"Angespuckt werden ist schlimmer, als in´s Gesicht schlagen." "Ein Hindu und ein Moslem, die deutsche Sprache ist die Brücke und gemeinsam feiern wir Weihnachten." Es sind Aussagen wie diese, die sich bei der Autorenlesung in der Gaststätte "Zoom Eulenspiegel" einprägen. Weil sie mit einer Lebensgeschichte verbunden sind.

Diese Lebensgeschichte schilderte eindrücklich und authentisch Dr. Umeswaran Arunagirinathan, kurz Dr. Umes. Der 40-jährige Tamile macht derzeit seine Ausbildung zum Facharzt für Kardiologie in Bad Neustadt. In seinen zwei Büchern, "Allein auf der Flucht" und "Der fremde Deutsche", schildert er seine neunmonatige Odyssee von Sri Lanka nach Deutschland, die er im Alter von 12 Jahren erlebt hat. Aufgewachsen während der Bürgerkriegsunruhen auf der Insel im indischen Ozean, prägten ihn der Tod einer Schwester und die Suche nach einem Schlepper, der ihn für viel Geld nach Europa bringt. Frühgereift und nun beim Onkel in Hamburg lebend, besucht er die Schule, ist Autor bei der Schülerzeitung, Schulsprecher und wird zum Schriftsteller durch den Anruf eines Verlages: "Mein erstes Buch entstand auf der Nachtwache im Krankenhaus", sagt er und bekennt: "Es war ein Verarbeitungsprozess!"

Immer wieder wechselt Dr. Umes bei der Lesung zwischen Kapiteln aus seinem Buch und Erzählungen aus seiner Lebensgeschichte und den damit verbundenen Erfahrungen und Erkenntnissen. Den Stempel "Du bist ein Fremder" hat er aufgrund seiner Hautfarbe selbst zu spüren bekommen. Von daher kann er auch einschätzen, wie wichtig es ist, dass man Menschen in seinem Umfeld hat, die einen unabhängig von seiner Herkunft wertschätzen. In diese Erkenntnis fliest die Würdigung der Ehrenamtlichen ein, ohne die der Flüchtlingsstrom der letzten Jahre nicht bewältigt worden wäre: "Allein Staat und Steuergelder hätten nicht ausgereicht." Aber auch in Bezug auf die Flüchtlinge merkte er an, dass Integration die Bereitschaft voraussetze, dass man sich einfügen möchte.

In den einzelnen Kapiteln schildert er das Wiedersehen mit seinen Eltern nach 16 Jahren. Deren Wunsch nach einer arrangierten Heirat verknüpft Dr. Umes zwar mit Erläuterungen und kritischen Anmerkungen zum Kastenwesen, trotzdem reklamiert er für traditionelle Besonderheiten Verständnis. Er erzählt von einem "überglücklichen, einmaligen Gefühl" bei seinem letzten Staatsexamen, von der Kleidungsauswahl für sein Vorstellungsgespräch, vom Kauf einer Lederhose für den Besuch des Rosenheimer Herbstfestes - und dem Türsteher, der ihm dort den Eintritt in eine Diskothek verweigerte: "Soll ich ihm meinen deutschen Pass zeigen?"

Doch auch in den Schattenseiten seines Fremdseins sieht er das Positive, wenn zum Beispiel ein 80-jähriger Patient ihn vorerst als "schwarzen Arzt" ablehnt und ihn dann doch noch als "netten Jungen" lobt - sein Fazit: "Gib den Leuten die Chance, nicht als Rassist zu sterben." Auch wenn Dr. Umes bekennt, dass er aufgrund seines Naturells und seiner Lebensgeschichte Niederschläge leichter wegstecken kann, so gibt es für ihn doch schmerzliche Situationen, die er mit Sätzen umschreibt wie dem bereits erwähnten "Anspucken ist schlimmer als, als in´s Gesicht schlagen".

Die Schilderungen von Dr. Umes berühren und beschämen. Sie berühren aufgrund der authentischen, nicht überzogenen Art des Textes und des Vortrags; sie beschämen, weil sowohl unsere Gesellschaft, aber auch Entscheidungsträger unseres Systems den Fremden ausgrenzt und ihm die Integration verweigert - doch auch hier ist Dr. Umes Stehaufmännchen und Vorbild, denn seiner Hoffnung nach wird in 20 bis 30 Jahren die Frage "Wo kommst du her" nicht mehr negativ besetzt sein.