Mehr als 50 Akteure, viele weitere Helfer im Hintergrund, vier Stunden Programm: Die beiden Kappenabende des Sulzthaler Vereinsrings sind seit Jahrzehnten der Höhepunkt des Sulzthaler Faschings. Möglich wird die Riesen-Gaudi in der kleinsten Gemeinde des Landkreises durch begeisterte "Fosenöchter" wie Laura Müller: "Die Vorbereitungen beginnen im August, da suchen wir die Musik aus, geprobt wird ab September jeden Sonntag", fasst die 23-Jährige das Training ihrer beiden Garden zusammen: Trainerin Laura Müller leitet seit Jahren die Marschtanz-Garde und die "Sulzler Bühnefetzer".
Beim Marschtanz sind die Entscheidungen zumindest etwas einfacher: "Das ist der klassische Faschingstanz", erzählt Laura Müller. Die Kostüme ahmen Uniformen nach, die Schritte-Folgen sind traditionell, trotzdem muss natürlich alles aufwändig einstudiert und jedes Jahr neue Musik ausgesucht werden. Bereits zum elften Mal stand die neunköpfige Garde heuer bereits auf der Bühne.
Deutlich anstrengender war aber die Vorbereitung bei den Bühnefetzern: "Ich wollte schon lange mal einen irischen Step-Tanz machen", berichtet die 23-jährige Laura Müller. Heuer war es endlich so weit: "Es waren alle begeistert, das war mir wichtig, weil wir uns ja zum Beispiel von unserem eigenen Geld extra die Schuhe kaufen mussten." Etliche Tänzerinnen treten in beiden Garden auf, das bedeutet dann bis zu drei Stunden Probe jeden Sonntag. Neben den zwölf jungen Frauen stand Patrick Müller mit auf der Bühne. Weil er nicht mehr in Sulzthal wohnt, musste er sich die Schritte selbst beibringen und kam nur für den Feinschliff zu einzelnen Proben.
"Die Schritte sind ganz schön kompliziert, das war manchmal richtig frustrierend", berichtet Laura Müller von den Proben. Umso erleichterter ist sie, dass die vier Auftritte in Altbessingen und Sulzthal jetzt gut geklappt haben: Beim Step-Tanz müssen alle genau im Takt sein, jeder Fehler ist zu hören. Besonders kreativ war auch die Ausstattung: Alle 13 Akteure waren aufwändig geschminkt, die Tänzerinnen hatten Elfen-Kostüme, LED-Kugeln und -Schmuck sorgten für eine mystische Atmosphäre. "Wir hätten auch noch ein paar Auftritte mehr gemacht, aber ich denke, es sind alle froh, dass sie jetzt erst einmal wieder den Sonntag frei haben", fasst Laura Müller die Stimmung nach der Abschluss-Vorstellung in Sulzthal zusammen. Der Jubel der Zuschauer und die Zugabe-Rufe sind Ansporn fürs kommende Jahr: "Im Herbst geht's dann ja schon wieder weiter", sagt Trainerin Laura Müller.
Die Bühnefetzer und die Marschtanz-Garde sind nur zwei von insgesamt fünf Sulzthaler Garden: Ihre viel umjubelte Premiere feierte heuer eine Kindergarde. Hanna Metz und Johanna Glöckner studierten mit Vier- bis Achtjährigen Tänze und Figuren ein.
Eine komplette Geschichte von der Vorbereitung auf einen Ball erzählten die "Boudästampfer": Die Tänzerinnen fingen beim Frisieren im Bademantel an, danach fuhr die eine Hälfte als Mann verkleidet mit einer großen Limousine vor, um die andere Hälfte zum Ball abzuholen, auf dem natürlich ordentlich getanzt wurde. Weil eine Tänzerin kurzfristig ausfiel, sprang Trainerin Ramona Seufert mit ein: Seit 2002 ist sie im Fasching aktiv, seit drei Jahren trainiert sie die Boudästampfer und wurde dafür heuer mit dem Orden des Fastnachtsverbands Franken ausgezeichnet.
Der zweite Faschingsorden ging heuer an ein Sulzthaler Urgestein: Jürgen Landsteiner ist nach eigenen Worten schon "ewig" im Fasching aktiv. Seit Jahrzehnten steht er in unterschiedlichen Rollen auf der Bühne, sein musikalisches Talent bringt er seit vielen Jahren bei der "Durfmussig" ein. Gemeinsam mit Sitzungspräsident Gerhard Halbig, Martin Halbig, Elmar Halbig und Karolina Halbig nahm er auch heuer das Dorfgeschehen aufs Korn. Landsteiner trat dabei als Mafiosi auf, der Geld für die Gemeindekasse eintrieb.Im Lied "Pagare" ging es etwa um die Eltern aus dem Ort, die ihre Kinder lieber in die Kindergärten der Nachbarorte fahren. Dass zudem kein einziger Sulzthaler Elternteil im Elternbeirat vertreten ist, konnten die Durfmusigger nicht verstehen. Sie forderten gar Schutzgeld für die Gemeindekasse und schlugen einen Deckungsbeitrag aus der Nutzung der ehemaligen Kinderbewahr-Anstalt vor.
Auch die von der Polizei aufgedeckte Haschisch-Plantage und das gescheiterte Windkraft-Projekt klopften die fünf Musiker auf Einnahmemöglichkeiten ab: "Eine Plantage angelegt, weil Haschisch hoch im Kurse steht", lautete einer der Reime, ein anderer "Die Windkraft steht vor dem aus, für den Bürgermeister ist das ein Graus". Am Ende brachte sich Mafiosi Landsteiner gar selbst musikalisch als besseres Ortsoberhaupt ins Spiel.
Die fünfte Garde sind die "Tanzpuppen", die sich heuer das Thema Dschungelbuch ausgesucht hatten: In bunten Kostümen wirbelten sie über die Bühne, einstudiert hatten das kreative Programm Nathalie Michele, Lena Hesselbach und Julia Hesselbach.
Aktuelles Dorfgeschehen brachte "Ritzelfuchs" Klaus Keller in die Bütt, etwa die Anekdote von der fehlenden Elferratskappe: Nach lager Suche stellten die Elferräte am Freitag fest, dass keine Kappe fehlt, sondern sie zu zwölft sind. Co-Sitzungspräsident Tim Eckert setzt einen drauf, indem er berichtete, dass auch für den Samstag ein Elferrat zu viel bestellt war. Das Hin und Her um die Einweihung der Sulzthaler Büttnerei in Fladungen kommentierte Keller kopfschüttelnd. Trotz des verschobenen Termins habe sich die Gemeinde aber im Freilandmuseum präsentiert wie keine andere zuvor. Sein Lied über die gekeulte Ziegen-Herde des Landkreises endete mit dem Refrain "Eieijajei, die Gäs' sen tot".
Auch Sitzungspräsident Gerhard Halbig selbst ging in die Bütt: Als "Bourdsöwerst" (übersetzt etwa Allerhöchster) plauderte er mit seinem "Bachizel", einem alten Sulzthaler Ausdruck für unartige Kinder, Constanze Halbig über dies und das. Einen weiteren Einblick in Missgeschicke und Dorftratsch gaben Jochen Hesselbach und Uwe Bindrum in ihrer Version der Tagesschau.