Deutschlands größter Rüstungskonzern Rheinmetall steht vor der Übernahme der Marinesparte der Bremer Werftengruppe Lürssen. Man habe sich mit Lürssen auf die wesentlichen Bedingungen geeinigt und werde die Transaktion kurzfristig formal abschließen, teilte Rheinmetall in Düsseldorf mit. Sollten die Kartellbehörden zustimmen, könnte die Übernahme der Naval Vessels Lürssen (NVL) Anfang 2026 vollzogen werden.
Rheinmetall auf Erfolgskurs
Zum Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Angesichts der Milliardenumsätze beider Firmen dürfte aber eine gewaltige Summe an die Lürssen-Eigner fließen. NVL hat den Angaben zufolge rund 2100 Beschäftigte, 2024 betrug der Umsatz mehr als eine Milliarde Euro.
Neben dem Hauptsitz in Bremen gibt es Werften in Wilhelmshaven (Niedersachsen), Hamburg sowie Wolgast (Mecklenburg-Vorpommern). Hinzu kommen Standorte in Bulgarien, Kroatien, Ägypten und Brunei. NVL baut Schiffe für Deutschlands Marine und die Marine anderer Staaten sowie für Behörden.
Rheinmetall hat laut eigenen Angaben rund 40.000 Beschäftigte an 174 Standorten. 2024 lag der Umsatz bei 9,8 Milliarden Euro. Auch an der Börse ging es für die Waffenschmiede dank der gestiegenen Nachfrage und glänzenden wirtschaftlichen Aussichten steil nach oben. Seit dem Vorabend des russischen Angriffs auf die Ukraine hat sich der Kurs in etwa verzwanzigfacht. Nach der Bekanntmachung der Lürssen-Übernahme zog der Kurs am Montag zeitweise auf mehr als 1940 Euro an. Am 23. Februar 2022 hatte der Schlusskurs im Xetra-Handel 96,80 Euro betragen.
Gewerkschaft fordert Sicherheit für Beschäftigte
Die zuständige Gewerkschaft begrüßt, dass es nun Klarheit über das Ziel von Rheinmetall und Lürssen gebe. Doch für die Beschäftigten blieben viele Fragen offen, meint Daniel Friedrich, Leiter der Industriegewerkschaft Metall Küste. «Beispielsweise fehlen das industriepolitische Konzept und die konkret geplanten Synergien, von denen bei Rheinmetall die Rede ist.»
Friedrich fordert beide Unternehmen auf, schnellstmöglich für Transparenz zu sorgen und den Beschäftigten an den norddeutschen Standorten die Unsicherheit zu nehmen. «Ohne Sicherheit von Standort und Beschäftigung sowie guter Tarifverträge wird eine neue Struktur unter Rheinmetall nicht funktionieren», betonte der Gewerkschafter.
Waffenschmiede sticht in See
Der Düsseldorfer Konzern stellt bislang keine Schiffe her, sondern vor allem Rüstungsgüter für die Landstreitkräfte, etwa Panzer, Artillerie oder Flugabwehr. Als Zulieferer ist das Unternehmen auch an der Herstellung des US-Kampfjets F35 beteiligt, außerdem fertigt die Waffenschmiede Drohnen und bald auch militärische Satelliten. Nun sticht der Rüstungskonzern, der angesichts des Ukraine-Krieges auf einem steilen Wachstumskurs ist und bei Umsatz und Auftragsbestand von einem Rekordwert zum nächsten eilt, gewissermaßen in See.
Rheinmetall-Chef Armin Papperger kündigte an, Synergien schaffen zu wollen. So könnte in den Marinewerften in Zukunft etwa auch Stahl geschnitten und geschweißt werden. Der Manager geht nach eigenen Angaben davon aus, dass der Umsatz von NVL bis 2030 auf rund fünf Milliarden Euro steigen wird.
Expansion: «Zu Lande, zu Wasser, in der Luft und im Weltraum»
Die Marine nutzt bereits Schiffsgeschütze und Lasermodule von Rheinmetall, künftig werden es auch Schiffe sein - vorausgesetzt, der Deal geht wie erwartet über die Bühne. «Künftig werden wir zu Lande, zu Wasser, in der Luft und im Weltraum ein relevanter Akteur sein», sagte Rheinmetall-Chef Armin Papperger. «Rheinmetall entwickelt sich damit zum Domänen-übergreifenden Systemhaus.»
Zudem treibe man die Konsolidierung der deutschen Verteidigungsindustrie voran. «In Verbindung mit den Rheinmetall-Kompetenzen schaffen wir ein vitales deutsches Kraftzentrum für hochmoderne Überwasserschiffe - ein Powerhouse», sagte Papperger. Auch im maritimen Bereich komme es immer mehr auf militärische Durchsetzungsfähigkeit an.
Lürssen konzentriert sich auf Luxus-Jachten
Lürssen möchte sich in Zukunft auf den Bau von zivilen Mega-Jachten fokussieren. Rund 2000 Beschäftigte arbeiten momentan in dem Bereich. Der Chef der Beteiligungsgesellschaft, Friedrich Lürßen, sagte: «Wir freuen uns, mit Rheinmetall einen vertrauensvollen und starken Partner gefunden zu haben, der NVL und ihren Mitarbeitenden eine erfolgreiche Zukunft sichern kann.» Man wolle den Weg für die politisch seit langem gewünschte Konsolidierung in der deutschen Verteidigungsindustrie ebnen.