"Ich bin bei jedem Ausflug mit dabei", sagt Frieda Johnson resolut. Seit zwei Jahren wohnt die 76-jährige im Seniorenzentrum Waldenfels. Ein Jahr zuvor hatte sich der Helferkreis formiert, der regelmäßig zusätzliche Betreuungsangebote macht. Sei es ein Plausch bei einer Tasse Kaffee, ein Spaziergang, ein Filmabend oder eben ein Ausflug. "Das ist eine schöne Abwechslung. Das lass ich mir nicht entgehen", nimmt Frieda Johnson die zusätzlichen Angebote gerne wahr. Christine Schumm war Frau der ersten Stunde des Helferkreises, ist mittlerweile im Seniorenzentrum als Betreuerin angestellt, und immer noch ehrenamtlich tätig. "Das macht beiden Seiten Spaß", erzählt sie.
Das kann Heimleiterin Kerstin Stumpff-Griebel bestätigen: "Ich erlebe das ganz oft, dass hier im Heim falsche Vorstellungen widerlegt werden."
Etwa zhn ehrenamtliche Helfer schenken den Heimbewohnern etwas von ihrer Zeit. Martin Pfeuffer, stellvertretender Stiftungsvorsitzender und Initiator des Helferkreises, betont, dass die Treffen unverbindlich und ohne Zwang stattfinden. Jeder Helfer entscheidet über den zeitlichen Umfang, den er schenken möchte. Den Helfern wird kein Heimbewohner "zugeteilt", doch haben sich im Laufe der Zeit bereits "langfristige Beziehungen entwickelt". Die Aktion Helferkreis funktioniert, und tut beiden Seiten gut.
Schwer dagegen tut sich in Bad Brückenau die Caritas mit ihrer Aktion "Pflegepartner". Seit dem Jahr 2000 läuft sie sehr erfolgreich in Bad Kissingen, im gleichen Jahr startete das Projekt auch in Bad Brückenau. Die Angehörigen von Pflegebedürftigen sind "die primäre Zielgruppe" sagt Daniela Wehner von der Caritas-Fachstelle für pflegende Angehörige. Sie betont: "Es geht hier nicht um Pflege, sondern darum, den pflegenden Angehörigen ein Partner zu sein." Sie erinnert sich: "Früher gab es in Brückenau sechs Damen, das war perfekt." Spaziergänge, Spiele, Vorlesen, die Aktivitäten sind vielfältig und abhängig von den Fähigkeiten der Zu-Betreuenden. In jedem Fall geben die Besuche den Angehörigen die Sicherheit, dass in ihrer Abwesenheit nichts passiert.
Seit über zehn Jahren ist der Raum Brückenau nun nicht mehr besetzt, inzwischen kommen auch keine Anfragen mehr. "Ich glaube jedoch nicht, dass der Bedarf gedeckt ist." Warum die Aktion in Bad Brückenau ausgelaufen ist, darüber kann Daniela Wehner nur Vermutungen anstellen. Ist es die Scham, die Hemmungen, öffentlich zugeben zu müssen, dass man Hilfe braucht? Oder liegt es daran, dass "im ländlichen Raum Nachbarschaftshilfe und ein anderes Familienkonstrukt noch vorhanden" ist? Daniela Wehner weiß nur, dass sie für ihre regelmäßigen Beratungssprechstunden in Bad Brückenau einen neutralen Raum anbietet, weil manche Angehörigen nicht wollen, dass Nachbarn das Caritas-Auto vor der Tür stehen sehen.
Dabei haben auch sie das Recht auf Freizeit, wenigstens ein paar Stunden für sich. Aber auch die Helfer sollen nicht über Gebühr belastet werden, pro Woche soll nur ein Besuch stattfinden. Den möglichen Helfern möchte Daniela Wehner die Scheu nehmen. "Es gibt für den Besuchsdienst keine Voraussetzungen, außer Zeit zu verschenken." Allerdings gibt Daniela Wehner zu bedenken, dass man für diesen Dienst "psychisch stabil" sein sollte. Die 49-Jährige ist für die ehrenamtlichen Helfer Ansprechpartner, von der Vermittlung bis hin zur regelmäßigen Begleitung. Der Einsatzort ist nicht weiter als 15 Kilometer vom Wohnort des Helfers entfernt, Besuche sind sowohl in Privathaushalten, als auch im betreuten Wohnen möglich. Die Helfer sind über die Caritas versichert und erhalten Schulungen. Regelmäßig finden Begleittreffen statt, auch im akuten Fall ist Daniela Wehner stets Ansprechpartnerin. Die Auslagen, wie z.B. Fahrtkosten, werden von der Caritas erstattet. Diese finanziert die Aktion "Pflegepartner" über die Krankenkassen und die Förderung durch den Freistaat, doch der größte Anteil schultert die Caritas mit Eigenmitteln.
In Bad Kissingen gibt es derzeit 13 Helfer für die Aktion "Pflegepartner", das ist "völlig ausreichend", meint Daniela Wehner. Auch andere Angebote laufen in Kissingen erfolgreich. So gibt es seit einigen Jahren die Nachbarschaftshilfe der Herz-Jesu-Pfarrei sowie andere Angebote, die zur Aktion "Pflegepartner" in keiner Konkurrenz stehen: "Eine Organisation alleine kann das nicht abdecken", so Wehner. Auch in Bad Brückenau gab es mehrere Besuchskreise und "so manch andere Aktion, von der man jetzt nichts mehr hört", bedauert sie.
In genau dieser Situation ist das Netzwerk Sinnbrücke, das 2014 gegründet wurde. Damals war auch unter Helfern das Interesse groß, sich einzubringen. Inzwischen ist das Netzwerk auf zwei Helfer geschrumpft, eine von ihnen ist die Initiatorin Monika Wiesner. Sie und ihre Mithelferin haben ihre "Leute in den Jahren lieb gewonnen, wir wollen sie nicht im Stich lassen." Wiesner hat erfahren, wie schwierig es ist, eine Organisation aufzubauen und vor allem am Laufen zu halten. Flyer liegen in Heimen und Praxen aus, aber es meldet sich niemand bei ihr. Die Brückenauerin ist überzeugt: "Es tut sich schon etwas, aber eher im privaten Bereich, nicht über die Organisation." Für sie ist es ebenfalls wichtig, dass "beide Seiten etwas davon haben". Leuchtende Augen empfangen und verabschieden Monika Wiesner jedes Mal, wenn sie ihre Bekannte besucht. Es braucht eigentlich nicht viel: "Empathie, Zuhören können und das Gefühl geben, dass da jemand ist."

INFO:
Die Aktion "Pflegepartner" sucht für den Raum Bad Brückenau ehrenamtliche Helfer, die pflegende Angehörige entlasten können. Interessierte, sowohl Angehörige, als auch ehrenamtliche Helfer, können unter angehoerigenberatung@caritas-kissingen.de oder 0971 7246 - 9113 Kontakt zu Daniela Wehner aufnehmen.
Wer sich im Netzwerk Sinnbrücke einbringen möchte, kann unter moni-fuer-brk@gmx.de oder 0171-3819526 die Vorsitzende des Netzwerks Monika Wiesner erreichen.
Der Helferkreis trifft sich jeden ersten Montag im Monat um 18 Uhr im Seniorenzentrum Waldenfels. Neue Helfer sind jederzeit willkommen. Ansprechpartner ist Martin Pfeuffer: 09732-7886102 oder helferkreis-waldenfels@web.de