen. Schönfelder: "Dabei handelt es sich im Handwerk um schöne und auch in der Theorie anspruchsvolle Berufe." Sogar kreative Köpfe können ihre Bestimmung finden, etwa als Maler oder Konditor.
Gefragt sind Lehrstellen im Bürobereich und vor allem in der Industrie. Dort wurden die angebotenen Plätze alle besetzt. "Das werden die Letzten sein, die Nachwuchskräftemangel haben", sagt Schönfelder. Die Konkurrenz macht den Handwerksbetrieben in Bad Kissingen zu schaffen: Viele Schulabgänger entscheiden sich lieber für eine Tätigkeit in der Industrie, als im Handwerk.
Die beliebtesten Ausbildungsberufe 2013
Lehrstellenmarkt Bis August 2013 waren in Bad Kissingen 831 Bewerber gemeldet. 756 haben eine Ausbildungsstelle gefunden, 75 waren unversorgt. Dem gegenüber waren 897 Lehrstellen bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet. Aktuell konnten 186 nicht besetzt werden.
Branchen Die meisten Ausbildungsplätze gibt es im Hotelfach (52), in Maler- und Lackierbetrieben (47) und in der Gastronomie als Koch und Köchin (46). Die meisten Bewerber interessieren sich für eine Lehre als Industriemechaniker/-in (60), Bürokaufmann/-frau (42) sowie als Einzelhandels Kaufmann/-frau (40). Zum Vergleich: Einen Beruf als Koch wollen nur 19 der Bewerber ergreifen. Im Hotelfach und in Malerbetrieben sind es noch weniger.
Top Fünf Bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Würzburg werden am stärksten nachgefragt: Einzelhandels Kaufmann/-frau, Verkäufer/-in, Industriemechaniker/-in , Kaufmann/-frau im Groß- und Außenhandel, Kaufmann/-frau für Bürokommunikation und Mechatroniker/-in. Generell sind "Weiße Kragenberufe", also Bürojobs, am beliebtesten.